Torn Princess

Viertes Kapitel

Sie sah genauso bezaubernd aus, wie zu ihren Lebzeiten. Ihre blonden Haare waren gelockt und zu einem lockeren Zopf geflochten worden. Auf den geschlossenen Augen hatte man ihr natürlich aussehenden Lidschatten aufgetragen, der perfekt mit ihren leicht roten Lippen harmonierte.

Mein Blick wanderte zu dem Kleid, das sie trug. Es war wunderschön blau und trägerlos. Von ihrer rechten Taille verliefen silberne Steinchen in Linien in alle Richtungen, bis zu ihrer Brust und fast bis zum unteren Rand des bodenlangen Kleides. Es war recht eng, aber doch etwas aufgeplustert. Um den Hals meiner Mutter hing eine ebenso silberne Kette mit glänzenden Perlen. Dazu hatte man ihr passende Ohrringe angelegt.

Ein Schluchzen entfuhr mir, als ich mich erinnerte, wie oft Celine dieses Outfit getragen hatte. Mindestens einmal die Woche hatte ich es an ihr gesehen. Und nun trug sie es zu ihrer Beerdigung.

„Das alles tut mir schrecklich leid. Ich wünschte, ich hätte mehr für dich tun können", flüsterte ich und beugte mich vor, bis meine Wange, die die meiner Mutter berührte, und mein Mund vor ihrem Ohr lag. „Ich vermisse dich." Eine Träne rann mir über die Wange und blieb an meiner Mutter hängen. Nun sah es so aus, als würde sie weinen. Irgendwie beruhigte mich der Anblick und ich küsste Celine zum letzten Mal auf die Wange, bevor ich mir an die Hand fasste und einen Ring von meinem Ringfinger zog.

Der Ring war silbern mit einem zartgrünen Stein in seiner Mitte, der von kleineren ebenfalls silbernen Steinchen umrandet wurde. Mutter schenkte mir den Ring zu meinem sechzehnten Geburtstag vor etwa zehn Monaten. Sie sagte, er habe vorher ihrer Mutter gehört und er wäre ein Familienerbstück. Doch da sie nun nicht mehr bei mir war, konnte ich den Anblick des Schmuckstückes nicht mehr ertragen und nahm Mutters Finger in meine Hand. Dann schob ich ihr den Ring auf den Finger und legte ihre Hand wieder auf ihren Bauch.

„Ich liebe dich", stieß ich hervor und trat zurück, wobei ich den Blick abwendete, um nicht zu weinen. Lucas nahm meine Hand und drückte sie kurz. Dann stellte er sich vor den Sarg und verabschiedete sich von Celine. Er legte ihr die weiße Rose in die Hände, allerdings achtete er dabei sorgfältig darauf, nicht den Ring zu berühren.

Nach gefühlten Stunden ließ auch Lucas den Sarg hinter sich und wir schritten die Treppen hinunter. Mit jedem Schritt, den ich mich von meiner Mutter entfernte, ging es mir schlechter und ich fühlte mich immer einsamer.

Als wir uns wieder in die Menge gestellt hatten, drückte ich mich fest an Lucas, mit der Hoffnung, dass er den Schmerz lindern konnte, der mein Herz zu erdrücken drohte. Der Prinz nahm meine Hand und verschränkte seine Finger mit meinen. Dankbar ließ ich es geschehen und versuchte mich nur auf seine kalten Hände zu konzentrieren, die mich festhielten. Zunächst funktionierte das auch und ich spürte, wie mein Herz sich langsam leichter anfühlte, bis mein Blick sich mit dem von Barbie traf. Sie stand direkt neben Dean und starrte unsere Hände an. Dann glitt ihr wütender Blick zu meinem Gesicht und ich erkannte klar und deutlich den Verrat, den sie in sich spürte.

Augenblicklich schaltete sich mein schlechtes Gewissen ein und ich löste meine Hand von Lucas. Dabei trat ich einen Schritt zur Seite. Barbie hatte schon vor langer Zeit ein Auge auf den Prinzen geworfen. Dieser war sichtlich total verwirrt. Er schaute mich an und versuchte meine Aufmerksamkeit zu erlangen, doch ich konnte meinen Blick nicht von Barbie abwenden.

Sie trat einen Schritt zu Dean und flüsterte ihm etwas ins Ohr, was meinen Bruder kurz schmunzeln ließ. Hatte meine beste Freundin gerade meinen Bruder angemacht?

Barbie legte ihre Hand auf Dean's Arm und redete mit ihm. Ein Stechen durchfuhr mein Herz und ich war kurz davor, zu ihr zu stürmen und sie so zu schlagen, dass ihre verlogene Nase blutete. Mir war früher schon aufgefallen, dass Selena mit mir spielte, doch so gemein und taktlos war sie noch nie gewesen. Wie, um Himmels Willen, konnte sie es wagen auf der Beerdigung meiner Mutter mit meinem Bruder zu flirten?