A Long way part I

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Wenn man alleine ist, kann Einsamkeit ein wahrer Freund sein. Ich weiß noch, wie oft ich in Verstecken oder im Wald wach lag. Nicht wegen der Beißer, sondern weil alles so leer und still um mich war. Ich hatte dennoch einen Traum; einen Traum, für den ich kämpfen würde. Mein Lebenstraum war, Beißer hin oder her, einen sicheren Ort zu finden, Leute zu finden, denen ich vertrauen konnte und für diesen Traum würde ich kämpfen, damit er wahr würde, denn mein Leben sollte nicht weiter einsam und sinnlos sein.

Now

Zwei Tage ist es her, seit wir die Kapelle verließen. Alles verlief normal. Naja, was man "normal" zu Zeiten wie diesen nennen konnte. Doch wir waren erschöpft, hungrig und durstig, denn Nahrung und Trinken waren knapp geworden, weshalb wir Kämpfe gegen die Beißer mieden, um Kräfte zu sparen.

Wir gingen einen langen, von Bäumen umrahmten Highway entlang. Ich ganz hinten, meine geliebte Lederjacke um die Hüften gebunden. Es war schwül und die Stimmung gedrückt. Ich machte mir aber am meisten Sorgen um Judith. Immerhin war sie ja noch ein Baby. Doch abgesehen davon, dass sie quängelte, ging es ihr gut und wir hatten immerhin Carol wieder. Beth jedoch hatte das Krankenhaus leider nicht überlebt, was bei allen die Stimmung drückte, selbst bei mir, obwohl ich sie nicht kannte. Es tat mir einfach nur Leid.

Plötzlich mussten wir rasten und setzten uns auf die Straße. Wir waren am Tiefpunkt, doch auf einmal stellte sich uns eine kleine Gruppe hungriger Hunde entgegen. Sasha erschoss sie und wir brieten sie über dem Feuer. Früher hätte ich an so etwas niemals auch nur gedacht, doch jetzt waren die Zeiten anders und man durfte nicht wählerisch sein.

Ich beobachtete Daryl, den neben Maggie der Tod von Beth am meisten getroffen hatte. Ich kannte ihn noch nicht lange, doch ich merkte ihm an, dass er sich Vorwürfe machte. Auch in diesem Moment, in dem er abseits von uns allen saß. Ich wusste, ich konnte nicht viel für ihn tun und war mir nicht sicher, wie er reagieren würde, doch ich wollte für ihn da sein. Also fasste ich den Entschluss, zu ihm zu gehen, was ich auch tat.
Ich ging zu ihm. Still setzte ich mich neben ihn. Er schaute mich fragend ab, machte aber keine weiteren Anstalten, irgendetwas zu sagen. Ich nahm meinen Mut zusammen. "Ich weiß, ich kenne euch erst wenig Tage und sie kannte ich nicht. Ich will dir nur sagen, dass dein Verlust mir leid tut." Ich rechnete nicht einmal mit einer Antwort oder gar einer Reaktion, doch es kam anders.

Daryl sah mich lange an. Ich konnte seinen Blick nicht deuten, dann sprach er mit harter, aber ruhiger Stimme. "Ich war mit ihr alleine unterwegs. Du weißt ja, was mit dem Gefängnis war. Bob hat es dir erklärt... Ich hätte besser auf sie aufpassen müssen. Verdammt! Dann wäre das nicht passiert. Also hör auf, mich zu bemitleiden, Alice!"

Ich hörte seine Schuldgefühle klar raus. "Es war doch nicht deine Schuld. Du hast alles getan, um sie zu finden." Ich nahm ihn in den Arm. Er tat wieder etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Er lehnte seinen Kopf auf meine Schulter. Kraftlos und still. Eine Stille, die mehr zum Ausdruck brachte, als es jede Träne vermocht hätte.

Ich strich über seinen Rücken und spendete still Trost. "Ich bin dir noch eine Antwort schuldig. Weshalb ich dir in der Kapelle geholfen habe", setzte er aus dem Nichts an und fuhr fort: "Ich sah in dir einfach wieder wen, den ich schützen wollte." Ich wusste, mehr würde er nicht sagen und war sprachlos.

Last Girl Standing Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt