Am nächsten Morgen wache ich mit Kopfschmerzen auf. Ich hatte gestern Abend definitiv zu viel getrunken. Als ich mit Jamie am Frühstückstisch sitze, der wie immer frisch und munter aussieht, mustert er mich argwöhnisch.
„Hattet ihr einen schönen Abend?"
Ich nicke und schiebe mir einen Löffel Müsli in den Mund.
„Wie geht es Carolina? Hab sie lange nicht mehr gesehen."
„Es geht ihr gut."
Immer noch beobachtet er mich, wodurch ich mich unwohl fühle.
„Woher kennt ihr diesen Paddy? Anscheinend noch nicht lange, sonst hättest du mir ja schon mal von ihm erzählt, oder?"
Genervt sehe ich ihn an. Wieso muss er immer alles analysieren?
„Wir haben ihn vor ein paar Wochen am Flughafen kennen gelernt", sage ich. Es ist ja nicht gelogen.
„Aha."
Ich bin froh als seine Fragerei aufhört und ergreife gleich die nächste Gelegenheit, um ins Badezimmer zu flüchten.
„Ich bin duschen."
Jamie stopft sich den letzten Rest seines Brötchens in den Mund und schaut mir nach. Ich weiß das, weil er mir immer nachschaut. Er steht auf Hintern. Leider ist das nicht nur bei mir so, weswegen es schon so manchen Streit gegeben hat.
Die nächsten Tage sehe ich Patrick nicht. Es wundert mich nicht, Köln ist ja groß, doch immer wieder ertappe ich mich, wie ich Ausschau nach ihm halte. Es ärgert mich dass ich nichtmal seine Nummer habe. Aber er weiß, wo ich wohne. Wenn er Kontakt will, könnte er jederzeit vorbeikommen. Doch er will keinen Kontakt, muss ich mir nach zwei Wochen eingestehen.-
Es ist wieder einer dieser regnerischen Tage, an denen man am liebsten nicht aus dem Haus gehen will. Doch ich habe Jamie versprochen, seinen alkoholkranken Bruder von der Suchtberatung abzuholen. Ich ziehe mein gelbes Regencape an, das ich aus England mitgebracht habe, und betrachte mich im Spiegel. Ich muss grinsen, hier in Deutschland ist es bestimmt ungewöhnlich, so etwas zu tragen. Doch das ist mir egal, so lange ich trocken bleibe ziehe ich alles an. Ich binde meine Haare zu einem Dutt und gehe aus dem Haus. Den kurzen Weg zum Auto bleibe ich trocken, und aus dem Auto heraus betrachte ich mitleidig die Leute, die nicht an einen Regenschirm gedacht haben. Ich betrete das große Gebäude und fahre mit dem Fahrstuhl ganz nach oben. Luke ist anscheinend noch nicht fertig, also setze ich mich auf einen der Stühle vor der Tür. Schon einmal habe ich ihn hier abgeholt, und mir war unwohl als ich zwischen den ganzen Alkoholikern saß, darum bin ich jetzt froh, dass der Flur menschenleer ist. Ich sehe auf die Uhr. Anscheinend dauert es heute etwas länger. Mit Luke komme ich trotz seiner Sucht ziemlich gut klar. Er ist wie ein kleiner Bruder für mich und ich würde vieles für ihn tun, damit es ihm gut geht. Jamie passt das nicht, er meckert immer dass ich so viel Zeit mit seinem Bruder verbringe. Sie haben kein besonders gutes Verhältnis zueinander, was ich schade finde. Darum hat es mich auch gewundert, als Jamie mich heute morgen gebeten hat, Luke abzuholen.
Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als eine Tür aufgeht und jemand den Flur betritt. Als ich den Kopf hebe, traue ich meinen Augen nicht. Patrick verabschiedet sich von einem Mann und dreht sich dann zu mir um. Als er mich sieht, hält er inne und seine Augen werden groß.„Hallo", sage ich leise und versuche zu lächeln.
Patrick lächelt ebenfalls, doch er wirkt wie ein scheues Tier, das verschreckt wurde. Mit schnellen Schritten geht er zum Aufzug und wartet, dass die Türen sich öffnen. Dann geht auch die andere Tür auf und Luke tritt auf den Flur. Gut gelaunt kommt er auf mich zu.

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Amelie
FanfictionKennst du das Gefühl, wenn du jemanden vom ersten Moment an nicht leiden kannst, ihn aber auf irgendeine Art anziehend findest? So geht es mir mit dem mysteriösen Mann, dem ich im Flugzeug zum ersten Mal begegnete.