Wegen letzter Nacht

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Mit einem brummenden Schädel wache ich auf, denn die Sonne scheint mir direkt ins Gesicht. Entnervt stöhne ich auf und drehe mich auf die Seite, um auf meinem Nachttisch nach meinem Handy zu suchen. Blind taste ich danach, doch alles was ich ertasten kann, ist eine moderne Lampe die definitiv nicht zu meinem Inventar gehört. Stirnrunzelnd schlage ich die Augen auf und erkenne eine riesige Fensterfront mit deckenhohen Fensterscheiben die einen perfekten Ausblick auf die Themse bieten.

Ich lege die Stirn kraus und setze mich leicht auf, doch das ist gar nicht so einfach, denn etwas hindert mich daran. Oder besser gesagt jemand.

Ach du Scheisse!

Ich schliesse augenblicklich die Augen und bete inständig das es ganz anders ist als ich mir zusammenreime. Denn ich kann mich nur Bruchstückhaft an den gestrigen Abend erinnern. Doch will ich mich überhaupt daran erinnern? Ich weiss es nicht, doch als sich die Person neben mir regt und seinen Arm anhebt, nutze ich die Gelegenheit und schlüpfe darunter durch und setze mich an den Bettrand. Atme tief ein und aus und realisiere das ich komplett nackt bin.

"Nein, oder?", flüstere ich entsetzt. Ein leiser Schnarcher reisst mich aus meinen Gedanken. Erschreckt drehe ich mich um, und sehe rote Locken unter der Decke hervor lugen und als ich sein Gesicht sehe könnte ich schreien.

"Sam!"

Ich streiche mir das Haar aus dem Gesicht und beisse mir auf die Lippen, um nicht doch noch laut los zu schreien. Ich versuche mich daran zu erinnern was gestern nachdem wir das Hotel betreten haben passiert ist.

"Was möchtest du trinken?", Sams samtige Stimme dringt in meine Ohren. Wir sitzen in der Hotelbar, im Hintergrund erklingt leise Pianomusik. Die meisten Gäste sind von der Gala direkt in die eigene Hotelbar, die ans fünf Sterne Restaurant grenzt, gewechselt. Ich erkenne einige wieder, doch Vincent kann ich nirgends entdecken. Was vielleicht auch besser so ist. "Haylie?", reisst er mich aus meinen Gedanken. Blinzelnd nehme ich neben ihm an der Bar platz und lege meine Clutch auf den Tresen. Es wirkt alles so elegant, ganz so wie aus den goldenen Zwanzigern. "Wenn du lieber nach Hause möchtest, rufe ich dir gerne ein Taxi", meint er leise und ich spüre, dass er das nicht möchte. Und ich möchte es auch nicht, also schüttle ich den Kopf. "Ein Glas Pinot Noir", sage ich mit fester Stimme, um keine Zweifel aufkommen zu lassen. "Zwei Gläser", fügt Sam hinzu. Der Mann hinter der Bar trägt ein weisses Hemd und eine schwarze Fliege. Alles sieht super teuer aus und ich frage mich, wann ich jemals in einer so schicken Bar war. Die die ich vorhin in meiner Panik aufgesucht hatte, war ziemlich schäbig. Wenn man sie mit dieser Bar hier vergleicht. Der Barmann stellt uns wortlos die Gläser hin und widmet sich anderen Gästen die ihre Bestellungen aufgeben möchten. "Auf einen schönen restlichen Abend", sagt Sam und sieht mich erwartungsvoll an. Lächelnd nehme ich mein Glas in die Hand und stosse mit ihm an. "Auf einen schönen restlichen Abend."

Ich schüttle die Erinnerung ab und konzentriere mich auf das Hier und Jetzt. Ich muss unbedingt wissen wie spät es ist, also mache ich mich auf die Suche nach meinen Klamotten und meinem Handy. Das ich, nach kurzem Suchen, unter einem Haufen aus Klamotten finde. Unter anderem mein Slip und eine aufgerissene Kondomverpackung. "Scheisse", entschlüpft es mir und ich beisse mir sofort auf die Innenseite meiner Wange.

Geht's noch lauter?

Tadle ich mich im Stillen selbst und beginne mich anzuziehen. So leise es geht schlüpfe ich in mein Kleid und riskiere einen Blick auf das Display meines Handys, doch der Akku ist leer. "Verdammter Mist", fluche ich erneut und atme tief ein und wieder aus, um mich zu beruhigen. Als sich Sam wieder regt, löse ich mich aus meiner Starre und haste durch das Hotelzimmer. Das wie der Rest des Hotels sehr elegant aussieht. Das Bett, in dem Sam friedlich schläft, dominiert den Raum. Ich bleibe stehen und betrachte ihn gedankenverloren. Leise Schnarcher dringen aus seinem leicht geöffneten Mund. Er sieht wirklich süss aus. Vielleicht sollte ich noch nicht gehen und wieder zu ihm ins Bett...

September - KEIN TAG OHNE DICHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt