Genau in diesem Moment spürte ich, beobachtet zu werden und schaute nach rechts. Vater schaute mich zufrieden an und hob anerkennend sein Glas. Sofort verflogen jegliche Empfindungen und ich spürte nur noch Angst. Was würde Vater tun, wenn David mich nach einer Zeit nicht mehr mochte? Sein Ausbruch wegen des heutigen Balls hatte meine Meinung gegenüber ihm noch mehr verschlechtert, als es der Vorfall mit dem Mango-Eis-Mann schon getan hatte.
Ich riss meine Hand von David los und machte auf dem Absatz kehrt. Schnell ging ich zum Buffet und stellte mich unauffällig neben die Statue von Nyx, der griechischen Göttin der Nacht. Eine Weile starrte ich einfach nur gedankenverloren auf die Tanzfläche. Doch als die schweren Türen des Ballsaals aufgingen, hob ich den Blick. Als Erstes fiel dieser auf eine junge Frau. Ihre rot-blonden Haare fielen ihr über die Schultern bis auf ihr violettes Kleid. Sie bewegte sich so anmutig, dass man glatt hätte vermuten können, dass sie aus dem Himmel stammte. Ihr Blick scannte die Menge und ich hielt die Luft an. Dann raffte sie ihr Kleid und ging zu Vater. Sie knickste vor ihm und bedankte sich scheinbar für die Einladung.
Erst als jemand mich mit meinem Namen ansprach, merkte ich, dass Lydia nicht allein gekommen war. Neben mir stand Lucas und lächelte. Er nahm meine Hand und küsste sie federleicht, während ich knickste. „Ihre Schwester sieht fantastisch aus." Ich konnte meinen Blick nicht mehr von ihr losreißen. Sie sah so perfekt und wunderschön aus. Sehnsüchtig versuchte mein Herz aus meiner Brust auszubrechen und ich presste meine Hand auf die Stelle, um es zurückzuhalten. Lucas nickte und schaute sie ebenfalls an. „Sie wird eine gute Königin." Er hatte keine Zweifel daran. Ich seufzte und wandte mich ihm zu, um ihn zu mustern. Er trug einen schwarzen Anzug mit einer hellroten Krawatte, die ganz ordentlich unter seinem Jackett steckte.
„Aber Sie wären auch ein guter König geworden." Lucas schnaubte. „Da sollten Sie sich nicht so sicher sein", murmelte er. Ich zog eine Braue hoch, aber fragte nicht nach.
„Prinz Lucas, ich wollte mich ordentlich bei Ihnen bedanken. Sie waren bei der Zeremonie vor ein paar Wochen eine sehr große Stütze für mich!" Er nickte und ich redete weiter: „Entschuldigen wollte ich mich auch bei Ihnen – für den vollgeweinten Anzug. Wenn Sie einen neuen brauchen, komme ich selbstverständlich für die Rechnung auf." Jetzt lachte Lucas und legte dann seine Hände auf meine nackten Schultern. Er war warm.
„Ich würde es wieder für Sie tun. Wenn Sie wieder ein Taschentuch benötigen, bin ich Ihr Mann." Ich lachte und legte meine Hand auf seine. Dann nahm ich seine Hand von meiner Schulter und ließ sie los. Prinz David oder Vater könnten uns beobachten.
Prinz Lucas zog scharf die Luft ein und senkte den Blick. Er merkte, dass er etwas zu weit gegangen war und ich hatte das Bedürfnis mich zu rechtfertigen. Ein Seufzen entschlüpfte mir.
„Sie wissen um die Lage zwischen zwischen Schweden, Lundra, Termla und uns, Kiral, Bescheid?", fragte ich. Lucas nickte und ich konnte ihn schlucken sehen.
„Im Falle eines Krieges benötigt mein Land, sprich Kiral, die Unterstützung Schwedens." Er schien zu verstehen. „Eine Hochzeit. Von Ihnen und dem Prinzen Schwedens David, nicht?"
