One

2 1 0
                                        

Ich schlage wütend die Augen auf und werfe mal wieder mit einer fließenden Handbewegung meinen Wecker mit aller Kraft gegen die Wand. Wieso stelle ich dieses Mistding überhaupt noch, wenn es mir so auf den Geist geht?

"Lilly, aufwachen. Du musst bald los, sonst kommt du wieder zu spät!" kommt es von unten. Frage beantwortet. Scheiß Schule.

"Lass mich in Ruhe und kümmer dich um dein eigenes Leben!" fauche ich meine Mutter an. "Dir auch einen guten Morgen Mary! In letzter Zeit bist du aber oft die Erste!" kommt es gespielt fröhlich von eben jener.

Wo sie recht hat, hat sie recht. Du drängelst dich in letzter Zeit immer öfter in den Vordergrund.

Klappe, Chloe. "Ich geh da heute nicht hin!" verkünde ich meiner Mutter grimmig. "Wenn du noch einmal ohne Attest fehlst, wirst du nicht mit auf die Abschlussfahrt gehen können!" erinnert sie mich promt.

Das hat mir gerade noch gefehlt. Gequält schließe ich meine Augen und seufze laut. Dann raffe ich mich auf und mache mich fertig. Dann begutachte ich die Sachen, die Chloe schon gestern Abend bereitgelegt hat.

Mit grimmiger Miene ziehe ich die Denim Hot Pants und das graue T-Shirt an. Zum Schluss schnappe ich mir den weißen Pullover und mache mich auf den Weg zur Küche.

Genervt lassen ich mich auf meinen Stuhl am Küchentisch fallen und starre finster das Müsli an, das vor meiner Nase steht. Wie aufs Stichwort fängt mein Magen an zu knurren, also schaufle ich das Müsli in mich hinein.

Gerade als ich fertig bin klingelt es an der Tür. Wie erwartet geht meine Mutter an die Tür. "Chloe, es ist Dean!" ruft sie vom Flur aus.

Yippi. Platz da Mary.

Na wunderbar. Würg. Ich verzieh mich ja schon, Prinzessin Chloe!

Ich springe auf und sprinte zur Tür. Dort falle ich sofort meinem Freund um den Hals. "Guten Morgen Prinzessin! Hast du mich schon vermisst?" fragt er mich, bevor er mich zärtlich küsst.

Hab ich's nicht gesagt? Würg. Ich kann die Herzchen in ihren Augen förmlich winken sehen. Und wie sich die beiden Abschlecken. Widerlich. Als hätten sie sich monatelang nicht mehr gesehen, dabei waren es nur zwei Tage!

Aber das ist doch total romantisch!

Lillian? Dich gibt es ja doch noch.

Mary, lass Lillian in Ruhe und sei leise. Du nervst.

Ja, Prinzessin. Würg.

"Hey Chloe? Alles ok? Du schaust so komisch. Ist es mal wieder Mary?" fragt mich mein Freund besorgt. Ich nicke seufzend. "Sie ist manchmal so stur!" rege ich mich auf. "Ich denke, dass eifersüchtig auf uns ist!" verkündet Dean.

Wie bitte? Ich und eifersüchtig? Das ist der Witz des Tages!

Ich teile Dean Marys Reaktion mit, worauf hin er nur mit den Schultern zuckt. Dann sieht er mich plötzlich ernst an. Sofort weiß ich, welches Thema er jetzt anschneiden wird. "Und wie geht es Lilly?" fragt er vorsichtig. "Das kannst du sie gleich selbst fragen!" sage ich entschlossen.

Nein!

Doch, Lillian. Du kannst dich nicht ewig verstecken, nicht wahr Mary?

Ja.

Wie aufs Stichwort ziehen wir uns beide zurück und Lillan bleibt nichts anderes übrig, als die Führung zu übernehmen.

Ihr seid so scheiße!

Es ist nur zu deinem Besten!

Ich falle in mich zusammen und lächle Dean schüchtern an. Dieser lächelt strahlend zurück und fällt mir um den Hals.

"Oh Lilly! Ich mache mir solche Sorgen um dich! Wieso ziehst du dich immer so zurück? Bitte sag mir endlich, warum Chloe und Mary in dein Leben getreten sind? Bitte!" fleht er mich zum zig tausendsten Mal an.

Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen, denn ich kann es kaum ertragen, ihn, meinen besten Freund so zu sehen und ihn immer enttäuschen zu müssen. Denn auch dieses Mal schüttele ich vehement den Kopf.

Ich kann den Schmerz und die Enttäuschung in seinen Augen nicht mehr ertragen, doch darüber reden kann ich definitiv nicht.

Ich merke, wie sich die Erinnerung langsam an die Oberfläche drängt und trete die Flucht an.

Lillian, nicht!

Ich kann das nicht Chloe! Wer will jetzt da raus?

Ich mach das schon!

Danke!

Ich lächle Dean entschuldigend an und er seufzt nur deprimiert. Er vermisst seine beste Freundin, die er seit der ersten Klasse kennt und sich vor drei Monaten verändert hat.

Wie rührend. Chloe macht sich Sorgen um ihren Freund. Darf ich dich daran erinnern, dass wir eigentlich schon auf dem Weg zu Schule sein müssen?

Entsetzt reiße ich die Augen auf und mache mich von Dean, der gerade seinen Arm um mich gelegt hat, los, um meinen Rucksack aus meinem Zimmer zu holen. "Shit, wir kommen zu spät!" ruft Dean mir hinterher, der wahrscheinlich gerade auf die Uhr geschaut hat. "Ich weiß. Wir müssen uns beeilen!" antworte ich kurz angebunden und schon rasen wir zur Schule.

Atemlos reiße ich die Tür des Unterrichtsraumes auf. "Tut mir Leid für die Verspätung. Ich habe die Zeit vergessen!" keuche ich. "Lilly. Dieses Verhalten kann ich nicht mehr dulden. In letzter Zeit häufen sich Verspätungen! Du wirst sofort zum Direktor gehen!" fährt mich Frau Schreiber, meine Englischlehrerin an.

Na warte, du blöde Ziege!

Mary, nicht!

"Was glauben Sie wer Sie sind? Meine Mutter, oder was? Seien Sie froh, dass ich überhaupt in Ihren Unterricht komme! My English is great! You can't teach me anything I don't know yet anymore! (Mein Englisch ist fabelhaft! Sie können mich nichts mehr beibringen, was ich nicht sowieso schon weiß!)" werfe ich ihr an den Kopf.

Oh, Mary! Das hättest du nicht sagen dürfen!

Mir egal. Frau Schreibers Blick verfinstert schlagartig. "Jetzt reicht es mir! Nachsitzen für den Rest des Schuljahres am Freitagnachmittag! Und sofort zum Direktor, Lilly!" brüllt sie. Ich schnaufe verächtlich und mache auf dem Absatz kehrt. Wütend schlage ich die Tür hinter mir zu und stapfe zum Büro des Schuldirektors. Mal wieder.

Mary, du musst dich beruhigen und Herr Gerlach vernünftig deine Situation erklären!

Vernünftig ist dein Spezialgebiet, Chloe! Ich lasse dir gerne den Vortritt!

Nein, danke! Du darfst jetzt mal selber dein Chaos ordnen, das du verzapft hast. Ich bin draußen!

Na danke! Lillian, willst du?

Ich? Aber ich habe doch gar nichts gemacht!

Dann halt nicht, ihr Feiglinge!
Ich klopfe kräftig an die Tür. "Herein!" kommt es von Herr Gerlach und ich betrete sein Büro. Es hat sich seit meinem letzten Besuch nichts verändert. "Hallo Lilly! Was war es denn dieses Mal?" begrüßt er mich.

"Die Schreiber hat sie nicht mehr alle! Ich war nur ein bisschen zu spät und schon brummt sie mir Nachsitzen und einen Besuch bei Ihnen auf!" murre ich. "Sie heißt Frau Schreiber, Lilly! Bist du dir sicher, dass dein zu spät kommen der einzige Grund für die von dir beschriebene Reaktion von Frau Schreiber war?" fragt er nochmal nach.

Ich seufze. "Es kann sein, dass ich sie ein kleines bisschen geärgert habe!" gebe ich kleinlaut zu. Herr Gerlach schaut mich mit seinem Pokerface an. "Was machen wir jetzt mit dir Lilly?" fragt er mich schließlich besorgt.

For Three. Pandora. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt