Kapitel 16

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Etwas packt mich. Es hat mich am Arm erwischt den ich bei meinem Sprung unachtsam über meinem Kopf gehalten habe. Es zerrt an mir mit seinen kalten, toten Händen!

Ich schreie, ich schlage mit den Armen, winde und wende sie, versuche sie aus dem eisernen Griff zu befreien. Doch ich schaffe es nicht. Nicht alleine.

"Jasmin!!! Hilf mir!"

Sie packt meine Beine und ich mache mich so schwer ich nur kann. Nur leider bin ich kein Stein, kein schwerer Brocken wie Erik. Ich bin nur ein dünnes Streichholz. Bitter, dass mir das auch noch von einem... Ding unter die Nase gerieben wird, reichen ja nicht schon die Mädchen oder Muskelpacket-Paradebeispiele von Männern in meiner Klasse!

"Mach dich schwer! Lukas, versuch dich zu wehren!"

"Was meint sie was ich tue? Tee trinken?"

"Mach ich schon. Ich bin nicht schwer genug!"

Ich versuche mich los zu machen, aber es bringt nichts. Plötzlich geht ein Ruck durch meine Arme und ich werde losgelassen. Ich falle auf Jasmin und die Klappe fällt krachend zu... Und verriegelt sich!

"Hab ich dir weh getan?"

Jasmin ignoriert meine Frage. Stattdessen klettert sie unter mir durch. Es klappert und ein metallisches Geräusch ertönt.

"Mist! Mist, mist, mist! Die Tür ist zu! Sie ist... von innen verschlossen worden..." Ihre Stimme wird leiser mit jedem Wort, das sie ausspricht.

Hektisch kramt sie nach etwas in ihren Taschen. Kurz darauf flackert ein Handy auf und erhellt den Raum. Der Bunker ist nicht groß, vielleicht ein, oder zwei Quadratmeter. An den Wänden sind Regale eingelassen voll mit Seilen und Krimskrams.

Erleichtert atme ich aus und auch Jasmin lässt sich gegen die Wand fallen. "Dieses ... was auch immer es ist, es ist nicht bei uns. Wir sind es los!" Doch die Erleichterung lässt sofort nach, als mir bewusst wird, das ES uns eingesperrt hat!

Ich suche den Raum ab, nach irgendetwas nützlichen gegen Es.
"Toll, wonach suche ich eigentlich? Wie erledigt man etwas, von dem man nicht weiß ob es tatsächlich real ist? Und wenn es das nicht ist,... ist es vielleicht...! Nein, Lukas beruhig dich. Es gibt keine Geister! Ich glaube auch nicht an Geister!" Mein Blick schweift weiter während ich versuche den Gedanken wegzudrängen, dass dieser Spuck vielleicht nicht von einem Klassenkameraden stammt. Nach einer Weile entdecke ich eine Öllampe und Jasmin reicht mir eine Streichholzschachtel. Ich entzünde sie und stelle sie zwischen uns auf den Boden.

Meine Blicke finden dennoch keine Ruhe.

"Wenn es uns von innen einschließen konnte, ohne bei uns zu sein, dann kann es auch jeder Zeit die Klappe öffnen..." Entnervt, setze ich meine Gedanken zurück. "Es ist kein ES! Das ist bloß ein dummer Streich, ein ziemlich langwieriger. Vielleicht sollte ich allen in der Klasse mitteilen, dass nicht April ist und schon gar nicht der erste! Falls wir hier rauskommen..."

Im Kopf gehe ich jede Situation durch, die mir unnormal vorkam bis zu dem kaltem Griff, der meine Wade packte ohne Kraft und mich dennoch mit Leichtigkeit zu sich zog.

"Es war nicht mal ein richtiger Griff..." Ich gebe die Logik auf und mich dem Irrsinn hin.

"Glaubst du, es kommt hier rein? Das es auf uns wartet, oder... oder die Luke öffnet?" Ich umschlinge meine Knie.

Sie antwortet nicht. Tippt stattdessen auf ihrem Handy wild Nummern ein, wählt und legt wieder auf. Dann die nächste Nummer. Doch sie hat keinen Empfang. Nach 5 Minuten lege ich meine Hand auf ihre, die gerade die nächste Nummer wählen will.

"Wir sitzen hier fest. Erst mal."
Sage ich so ruhig ich kann. Ich bin froh, dass ich nicht mehr so panisch klinge. Vielleicht kann ich ihr ein wenig Trost schenken. Wir müssen jetzt für einander stark sein!
Ich lege meine Hand auf ihre Schulter, doch auf einmal zuckt sie weg. Die Angst weicht aus ihrem Blick und verwandelt sich in Wut.

"Hast du mir vorhin wirklich vorgeworfen, dass ich hinter deinen Ängsten stecke? Weißt du, ich habe immer gedacht du wärst tolerant und würdest diese Gerüchte über mich nicht glauben, aber da habe ich mich wohl getäuscht! Wie kann man sowas denken? Warum sollte ich dir Angst einjagen wollen mal abgesehen davon, dass du dich schon fürchtest, wenn Alina vor dir steht und dich anlächelt.  Dabei ist sie so arrogant und du merkst es nicht mal!"

"Ich... es tut mir leid."

"Aha, es tut dir leid. Wow!"

Ich hasse diese Ironie in ihrer Stimme und auf einmal werde ich wütend.

"Ganz ehrlich, du hast keine Ahnung was passiert ist. Ich habe schon mit dem Gedanken gespielt ob ich verrückt bin! Da war Nebel in dem Labyrinth und dieses Ding hat mich gepackt und... und du hast behauptet da wäre kein Nebel gewesen und dann noch Alina mit ihrer Clique. Der Wald! Es war furchtbar, ich bin einfach reingelaufen und habe die ganze Zeit paranoid nach dem Rückweg gesucht, weil ich.. ich hatte solche Angst!..."

Ich schluchze. Meine anfängliche Wut wurde mit den Erinnerungen zu Schnappatmung. "Ich werde wirklich verrückt."

"Hey."

Sie guckt mich wieder an.

"Es tut mir leid."

Danach sagt sie nichts mehr. Auch nicht als ich mich endgültig meinen Wahnvorstellungen hingebe, mich in einer Ecke mit der Öllampe zusammen rolle, ab und zu schluchze ohne wirklich zu weinen die ganze Nacht wachsam auf die Falltür starre.

SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt