Three

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Man könnte eine Stecknadel fallen lassen, ihr Aufprall wäre so laut wie ein Donnerschlag, denn es ist nach meinem verzweifelten Schrei mucksmäuschen still im Raum.

"Lilly-Schätzchen. Es ist nur zu deinem Besten!" versucht meine Mutter mich zu überzeugen. "Dean, bitte. Hilf mir!" verlange ich von meinem besten Freund. Er sieht mich traurig an. "Tut mir Leid, Lil. Ich will dein altes Ich zurück!" verweigert er mir seine Hilfe. 'Mary. Bitte mach was!' fordere ich stumm.

Es tut uns leid, Lillian. Es geht nicht. Da musst du alleine durch.

Chloes sanfter Tonfall lässt mich in Tränen ausbrechen. Ich blende alles aus, will nur noch weg, vergessen.

Ich kann das nicht länger mitansehen. Lillian ist doch vollkommen fertig. Gönnen wir ihr doch ein bisschen Ruhe. Schließlich ist sie den ganzen Trubel nicht mehr gewohnt.

Nein!

Zu spät! informiere ich Chloe und checke meine Lage. Wir schleichen durch die Schule, ich habe mich an Dean festgeklammert. Er trägt meine Tasche. Claudia ist nicht zu sehen.

"Wo gehen wir hin!" Frage ich Dean argwöhnisch und bleibe stehen. "Zum Auto deiner Mutter. Du bist ab heute vom Unterricht freigestellt!" wiederholt er geduldig die Worte von Herrn Gerlach. Ich seufze tief.

"Kommst du mit?" frage ich, wohl wissend, dass er verneinen wird, schließlich hat er ja eigentlich noch Unterricht und er ist definitiv kein Schulschwänzer. Schließlich will der Junge, dass ihm später alle Türen offen stehen.

Mary, wehe! Ich habe jetzt keine Lust, Zeit mit Dean zu verbringen, so kurz nachdem er mich abserviert hat!

Kreisch nicht so rum Chloe, davon bekommt man ja Kopfschmerzen. Er wird schon nicht mitkommen!

Das hoffe ich für dich!

Wie erhofft schüttelt er den Kopf. Ich liebe es ihn zu ärgern und dass ich Chloe, der Spaßbremse, auch mal wieder eine reinwürgen kann, kommt mir sehr gelegen. Wer weiß, wie lange ich noch dazu fähig bin. Schließlich kann Lillian jederzeit wieder hervor gekrochen kommen und Chloe und mich aus ihrem Leben verbannen.

Das klingt jetzt echt heftig, Mary. Und nein, das werde ich nicht. Schließlich brauche ich euch doch.

Aber es ist möglich! bemerke ich. Lillian hat keine Zeit mehr zu antworten. Wir sind am Auto angekommen, gleichzeitig mit Claudia. Schnell verabschiede ich mich von Dean und hüpfte in den Wagen.

Kaum sind die Türen geschlossen, haut Claudia die Zentralverriegelung rein und gibt Gas. Ich werde in den Sitz gepresst. "Hey, was soll das?" frage ich sie ungehalten. "Jetzt ist Schluss damit, Lilly. Ein für allemal! Ich habe wirklich genug von deinen Eskapaden in letzter Zeit.

Entweder du sagst mir jetzt sofort was los ist oder...", schimpft sie los, doch ich unterbreche sie wütend. "Oder was? Willst du mich dann zu so einem Psychoheini schleppen, damit der mich wieder zu deiner perfekten Tochter totquatscht? Danke, aber nein danke. Ich verzichte!" brülle ich los.

Ich sehe wie Claudia bei meinem harschen Tonfall zusammen zuckt.

Denkst du nicht, dass du es gerade ein kleines bisschen übertrieben hast?

Ehm, Hallo, nein? Lillian ist ihre Tochter verdammt. Sie kann doch nicht so mit ihr reden!

Das sagt genau die Richtige! Andersherum sollte es genauso sein. Ich muss dich nicht daran erinnern, dass du in letzter Zeit nicht gerade nett zu ihr warst, oder?

Nein!

Gut!

Ich hasse es, wenn du recht hast.

Ich weiß!

"Lilly, ich meine es ernst. Entweder du redest jetzt oder ich muss dich dazu zwingen!" stellt Claudia bedrohlich leise fest und unterbricht meinen Schlagabtausch mit Chloe. Lillian, dein Auftritt! bemerke ich, bevor ich von der Bildfläche verschwinde.

Nein, nein, nein. Das darf doch nicht wahr sein. Wenn ich jetzt Rede, war alles umsonst. Mary und Chloe reine Zeitverschwendung. Aber ich will das nicht missen. Will nicht mehr daran erinnert werden.

"Lilly, letzte Chance!" meint meine Mutter und ich bemerke, dass das Auto still steht. Verzweifelt und flehend starre ich meine Mutter an, doch sie sieht mich mit ihrem speziellen Blick an, der keine Gnade kennt.

Ich sehe kurz Enttäuschung in ihrem Blick aufflackern, was mich meine Hände vors Gesicht schlagen lässt und ich wieder in Tränen ausbreche. Plötzlich werde ich aus dem Auto gezerrt, auf ein Haus zu, in dem wir kurze Zeit später verschwinden.

Überrascht bleibe ich stehen, als ich sehe, wo ich da hineingeraten bin. Die Wände sind in grau gehalten und alle paar Meter hängt ein Spiegel im langen Flur, dazwischen immer wieder Türen.

Das ist doch nicht deren Ernst, oder?

Mary klingt etwas abschätzig und genervt zugleich.

Also ich finde es nett hier!

Chloe tut amüsiert und fröhlich, doch ich spüre, dass es nicht echt ist.

"Und? Was sagst du dazu?" fragt mich meine Mutter und reißt mich somit aus dem Tri-Gespräch mit mir selbst. "Was?" frage ich verwirrt zurück. "Ob ich dich hier alleine lassen kann, ohne dass du ausrastest?" wiederholt sie ihre Frage.

"Du willst gehen?" frage ich sie überrascht. "Ich muss. Ich kann nicht den ganzen Tag von der Arbeit wegbleiben!" erklärt sie mir seufzend. "Na ganz toll. Dann lass mich oder besser gesagt uns halt alleine!" gifte ich sie an, während ich mit meiner Hand auf die Spiegel deute.

"Ich gebe zu, die Gestaltung des Flurs ist in Anbetracht der Umstände nicht ganz optimal!" erklingt eine weibliche Stimme hinter mir, was mich herum fahren lässt.

"Verdammte Scheiße! Erschrecken Sie mit nicht so. Da bekommt man ja einen Herzkasper!" fahre ich die Frau an. "Es tut mir Leid! Ich bin Frau Dr. Kleinlich und du bist dann wohl Lilly?" entschuldigt sie sich sofort. Ich grunze nur genervt, nicke dann aber als mein Blick auf Claudia fällt.

Gut gemacht!

Halt die Klappe Chloe!

Ja, ja. Ich dich auch. Ich finde, Claudia könnte jetzt gehen...

"Dann hau halt ab, Claudia!" antworte ich mit etwas Verspätung zu eben dieser. Sie schaut mich noch einmal prüfend und mahnend bevor sie verschwindet. Nachdem die Tür hinter Claudia ins Schloss fällt, schnaube ich spöttisch und folge dann der Psychotante in ihr Büro.

"Also, wenn habe ich jetzt genau vor mir?" fragt mich die Psychotante, nachdem wir uns gesetzt haben. "Das geht Sie einen feuchten Kehrricht an. Ich werde nicht mit Ihnen reden!" pfeffere ich ihr wütend entgegen. "Dann ist es gerade Mary, die mit mir spricht?" fragt sie übertrieben freundlich.

Oh je, die weiß aber schon viel!

"Mary?" fragt sie mich. "Ja! Was ist denn?" schnauze ich sie an. "Ich würde gerne mit Lilly sprechen, bitte?" meint sie sanft.

For Three. Pandora. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt