Vor dem Festsaal blieben wir stehen. Dean strich seinen Anzug glatt und ich plüschte mein Kleid ein wenig auf. Dann richtete Dean meine Kette und nahm mein Gesicht zwischen seine Hände. „Du siehst bezaubernd aus", sprach er mir zu und nahm eine lose Haarsträhne zwischen seine Finger. Er zog sie lang, aber sie kräuselte sich und befand sich wieder an ihrer alten Position. „Wenn etwas ist, gib mir ein Zeichen. Ich hol dich da schon irgendwie raus." Er lächelte mir aufmunternd zu und ich war ihm in dem Moment so unglaublich dankbar dafür, dass er der beste Bruder der Welt war, sodass ich ihn umarmte und ihn nie wieder loslassen wollte. Aber nach etwa einer Minute löste ich mich von ihm, um Kira's Kunstwerk nicht zu zerstören. Ein allerletztes Mal richtete ich die Kette und dann öffnete Dean mit meiner Hand auf seinem Arm die Tür.
Die Musik, die meine Laune sofort aufhellte, drang in meine Ohren und ich atmete tief durch. Dann schritt ich durch die Tür und zog Dean neben mir her. Alle Augen richteten sich auf mich und ich wurde noch nervöser. So schnell wie höflich möglich ging ich die Treppe hinunter und ließ mich von Dean zu Vater führen. Dieser trug einen dunkelblauen Anzug und hatte seine grau-braunen Haare nach hinten gegelt. Als er uns erblickte, unterbrach er das Gespräch mit König Lennard von Schweden. Sein Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.
„Heather, was trägst du da?" Oh ja, er war wütend.
„Das ist... mein Kleid." Vater sah nicht begeistert aus und so fügte ich noch hinzu: „Ich fühle mich darin wohl und ich glaube, so werde ich Prinz David besser gefallen." Diese Antwort brachte ihn zum Überlegen und der Knoten in meinem Hals löste sich ein wenig. „Wehe, nicht!", knurrte Vater noch und wandte sich dann von uns ab. Dean drückte meine Hand und entfernte sich zu Nela, der Nichte der Königin von Lundra, sprich Lucas' Cousine. Sie trug ein violettes Kleid, das ihre stark gebräunte Hautfarbe zur Geltung brachte und ihre braunen Augen süßer wirken ließ.
Ich ließ meinen Blick durch die Ansammlung von Menschen schweifen und suchte nach Lucas. Er würde hier auch irgendwo sein. Doch leider fand ich ihn nicht, dafür verhakte sich mein Blick beim Buffet, wo ein paar Kuchenhalter mit Cupcakes standen. Beim bloßen Anblick lief mir das Wasser im Mund zusammen und meine Beine trugen mich ganz automatisch zu den Leckereien. Schon von Weitem konnte ich den Schokoladenteig riechen und beschleunigte meine Schritte. Da ich auf die Cupcakes fokussiert war, rempelte ich jemanden an.
„Oh, Verzeihung." Ich schaute zu der Person. Sein braunes Haar fiel zur Seite als er sich zu mir umdrehte. „Eher David." Er lächelte und fesselte meine Augen mit den seinen. Ich hatte noch nie so viele Farben in einem Augenpaar gesehen. Er hatte hellgrüne Augen mit orangenen Punkten in der Nähe der Pupillen und in seinem rechten Augen war ein braun-blauer Streifen, der aussah, als hätte jemand einen kleinen Becher Farbe ausgekippt, der nun in sein Auge lief. In diesem Moment fragte ich mich was er von meinen Augen hielt. Bestimmt nicht viel. Auf keinen Fall viel. Niemand mit solchen außergewöhnlich schönen Augen mochte solche langweiligen eisblauen Augen wie ich sie hatte. „Haben Sie mich absichtlich angerempelt, um mich anzuschauen?" Er klang amüsiert und wartete auf eine Antwort. Doch mein Gehirn arbeitete nicht mehr als mein Blick zu seinen Lippen glitt. Es waren geschwungene volle Lippen, die auf jeden Fall zum Küssen einluden. Niemals vorher hatte ich solche Lippen gesehen. Nicht mal die von Jensen Ackles oder Ed Westwick konnten da mithalten. „Anscheinend stimmt Letzteres. Sie können gerne weitermachen. Allerdings sollten Sie beachten, dass Ihr Bruder gerade zu uns kommt." Sein Grinsen wurde breiter und ich wirbelte schlagartig herum. Tatsächlich kam Dean langsam auf uns zu. „Alles gut hier?", fragte er, als er bei uns angekommen war und musterte Prinz David argwöhnisch. Ich drehte mich wieder zum Prinzen um und wurde rot, weil er immer noch grinste. „Äh. Ja... alles bestens." Meine Stimme zitterte und ich ermahnte mich innerlich selbstbewusst zu wirken. Ich räusperte mich kurz und sah meinem Bruder direkt in die Augen. „Wir unterhalten uns nur."
„Also unterhalten ist was anderes. Anstarren Ihrerseits trifft es, denke ich, eher." Schon wieder wurde ich rot, was mir ein Schmunzeln von Dean einbrachte. „Dann sollte ich wohl lieber schnell gehen und Ihre Aufmerksamkeit nicht auf mich ziehen." Er zwinkerte mir zu und ging zum Buffet. Mir fiel ein, dass ich mir eigentlich Cupcakes holen wollte.
„Woher wussten Sie, dass er mein Bruder ist?", fragte ich stattdessen und drehte mich wieder zu Prinz David. „Weil er so brüderlich aussah", meinte er einfach und grinste weiter. Ich kniff kurz die Augen zusammen, um zu prüfen, ob er es ernst meinte. Nichts Verdächtiges. „Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Nein, ich bin nicht absichtlich in Sie hineingelaufen, um Sie anzustarren. Ich wollte mir einen Cupcake holen."
„Und da dachten Sie, dass ich einer wäre?" Ich schnaubte. Wenn ich Sie früher gesehen hätte, auf jeden Fall. „Nein. Ich war sehr angetan von dem Gebäck und wollte es schnell erreichen", erklärte ich, woraufhin Davids Grinsen zu einem Lächeln wurde. „Keine schlechte Ausrede eigentlich." Ich wollte ihm eine reinhauen, doch stattdessen nickte ich und lächelte verschwörerisch.
„Na dann gehe ich mal lieber."
Ich war schon ein paar Schritte gelaufen, als Prinz David mir vorsichtig eine Hand auf den Arm legte und mich zu sich umdrehte. „Darf ich Ihren Namen erfahren?", fragte er. Ich lachte kurz auf. Den wusste er nicht? Schlecht die Hausaufgaben erledigt. „Sollen Sie nicht bald verheiratet werden?" Davids Blick verhärtete sich kurz, was mir einen scharfen Stich ins Herz versetzte.
„Ja. Das soll ich aber für Träume ist es doch nie zu spät, oder?" Er legte den Kopf schief und ich hätte heulen können, weil er so süß aussah. „Ich bin Ihr Traum?", hakte ich nach. Er kannte mich doch gar nicht. „Vielleicht", meinte er. Mist, ich musste ihm sagen wer ich war. Aber dann würde ich doch alles kaputt machen. Alles. Ich lachte innerlich. Wir hatten ja schon so viel erlebt. Sarkasmus aus. Nein. Blöde Wahrheit!
„Sie werden enttäuscht sein, wenn Sie wissen wer ich bin." „Ach, damit kann ich leben." Sein Kopf war wieder grade und ich vermisste den schiefen jetzt schon. „Ich bin Heather." Zischend zog Prinz David die Luft ein und nahm seine Hand von meinem Arm. Die hatte dort immer noch gelegen? Gespannt wartete ich auf eine Reaktion. Seine Miene war unleserlich und ich wollte schon abhauen. Doch dann lächelte er breit. „Sehr schön Sie kennenzulernen." Er nahm meine Hand und küsste sie förmlich, woraufhin ich erleichtert seufzte und leicht knickste.
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Torn Princess
RomanceHeather ist die Prinzessin eines Landes, das durch einen bevorstehenden Krieges droht zerstört zu werden. Als ein schrecklicher Todesfall ihr Leben erschüttert, fordert ihr Vater einen hohen Tribut von ihr. Sie soll verheiratet werden. Nicht nur ihr...