den Rufen folgen

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Wenn man ein Herz auseinander riss, konnte man es nicht mehr zusammenfügen.

Roxannes Herz war aber niemals zerrissen worden. Es war gebrochen, zerschmettert und auf dem Boden zerquetscht worden.

Und es war dort einfach liegen geblieben.

Erstickt.
Sie wagte es kaum zu atmen, um den Schmerz nicht zu spüren.

Es war der Tag nach dem Tag, der ihr alles genommen hatte.
Sie wusste nicht mehr, wie sie nachhause gekommen war, aber sie war in ihrem Bett aufgewacht und lag nun dort - seit Stunden unbewegt und starrte an die Decke.

Herzen konnten nicht sprechen. Aber wäre Roxannes Herz dazu in der Lage, so würde es schreien.

Sie hatte versucht den Schmerz zu betäuben. Aber weder der Whiskey, noch der Gin half.
Sie hatte ihren Kopf immer wieder gegen die Wand gehauen. Solange, bis das Blut ihre Haare färbte.

Nichts betäubte. Nichts rettete sie vor Tristans letzten Blick.
Und sie konnte nicht einmal eine Träne darüber vergießen.

Am zweiten Tag erhob sie sich das erste Mal aus dem Bett.
Roxanne war schon immer schwach gewesen, aber nun war sie nichts mehr als ein Stück Knochen mit etwas Haut.

Und sie wollte nicht mehr essen. Denn sie wollte endlich in die Hölle, von der Tristan gesprochen hatte.

Der Schuss, sie konnte ihn immer noch hören. Wie ein Ton, der ihr Leben zerstörte, zischte er durch ihren Kopf.
Das war kein Leben mehr, es war vor sich hin vegetieren.

Warten.
Warten bis das eigene Herz endlich zeriss.

Aber dieses dumme Herz wollte einfach nicht.

Roxanne starrte in den Spiegel. Sie spürte die kalten Fliesen nicht unter den nackten Zehen.
Die bleiche Haut überspannte ihren Schädel, die dunklen Augenringe zeugten von schlaflosen Nächten.

Und diese verdammten roten Haare, die er so geliebt hatte.

Feuerhaar
Er war so durchschaubar gewesen. Zumindenst was dies betraf.

Die Hölle war so nah.
Da war der Impuls.

Roxanne griff die Schere, die auf der Ablage lag. Mit zitternden Händen hielt sie sie in den knochigen Fingern.

Beende es

Und Roxanne setzte die Schere an. Die Hölle war so verdammt nah.
Die roten Strähnen schwebten leise zu Boden.

Lautlos, sorglos. Wie Federn, die von Blut getränkt worden waren.
In diesem Moment merkte Roxanne die Feuchtigkeit an ihren Augen.
Sie weinte.

Ja, sie weinte und es fühlte sich gut an.
Der Morgen brach an. Neue Sorgen kamen, aber Roxanne fühlte sich das erste Mal seitdem Ivan Tristan das Herz zerschossen hatte, dass sie noch am Leben war.

Sie weinte, weinte.

Bis der Horizont in lila, gelb und blau leuchtete.
Die Schere fiel zu Boden. Überall lagen die roten Strähnen, die er so gerne um seine Finger gezwirbelt hatte.

Befreiung.

Aus einem Tagtraum, der niemals wieder existieren würde.

Roxanne kauerte auf den kalten Fliesen und sah hinaus. Der Himmel war so schön.
Wie die junge Liebe, die niemals zerschossen worden war.

Die Hymne der AussteigerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt