Kapitel 5: Lästige Schlange...

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•Yatogami•

Die laut tickende Uhr, liess Yato unbewusst um tausende Ecken nervöser werden. Er beobachtete stumm, wie Kazuma und Bishamon sorgfältig die vielen, kleinen Ritzverletzungen an Hiyoris Unterarmen behandelten. Obwohl das Desinfektionsmittel zumindest schmerzen sollte, tat die Oberschülerin nichts dergleichen. Ihr Haar war ungewöhnlich matt, sie war noch blasser, als sonst sowieso schon und in ihren Augen konnte jeder die deutliche Erschöpfung sehen.
Was um alles in der Welt, geschah bloss mit ihr? Was war hier los?
Yato konnte sich keinen Reim drauf machen, was sich hier abspielte.
Aber er wusste Eines mit Sicherheit: Er musste dringend hier raus.

Takamagahara war riesig und obwohl Yato selbst Land besass, fühlte er sich hier noch ärmer, als auf der Erde. Denn während alle anderen Gottheiten zumindest Häuser in der Grösse eines menschlichen Herrenhauses hatten, hatte Yato nicht einmal einen Meter Land. Es waren nicht einmal wirklich fünfzig Zentimeter. Ja, das war ziemlich armselig. Vor allem, wenn er seinen Besitz mit Bishamons Umfang verglich.
Ihr Anwesen glich bereits einem monströsen Märchenschloss, aber sie besass sogar noch sicher zwei Kilometer Umkreis Land. Nun gut, sich mit der mächtigsten Kriegsgottheit zu vergleichen, war vielleicht nicht so fair oder klug. Dennoch, es gab andere, viel kleinere Götter und selbst diese besassen einen annehmbaren Platz in Takamagahara.
Seufzend, teleportierte Yato sich ins Zentrum des Götterreichs, wo gewöhnlich alle Götter und deren Shinki sich die Zeit vertrieben oder sich trafen. Yato hatte sich übermässig gefreut, als er endlich eine eigene, richtige Befugnis für den Eintritt nach Takamagahara bekommen hatte. Es erschien, als wären die lockeren und sorglosen Zeiten mit Hiyori und Yukine irgendwo, ganz fern in der Vergangenheit.
Seufzend, setzte er sich auf eine Bank und starrte unentwegt auf den goldenen Boden. Heute, war alles so viel schwieriger. Yato hatte sich verändert. Er begehrte eine menschliche Frau, die er einfach nicht haben konnte - nicht haben durfte. Er hatte Ebisu ein Versprechen gegeben. Und Ebisu hatte an ihn geglaubt. Mit jeder Minute, in welcher er tatenlos auf den Boden starrte, kam er sich mehr und mehr vor wie ein Versager und Eidbrecher.
Ein amüsiertes Säuseln, liess Yato aus seiner miesen Laune fallen. Er schaute auf und entdeckte Tobosaku, die biestige Schlange.
Der hatte ihm gerade noch gefehlt...!
"Was willst du? Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin?"
Tobosaku grinste und setzte sich neben Yato, streichelte dabei schmollend seine Schulter und meinte: "Oh je...armer Yato-san! Ganz alleine in Takamagahara ohne Freunde oder Shinki - wobei, Mehrzahl ist falsch. Du besitzt ja nur eine Shinki!"
Entgeistert beobachtete Yato, wie Tobosaku übertrieben laut über seinen eigenen (schlechten) Witz lachte. Er seufzte, schlug Tobosakus Hand weg und meinte miesgelaunt: "Was zum Teufel ist dein Problem?"
"Weisst du, ich habe nachgedacht", ignorierte Tobosaku Yatos Frage und warf sich das lange, hellbraune Haar über die Schulter. Er war fast wie eine Diva. "Du brauchst dringend Hilfe."
Yato beschloss, sich nicht länger auf die dämliche Schlange einzulassen und stand mürrisch grummelnd auf. Er hatte im Moment einfach zu wenig Zeit und Lust für sowas.
"Ich mag zwar arm sein, aber ich würde niemals deine Hilfe brauchen. Nicht einmal, wenn wir die letzten Götter Takamagaharas wären - niemals...!" Er war im Begriff, mit dem nächst besten Portal sonst wohin zu gehen - hauptsache weg von Tobosaku - als eben dieser laut sagte: "Ich hörte, deine kleine Halbayakashi-Freundin hat ein paar Unanehmlichkeiten!"
Zerknirscht, blieb Yato stehen.
"Ich weiss ausserdem ebenso, was mit ihr los und wie man ihr helfen könnte...", fuhr die Schlange fort.
Widerwillig, drehte Yato sich wieder um und setzte sich zurück auf die Bank. Tobosaku grinste, wurde jedoch schnell ungewöhnlich ernst. Normalerweise, war er deutlich weniger ernst und viel lockerer.
Es gefiel dem ehemaligen Unglücksgott nicht, aber er wusste, dass Tobosaku sehr wahrscheinlich Informationen aus erster Hand besass. Man merkte es ihm kaum an, aber auch er, war mehrere Male widergeboren worden. Er besass Inschriften und Dokumentationen der Ereignisse und Geheimnisse seiner früheren Leben. 
Tobosaku war eine eklige, nervige, hinterhältige Schlange - aber er war auch mächtig und klug.
"Was weisst du...", wollte Yato bockig wissen.
"Zugegeben...nicht viel. Ich sage dir sowieso schon mehr, als ich dürfte, in dem du weisst, dass ich etwas weiss..."
Verwirrt wegen des komplizierten Satzes, zog Yato die Brauen zusammen, woraufhin die Schlange vielsagend mit der Hand eine wegwerfende Bewegung machte und meinte: "Wie auch immer...vor einigen Tagen, wurde ich von den Richtenden, den fünf Gerechten einberufen. Ich war noch nie von ihnen einberufen worden und auch allgemein, ist es eher selten, dass sie Face-to-Face mit einem Gott reden wollen. Ich war also ganz schöm überrascht."
Yato war es ebenso, darauf konnte die Schlange Gift nehmen (welch schlechter Witz). Die fünf Gerechten waren sowas Ähnliches wie die Geschworenen in einer Gerichtsverhandlung, nur mit deutlich mehr Macht. Sie berieten sich immer und waren eigentlich der Boss aller Götter, die Spitze und ultimative Elite. Keiner wusste, wer zu ihnen gehörte - und dies war auch ein Geheimnis, dass niemand erfahren durfte. Anonymität war in Takamagahara ein merkwürdig wichtiges Gebot, was Yato ja eigentlich ziemlich feige und dämlich fand. Aber was sollte er - ein unbedeutender, kleiner Gott - da schon mitzureden haben?
Tobosaku räusperte sich und fuhr fort: "Sie haben mich nur etwas gefragt und dann durfte ich wieder gehen. Es war eine Sache von fünf Minuten, wenn überhaupt. Viel merkwürduger war jedoch, was sie mich gefragt haben..."
"Jetzt mach es nicht so spannend und erzähl endlich!", zischte Yato leise, damit möglichst niemand unnötig auf die beiden aufmerksam wurde.
"Sie haben mich gefragt, ob ich in der Lage wäre, ein unschuldiges Mädchen zu töten. Als ich verneint habe, schickten sie mich sofort wieder raus."
Ungläubig, hob der unbekannte Gott seine Augenbrauen hoch, woraufhin Tobosaku murrend und mit unzufriedenem Ausdruck meinte: "Hör Mal, ich mag vielleicht als Schlange und Dieb bekannt sein. Aber ich bin nicht herzlos oder sadistisch. Wieso sollte ich ein unschuldiges Mädchen töten wollen?"
Nun gut, da hatte er auch wieder recht. "Okay, aber was hat das mit Hiyori zu tun?", meinte Yato nun und die Schlange zischte kurz genervt, ehe er antwortete: "Mann, bist du ungeduldig. Ich war ja noch nicht fertig. Die ganze Sache wurde ja noch merkwürdiger, als ein guter Freund von mir mich auf die Gerechten angesprochen hat - er meinte, sie hätten ihn und noch viele andere, eher starke Gottheiten genau dasselbe gefragt. Und jeden wieder sofort rausgeschickt - ausser einen Gott. Aber ich habe keine Ahnung, wer das sein soll. Jetzt kommt das Merkwürdigste: Die Gerechten haben vor einigen Tagen die Erde Stein um Stein absuchen lassen. Jeden Zentimeter Japans. Aber sie haben es nicht gefunden. Und drei Mal darfst du raten, wonach sie gesucht haben..."
Yato starrte unentwegt auf den goldenen Boden. Sie hatten auf der Erde etwas gesucht, aber es nicht gefunden. Der Gedanke gefiel ihm überhaupt nicht.
"Hiyori kann es nicht sein, die war vor einigen Tagen noch auf der Erde...", meinte er nachdenklich. Tobosaku sog scharf die Luft ein und gab Yato einen schmerzhaften Klapps auf den Hinterkopf. "Shh!", zischte er und lehnte sich unauffällig zu dem Schwarzhaarigen rüber. "Bist du so blöd oder tust du nur so? Sie haben nach etwas menschlichem gesucht, konnten es aber nicht finden...!"
Yato liess es sich erneut durch den Kopf gehen und ihm stockte kurz der Atem.
Vor exakt vier Tagen...hatte Hiyori ihr Gedächtnis wiedererlangt. Es war viel passiert in diesen wenigen Tagen (Yato vermied es, die Ausrutscher alias das Rumgeknutsche in sein Gedächtnis zu rufen). Sie war zu dieser Zeit nicht auf der Erde gewesen, sondern in Bishamons Anwesen. Sofort, fiel ihm wieder die Barriere von heute ein - die Barriere, welche Ayakashis und Götter für Menschen sichtbar machte und um Hiyoris ganze Schule gezogen wurde.
Wenn Yatos Theorie stimmte...wenn er mit seiner Vermutung richtig lag...konnte er sich den Rest denken.
"Was...was wollen sie von ihr?", flüsterte er der Schlange zu.
Tobosaku lehnte sich weiter zu ihm rüber und meinte leise: "Ich weiss es leider selbst nicht genau. Die anderen Götter ebenso wenig. Aber das ist auch nicht der springende Punkt. Yato, sie wissen, dass etwas nicht simmt mit der Kleinen. Das ist es, was bedeutend ist...sie wissen von ihr. Und sie suchen nach ihr. Weiss der Geier, was sie mit ihr anstellen, wenn sie gefunden wird...!"

•Bishamonten•

Angespannt und müde, rieb Bishamon sich die Schläfen. Yato war vor etwa dreissig Minuten zurückgekehrt - von wo auch immer! - und hatte weniger begeistert von seiner Begegnung mit Tobosaku berichtet. Die Sorge war ihm ins Gesicht geschrieben. Vor knapp zehn Minuten, hatte er sich bei Hiyori verkrochen. Die Schülerin war noch immer nicht wach und das einzige Lebenszeichen waren ihr viel zu schneller Puls, die dementsprechende Atmung und ihr hohes Fieber. Begleitet wurde das alles von einem ständigen, leisen Wimmern und Flüstern. Bishamon wusste nicht, was sie flüsterte - es war kein Japanisch oder sonst irgendeine Sprache, die sie jemals gehört hatte.
Und ihre Vermutung wollte sie lieber nicht aussprechen. Ebenso wenig wie Kazuma. Dieser sass schon seit knapp zwei Stunden an den Inschriften Tenjin's und grübelte. Wobei sie selbst auch grübelte. Die Götter suchten nach Hiyori.
Nein.
Nicht die Götter.
Die Gerechten.
Das war ein riesiger Unterschied. Die Götter durften nichts in die Wege leiten, was irgendeinem Menschen schadet. Die Gerechten hingegen schon - zumindest wenn sie der Ansicht waren, Takamagahara oder die allgemeine Sicherheit waren in Gefahr.
Seufzend, lehnte Bishamon sich in ihrem Stuhl zurück. Das schwarze Leder knirschte und quietschte, als sie ihren Körper positionierte und müde den Kopf zurücklehnte. Ob die Gerechten auch Götter der sieben Glückszeichen einberufen haben? Sie selbst schon einmal nicht.
Was nicht verwunderlich war - schliesslich, hatte sie einen Krieg mit Yato entfacht, war den Göttern in den Rücken gefallen und hatte 'mit Ebisu cooperiert'. Götter waren leider schrecklich nachtragend.
Ein dumpfer Laut, liess Bishamon ihre geschlossenen Augen öffnen. Kazuma hatte ihr eine Tasse Tee auf den Tisch gestellt und dazu ein paar Kräuter. "Es ist gegen die Nackenschmerzen", meinte er und beobachtete, wie Bishamon - mal wieder viel zu schnell - die Kräutermischung runterkippte. Sie verzog das Gesicht und murmelte ein leises: "Eww..."
Kazuma lachte amüsiert. Es war sein Lachen - das Lachen, dass er tagsüber und vor anderen so gut wie nie verwendete. Nur Bishamon kannte es. Sie allein. Und sonst niemand.
"Nicht immer alles auf einmal, Veena...", meinte die Shinki und warf vier Würfel Zucker in Bishamons Tee. Er kannte sie einfach in- und auswendig.
Über die gewohnte und fast alltägliche Situation lächelnd, rührte sie den Zucker um und nahm einen Schluck des Tees. Kirschblütentee...wie beruhigend.
"Das weckt Erinnerungen..."
Kazuma liess seinen Blick aus dem Fenster hinter Bishamons Stuhl gleiten und nickte grübelnd.
Seit Kazuma zu einem gesegneten Shinki geworden ist, war rosa irgendwie eine von Bishamons liebsten Farben. Wobei sie Kirschblüten schon immer geliebt hatte. Die Tatsache, dass der Ohrring so aussah wie eine Kirschblüte, machte das ganze noch um einiges schöner.
Dennoch, entwich der Göttin nicht die betrübte Stimmung ihres Shinkis.
Mit dem Fingernagel gegen das Porzellan der Tasse tippend, biss sie sich auf die Unterlippe, drehte sich in ihrem Stuhl zum Fenster und atmete tief durch. "Was sollen wir nur machen...?"
Kazuma antwortete zunächst nicht, sondern stellte sich bloss neben den Bürostuhl und beobachtete die untergehende Sonne Takamagaharas. Seine grünen Augen schimmerten dabei angenehm und nachdenklich.
"Ich weiss es nicht...", antwortete er schliesslich und liess seine Augen nun zu der Wand gleiten, hinter welcher Hiyori in einem Zimmer lag. "Aber wenn wir nicht schnell etwas unternehmen, könnte sie sterben..."

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Aigoo...!
Ich bin so ein Teufel, ich weiss xD. So lange habt ihr gewartet und dann mach ich so nen Cliffhanger! Aber das musste sein. Weil sonst wäre dss Chap wieder viiiiieeeel zu lang gewesen und joa.
Liebe Trinity282 ich hoffe, dass du glücklich bist xD. Sorry, dass es so lange gedauert hat ;O;
Ich hatte so viele Arbeiten und dauernd war was los mit Bewerbungen und BlaBlaBla...! Ich versuche, das nächste Kapitel schneller zu schreiben!
Aber versprechen, kann ich leider nichts T-T

Danke, für euren Support, des macht mich echt mega glücklich - zu sehen, dass meine Noragami FF so gut ankommt...da fällt mir ein Stein vom Herzen!♡

Bei Fragen oder Wünschen oder einfach nur Kritik oder so, einfach kommentieren. Hinterlasst ein Sternchen, wenn es euch gefallen hat :)

Yasii-chaaan :3

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