Ich nickte. „Ihre Geste war bestimmt nur freundschaftlich gemeint, aber Vater würde es falsch verstehen. Verstehen Sie mich?" „Natürlich. Es tut mir aufrichtig leid und selbstverständlich war diese Geste von freundschaftlichem Hintergrund." Erleichtert seufzte ich und schaute mich wieder im Saal um. Vater scannte mit seinem Blick den Raum und ich konnte mir denken, wen er suchte. Nach ein paar Augenblicken begann er durch die Menge zu stolzieren und ich straffte augenblicklich die Schultern. Wenn ich jetzt loslaufen würde, könnte ich die Tür noch erreichen, bevor Vater mich sah. Das würde die ängstliche, verzogene Prinzessin tun, aber die wollte ich nicht sein, und so trat ich aus dem Schatten der Statue hervor.
„Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen?" Prinz Lucas suchte meinen Blick.
„Ja, natürlich", sagte ich. Er nickte. „Wie geht es Ihnen?" Ich war drauf und dran einfach 'gut' zu sagen, aber etwas an seinem aufrichtigen Blick ließ mir die Lüge nicht über die Lippen kommen. Ich hatte das Gefühl, er sorgte sich tatsächlich um meinen Gefühlszustand.
Genau in dem Moment, in dem ich ihm ehrlich antworten wollte, spürte ich einen Blick auf meinem Rücken. Vater.
„Heather." Ich drehte mich zu ihm um. Er hatte eine undurchschaubare Miene aufgelegt, die Angst in mir aufkeimen ließ. Entschuldigend schaute ich Prinz Lucas an und trat zu Vater.
„Wie ich sehe, hast du Prinz David schon kennengelernt. Sehr gut. Wie findet er dich?"
„Ich weiß es nicht. Aber Vater, das spielt doch keine Rolle, nicht wahr? Das ist eine politische Ehe und Sympathie ist unwichtig."
Er lief wieder rot an. „Wenn er Sympathie für dich hegt, besteht nicht die Gefahr, dass diese Ehe nicht stattfindet oder endet", erklärte er wütend. Ich senkte den Kopf und nickte. Er schnaubte kurz und stolzierte dann davon.
Erleichtert atmete ich aus und suchte den Raum nach Prinz David ab. Seine atemberaubenden Augen blitzten mich vom anderen Ende des Saals aus an und ich lächelte ihm schüchtern zu. Er verstand das Zeichen und kam auf mich zu.
„Ich bin gekommen, um mich weiter anstarren zu lassen", begann er das Gespräch, „und mich zu entschuldigen, dass ich nicht wusste, wer Sie sind." „Das ist doch kein Grund für eine Entschuldigung. Wenigstens können Sie sich jetzt schon auf die Hochzeit freuen." Wir zuckten gleichzeitig zusammen und ich musste lachen. Es war uns beiden unangenehm darüber zu sprechen, aber wir mussten, wenn das funktionieren sollte, offen zueinander sein. Als Prinz David auch anfing zu lachen, war der Damm gebrochen.
„Ich schätze, ich bin nicht der unglücklichste Zwangsverheiratete", bemerkte er, nachdem wir wieder normal atmeten. Ich nickte zustimmend, wobei mein Blick auf den Buffettisch fiel. Ich wollte mir vorhin einen Cupcake holen. „Kommen Sie mit zum Buffet?" „Aber selbstverständlich. Ich lasse doch nicht zu, dass Sie das ganze Gebäck allein vernaschen." Gespielt beleidigt schaute ich ihn an. Dann setzten wir uns in Bewegung.
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Torn Princess
RomanceHeather ist die Prinzessin eines Landes, das durch einen bevorstehenden Krieges droht zerstört zu werden. Als ein schrecklicher Todesfall ihr Leben erschüttert, fordert ihr Vater einen hohen Tribut von ihr. Sie soll verheiratet werden. Nicht nur ihr...