5. Planänderung

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Sie schauten sich an und im nächsten Moment unterbrach ein lautes Heulen ihre Innigkeit. Wieder umgriff En Cass und flog mit ihr zügig die restlichen Stufen hinauf. Sie liefen in den Thronsaal. Der König saß jaulend auf dem Fußboden, neben ihm lagen Federn.

„Sie fallen alle aus! Es ist zum Heulen! Oh, En'Ok. Wie schön. Und das Menschenweibchen. Ziemlich klein für einen Krieger..."

Er musterte Cass abschätzig. Sie spürte, wie in ihr die Wut hochstieg. Ja, diese Wespe war häßlich. Der König war völlig unförmig. Sein Kopf war viel zu groß, die Schuppen darauf waren von einer weißlichen Schicht umgeben, die in der Sonne glänzte. Er roch ranzig. Cass rümpfte die Nase. En stieß sie an und sie machte schnell eine Verbeugung, obwohl es merkwürdig war, da der König ja am Boden saß.

„Eure Hoheit, es freut mich, euch kennen zu lernen. Ich habe schon viel von euch gehört." lächelte Cass.

„Und ich von dir, Menschlein. Du wirst deine Schwester finden, nicht wahr? Ich hoffe, sie ist unversehrt." seufzte er verzweifelt und Cass fragte sich, warum ihm soviel daran lag.

„Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um sie zu finden." antwortete sie. „Sie war eine Freundin."

Der König nickte.

„En'Ok, ich muss mit dir alleine sprechen."

Ihr großer Freund schüttelte den Kopf.

„Es tut mir leid, König Hel' Ku. Ich werde den Lieutenant nicht aus den Augen lassen. Nicht, dass auch sie gekidnappt wird."

„Hier im Schloß ist sie doch sicher!"

Doch En brummte:

„Man ist nirgendwo sicher. Mein König, wir haben heute noch viel vor. Sage es mir jetzt, oder es muss bis nach dem Fall warten."

Der König seufzte und erhob sich vom Boden. Er war breit, aber nicht muskulös, wie En, sondern trug eine Fettschürze vor sich her. Unter seinem gold- bestickten Gewand rieselten weiße Flocken heraus, als er zu seinem Thron lief.

„Schau dir das Elend an. Ich mache es nicht mehr lange..." jaulte er. „Und ich will ehrlich zu dir sein."

Er setzte sich und guckte En an. Cass starrte auf die Spur an weißen Flocken, die nun durch die Gegend wirbelten. Sie trat instinktiv einen Schritt zurück, obwohl das Zeug nicht mal in ihrer Nähe war. Der König fuhr fort:

„Ich müßte langsam abdanken und die letzten dreißig oder vierzig Jahre im Paradies verbringen. Aber wer soll mein Nachfolger werden? Mein Bruder ist von... Menschen getötet worden. Du wärst ein guter König, En'Ok, besitzt aber nicht den Status. Und dann ist da noch Ma'Ku, mein liebes Schwesterchen. Sie lauert auf den Thron, denn sie ist scharf darauf, alles, was wir kennen, zu verändern. Die Brutstätten abschaffen und dafür sorgen, dass auch Männchen auf die Eier aufpassen. Furchtbar! Und sie will, dass wir Männchen entscheiden können, ob wir Soldaten werden oder lieber auf den Feldern arbeiten! Grauenhafte Vorstellung."

Cass grinste. Sie würde Ma'Ku sofort wählen! Als hätte sie ihren Namen gehört, betrat eine große Malarog den Thronsaal. Sie blickte Cass scharf aus ihren schwarzen Augen an. Ihr Kleid war wunderschön, fand Cass, und für eine Wespe sah sie hübsch aus. Cass schmunzelte innerlich, weil sie En's Worte wiederholt hatte.

„En!" hauchte die Malarog.

Die beiden Außerirdischen legten ihre Stirn aneinander, der übliche Gruß zwischen freundschaftlich verbundenen Malarog. Cass spürte einen leichten Anflug von Eifersucht. Wie, bitte? Soweit war es schon?

„Prinzessin Ma'Ku. Wie ich gehört habe, konntest du deinen Bruder gestern nicht begleiten?" fragte En.

„Nein, ich hatte im Süden zu tun, dort haben einige Tui einen Aufstand geprobt. Ich musste sie einsperren lassen, jetzt ist König Targos natürlich sauer. Ich hätte dich gerne dabei gehabt, wenn ich nachher zu den Verhandlungen fliege, aber du hast ja einen Geheimauftrag." seufzte sie genervt.

Die AnderenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt