IV 2

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Es waren einmal ein Mann und eine Frau und sie liebten sich Wahrhaftig und beschlossen ihre Liebe zu teilen.
Und so bekamen sie zwei Kinder: ein Mädchen und einen Jungen.
Die Geschwister wuchsen eng zusammen, obwohl sie fast zehn Jahre trennten.
Aber es schien, dass je näher sich die Geschwister kamen, desto weiter entfernten sich die Wahrhaftig Liebenden voneinander. Und eines Tages, so kommt es meistens, hatten die Liebenden ihre Liebe füreinander verloren.

Die Mutter der Kinder nahm die beiden zu sich und kümmerte sich um sie, als wären sie alles wofür sie noch lebte.
Und so strichen die Jahre ins Land. Die Kinder wurden groß und entwickelten Charakter und eigene Leidenschaften und brauchten ihre Mutter, die sich all die Jahre für sie aufgeopfert hatte nicht mehr.
Die Mutter, wohlwissend, dass dieser Tag irgendwann einmal hatte kommen müssen, hatte derweil eine neue Liebe gefunden.
Für die Kinder, den Jungen und das Mädchen, war diese Liebe jedoch ein Dorn im Auge. Und plötzlich wollten sie die Liebe wieder, die sie zuvor so energisch abgelehnt hatten.
Aber sie war verschwunden.

"Das ist aber keine schöne Geschichte." Savannah flüsterte fast, aber ihr Bruder, der den Kopf auf ihrer Schulter abgelegt hatte verstand auch so jedes Wort. Sie spürte, wie er nickte. "Absolut nicht."
"Was passierte danach?", fragte Savannah nach einer Ewigkeit, die wohl nur ein paar Sekunden waren.

Irgendwann gab eines der Kinder, bereits zu einem jungen Mann herangewachsen, auf sich um die Liebe seiner Mutter zu bemühen.
Er hatte die verlorene Liebe seiner Mutter in einer Gruppe guter Freunde wiedergefunden. Jedenfalls glaubte er das.
Niemals hätte er ahnen können, dass diese Gruppe von Freunden und die Dinge, zu denen er gedrängt wurde ihn noch weiter von der einstigen Liebe seiner Mutter entfernen würden. Niemals.
Aber so war es; und wegen all diesen völlig absurden Gründen, verlies er seine Familie, nicht fähig ihnen in die Augen schauen zu können, nach all den tiefschwarzen Sachen, die er getan und gesagt hatte.
Und er war allein.
Er war eine Unendlichkeit lang allein.

"Aber du bist nicht mehr allein, Henri. Das weißt du oder? Ich bin da für dich." Wieder ein nicken, diesmal jedoch zaghafter.
Es versetze Savannah einen Stich ins Herz, dass es ein so zaghaftes Nicken war. Aber letztendlich war es nur ein weiterer Stich, neben so vielen anderen, dass keiner sie je hätte zählen können.
"Geht die Geschichte noch weiter?" Sie merkte, wie ihre Stimme immer leiser wurde und der Kopf ihres Bruders auf ihrer Schulter immer schwerer.
"Ein bisschen weiter geht sie noch, ja."
Savannah wartete, wartete eine ganze Zeit lang aber Henri sprach nicht mehr weiter. Und sie fragte auch nicht nach dem Ende, denn alles hatte seine Zeit. Und wenn Henri der Meinung war, die Zeit für das Ende wäre noch nicht gekommen, dann war das gut so.
Auf irgendeine Art.

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