Fälle

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"Was wollte dieser...Sam, eigentlich von dir?", fragt mich Vincent und sieht mich kurz fragend an, ehe er seinen Blick wieder auf die Strasse richtet. Wir sitzen in seinem Auto und sind zu einer Adresse im Stadtteil Belgravia unterwegs. Dort soll es einen Einbruch gegeben haben, dem wir natürlich nachgehen. "Das habe ich doch schon erklärt. Er wollte nachsehen ob ich auch gut nach Hause gekommen bin. Denn ich hatte gestern definitiv einige Drinks zu viel", erkläre ich ihm bemüht nicht all zu genervt zu klingen. Doch Vincent kann ich nichts vormachen, keine Ahnung wie er das macht. Als würde er meine Gedanken lesen.

"Und das ist alles? Denn für mich sah das nicht danach aus, als ob er dich nur kurz sehen wollte. Er hatte sogar Brötchen dabei." Ich verdrehe über seine Aussage die Augen und verfluche den Polizisten in ihm, dem dieses Detail aufgefallen ist. "Du musst mir nichts sagen, ich weiss einfach nur nicht was ich von ihm halten soll", fügt Vincent hinzu und biegt nach rechts ab. Ich weiss nicht was ich darauf antworten soll. Aber wie es aussieht habe ich keine Zeit mehr, denn wir haben die Adresse erreicht. Vincent hält den Wagen und wir sehen uns etwas um. "Sehr gediegene Gegend", sage ich und schaue mir die kleinen Häuser an, die in Reih und Glied rechts und links von der Strasse stehen. 

"Belgravia eben", meint er schulterzuckend. Wir steigen aus und suchen die Nummer zwölf, als wir das kleine Haus der Dame erreichen, sehen wir die Nachbarin bereits am weiss lackierten Gartenzaun stehen und steuern zuerst auf sie zu. "Sind Sie Misses Carmichael?", frage ich die ältere Frau mit den schneeweissen Haaren. Sie nickt und sieht besorgt aus, wahrscheinlich kennen sich die beiden Frauen gut. "Ich hatte heute Früh so ein komisches Gefühl und als Elisabeth nicht ans Telefon ging, habe ich nachgeschaut und gesehen das das Fenster eingeschlagen wurde. Daraufhin habe ich die Polizei gerufen", erklärt sie und sieht sich ängstlich um. "Das heisst, sie haben das Haus ihrer Nachbarin nicht betreten?", fragt Vincent. Misses Carmichael nickt und knetet ihre Hände. Dabei fällt mir der grosse Goldring an ihrem Finger auf, er trägt einen Edelstein und sieht wertvoll aus. 

Diese Gegend Londons gilt zwar als ruhig und sicher, doch ab und an passieren auch hier Verbrechen. Vor allem Häuser von alleinstehenden alten Damen sind bei Dieben sehr beliebt, vor allem hier in Belgravia. "Ja, ich habe das Fenster gesehen und bin so schnell es meine Arthrose zulässt wieder zu meinem Haus zurückgelaufen. Danach habe ich die Polizei gerufen. Ich hoffe ihr ist nichts passiert." Die Sorge ist leider berechtigt, Raubmord gibt es immer häufiger. Vor allem wenn die Einbrecher von den Hausbesitzern überrascht werden, handeln diese im Affekt und bringen das Opfer um. Oder verletzen es oft tödlich und hauen danach mit der Beute ab.

Ist alles schon dutzende Male vorgekommen.

"Wir sehen uns das ganze Mal an", sagt Vincent und nickt mir zu. "Wir werden später noch ihre Personalien aufnehmen." Sie nickt und wir gehen zum Haus zurück. "Wieso habe ich das Gefühl das hier nicht nur eingebrochen worden ist?", frage ich ihn, während ich meine Waffe aus der Halterung herausziehe und sie entsichere. Vincent sieht mich vielsagend an und gibt mir Rückendeckung, als wir die Tür öffnen. Die zu unserer Überraschung nicht verschlossen ist, was auch dem Einbrecher hätte auffallen sollen. "Hallo? Misses Phelps?", rufe ich und laufe durch den kleinen Flur. Hier sieht alles intakt aus, doch als ich ins Schlafzimmer gehe, bietet sich mir das absolute Chaos. Alle Schubladen wurden durchwühlt und der meiste Inhalt liegt auf dem Boden verteilt. 

"Das Schlafzimmer ist sauber, aber total verwüstet", rufe ich meinem Partner zu. "Im Esszimmer dasselbe", erwidert er. Ich nehme mir das Wohnzimmer vor und bleibe wie angewurzelt stehen, als ich eine Frau am Boden liegen sehe. Ich knie mich neben sie und fühle ihren Puls, doch er ist nicht zu spüren.

Die Frau ist tot. 

"Haylie?", ruft Vincent und als er ebenfalls das Wohnzimmer betritt, schüttle ich den Kopf. Er sieht zuerst mich, dann die Leiche vor mir an. "Ich rufe die Spurensicherung und die Mordkommission", sagt er und ich nicke. Ich schaue mir die Frau genauer an. Sie hat ein Telefonkabel um dem Hals, mit dem sie unweigerlich erdrosselt wurde. Ihre Augen starren mich voller Entsetzen an und ich frage mich, was sie in den letzten Minuten ihres Lebens wohl gedacht hat. 

September - KEIN TAG OHNE DICHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt