Two

5 1 0
                                    

Ich schweige eisern. Starre ihn ausdruckslos an, und warte bis er weiter redet. "Ich weiß, dass du es in den letzten Wochen nicht leicht hattest, auch wenn ich den Grund dafür nicht kenne. Aber dein jetziges Verhalten ist nicht länger tragbar. Ich werde jetzt deine Mutter anrufen und dann werden wir gemeinsam nach einer Lösung suchen. Dieses Mal kannst du dich nicht mehr rausreden!" offenbart er mir seinen Entschluss.

Stumm weine ich vor mich hin, während Herr Gerlach mit meiner Mutter telefoniert. Doch es sich nicht meine Tränen. Lillian, hör auf zu flennen wie ein Baby.

Du verstehst das nicht!

Jetzt lasse sie doch einfach, Mary! Du hast doch keine Ahnung warum sie weint!

Du aber auch nicht, Miss Oberschlau!

Sie wird schon ihre Gründe haben!

Wenn du meinst. Mir egal!

Du verhältst dich wirklich kindisch!

Ich bin aber nicht diejenige die weint!

Ja, ja!

Bitte, wie du willst. Dann zeigt mal was du kannst! Ich ziehe mich zurück und überlasse Chloe das Feld.

"Deine Mutter ist in einer Viertelstunde da. Du kannst solange draußen warten!" verkündet Herr Gerlach. Doch ich bleibe sitzen und starre auf meine Hände. "Bitte. Kann Dean herkommen. Bitte!" flehe ich ihn an.

Oh, die Prinzessin verlangt nach ihrem Prinzen. Wer hätte das gedacht?

Sei du mal ganz schnell still! Erwartungsvoll schaue ich Herrn Gerlach an. Dieser seufzt schwer. "Dean Macintosh?" fragt er mich und ich nicke. "Dean Macintosh bitte zum Direktor!" lässt er ihn ausrufen. Danke!

Kurz darauf stürzt Dean in den Raum. Als er mich sieht erstarrt er. "Lilly? Was machst du denn hier? Lass mich raten? M.." entfährt es ihm.

"Ja!" unterbreche ich ihn schnell. Herr Gerlach darf unter keinen Umständen von Mary und Chloe erfahren. Sofort ist Dean bei mir und nimmt mich in den Arm. Ich fange an zu schluchzen und kralle meine Hände in sein Oberteil.

"Ich habe ihre Mutter schon informiert. Ihr könnt solange im Flur warten!" informiert Herr Gerlach Dean, der mich auch gleich in den Flur schleift. "Lilly. Das alles muss aufhören! Was ist bloß passiert, dass es dir so schlecht geht?" fragt er mich besorgt.

"Und Chloe?" bringe ich zwischen meinen vielen Schluchzern hervor. Dean seufzt und fährt sich verzweifelt durchs Haar.

"Dean, Schatz. Tu mir das nicht an!" wimmere ich. Er reißt entsetzt seine Augen auf, weil ich so plötzlich wieder da bin. "Chloe, ich..." setze Dean an, doch ich unterbreche ihn. "Warum, Dean, warum?" schluchze ich.

"Hör mir zu Chloe! Ich weiß, es kommt dir nicht so vor, aber du existiert erst seit ein paar Wochen. Eigentlich dürfstest du überhaupt nicht existieren! Genauso wenig wie Mary! Lilly, meine beste Freundin, hat euch geschaffen, weil sie aus irgendeinem triftigen Grund nicht mehr selbst in die Außenwelt möchte.

Das mit uns ist wirklich schön, aber ich vermisse Lilly. Ich weiß, dass Lilly schon immer schüchtern war und nur das gute in den Menschen sieht. Vielleicht hat sie gemerkt, wie hart die Welt da draußen sein kann und fühlt sich dem noch gewachsen. Aber Lilly, ich werde immer da sein und dir beistehen. Du musst dich nicht verstecken.

Ich liebe dich wie eine Schwester, Lilly! Ich habe mir oft gewünscht, dass du etwas mehr aus dir rauskommst, Lilly! Und dann warst plötzlich du da Chloe! Du warst genau so, wie ich es mir für Lilly gewünscht habe. Offener und kontaktfreudiger. Ich habe mich so gefreut, dass du das geschafft hast, Lilly.

Doch da warst nicht nur das. Plötzlich hast du dir auch nicht mehr den Mund verbieten lassen und wurdest schnell aggressiv. Mary eben. Ich habe gehofft, dass das nur eine kurze Phase ist, als Reaktion auf die ungerechte Welt da draußen. Doch Chloe und Mary blieben.

Bis jetzt habe ich es ignoriert, weil du immer wieder Lilly geworden bist. Doch das wurde immer weniger. Du ziehst du dich immer mehr zurück, Lilly. Bald wird nichts mehr von dir übrig bleibt und ich kann nichts dagegen machen. Und das kann ich nicht länger ertragen.

Chloe, du wirst immer meine Prinzessin bleiben, aber ich denke, dass das mit uns keine Zukunft hat. Wir können die Zeit, die uns bleibt, bis Lilly wieder zu sich selbst gefunden hat, für uns noch schön gestalten. Aber ich will meine beste Freundin zurück!" offenbart er mir.

Entsetzt starre ich Dean an. Du existiert nicht! Hallt immerzu durch meinen Kopf.

Das ist doch Schwachsinn! Oder Lillian?

Ich...es tut mir leid.

"O mein Gott!" hauche ich tonlos. Dean schaut mich entschuldigend an. Mein Blick geht zu Boden. Ich habe keine Ahnung was ich dazu sagen soll. Ein verbaler Fausthieb ins Gesicht, auf den ich nicht vorbereitet war.

Dir ist aber schon bewusst, dass ich ebensowenig Ahnung davon hatte wie du?

Ich zucke erschrocken zusammen, als Mary ihren Senf dazu gibt. Genau in dem Moment höre ich das Klappern von Claudias Schuhen auf dem Steinboden. "Deine Mutter ist da!" meint Dean kurz darauf, weil mein Blick noch immer stur auf den Boden gerichtet ist. "Lilly! Bitte rede endlich!" versucht Claudia zu Lilly durchzudringen.

Das geht nicht!

Die drei Worte sind wie ein Lufthauch der durch meinen, Lillys Körper dringt. Kaum wahrnehmbar für Mary und mich, nicht existent für die Außenwelt. Ich stehe eindeutig unter Schock, ziehe mich langsam zurück. Ich merke noch, wie ich hochgezogen und untergehakt bei Dean und Claudia wieder in die Höhle der Löwen geschleppt werde.

Für ein paar Sekunden ist es still im Büro des Rektors. Alle starren mich an, überlegen, was passiert sein könnte. Doch ich habe dafür leider keine Antwort, die hat nur Lilly. "Was starrt ihr mich alle so an? Habe ich was im Gesicht?" blaffe ich sie an.

Dean zuckt bei meinem rauhen Tonfall zusammen, Claudia schluchzt auf und der Rektor sieht mich immer noch unverwandt an. Dann huscht sein Blick zu Claudia. "Vielen Dank, dass Sie so schnell kommen konnten!" begrüßt er sie. "Selbstverständlich! Sie hat es wieder getan, nicht wahr?" flüstert sie. Der Rektor nickt.

"Ich werde Maßnahmen ergreifen müssen Frau Müller. Lilly ist zum wiederholten Mal negativ aufgefallen und ihr Verhalten scheint sich nicht zu bessern. Ich muss sie für zwei Wochen vom Unterricht befreien. Außerdem befinde ich es für notwendig, dass Lilly einen Psychologen aufsuchen muss um ihrem aggressiven Verhalten einen Riegel vorzuschieben und die Ursache ihres Verhaltens zu ergründen und zu bewältigen/beseitigen!" gibt Herr Gerlach bekannt.

"Bitte nicht!" versuche ich verzweifelt meine Haut zu retten.

For Three. Pandora. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt