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Violett's Sicht:
"Du kannst dich also an die letzten Tage nicht erinnern?", fragte Damon jetzt wahrscheinlich schon zum hundertsten Mal.

"Wie oft denn noch? Ich kann mich vor dem Krankenhaus an nichts mehr erinnern!", fuhr ich ihn mittlerweile etwas entnervt an.

"Krankenhaus? Davon höre ich zum ersten Mal."

Ich sah ihn völlig entgeistert an. Was war ich nur für ein Vollidiot? Warum hab ich das gesagt? Ich wusste doch selbst nicht was wirklich passiert war und es würde in jedem Fall kein sonderlicher Vorteil sein, wenn Damon es vor mir herausfinden würde.

"Das wolltest du wohl gar nicht erzählen!", stellte Damon lachend fest.

" Jaja haben Sie  toll gemacht, kann ich jetzt endlich gehen?", fragte ich genervt.

" Das nicht aber ich weis wohin ich morgen gehe! ", sagte er lächelnd.

Ich starrte ihn wütend an, wandte meinen Blick aber ab als er in schallendes Gelächter ausbrach. Ich überlegte fiebernd wie ich es aus dem Motel schaffe könnte, doch die guten Einfälle hielten sich in Grenzen. Ich beschloss also es für heute dabei zu belassen und versuchte eine angenehme Position zu erreichen in der ich schlafen können würde und tatsächlich war die kleine Ecke gar nicht so unbequem wie ich es erwartet hatte. Damons Gelächter war einstweilen verklungen und ich lies meine Augen langsam zufallen.

" Du willst also wirklich lieber auf dem Boden schlafen, als im Bett?",  fragte er immer noch amüsiert.

"Ist das nicht offensichtlich?", raunte ich im Halbschlaf. Sein leises, kehliges Lachen war das letzte was ich hörte bevor ich in einen traumlosen Schlaf fiel.

Ich schreckte hoch als ich eine Bewegung in meinem Rücken spürte und versuchte in dem dunklen Zimmer etwas zu erkennen. Im Handumdrehen fand ich mich auf Damons Armen wieder. Ich wehrte mich, so gut es mir im Halbschlaf eben möglich war, doch was ich auch tat es schien keinerlei Effekt auf Damon zu haben. Er legte mich seelenruhig auf etwas weichem, vermutlich dem Bett, ab und legte eine Decke über mich.

"Lass mich, Damon!", murmelte ich, unfähig mich der verführerischen Versuchung erholsamen Schlafes zu erwehren.

"Schlaf weiter! Ich tu dir schon nichts", säuselte Damon's leise Stimme an meinem Ohr und tatsächlich war das warme, wohlige Gefühl, des weichen Bettes, verlockend genug, mich ins Land der Träume zurück zu befördern.

Als ich das nächste Mal aufwachte, weckten mich warme Sonnenstahlen, die mich an der Nase kitzelten. Ich blinzelte widerwillig und zog mir eines der Kissen über den Kopf. Ich drehte mich eine Weile unruhig hin und her und beschloss schließlich doch aufzustehen. Ich setzte mich auf die Bettkante und rieb mir den Schlaf aus den Augen, während ich mir überlegte was meine Mutter heute wohl zum Frühstück machen würde. Erst als ich mich schließlich umsah und das schlichte Motelzimmer erkannte fiel mir wieder ein, dass ich von meiner Mutter schwer weiter entfernt sein könnte. Auch, dass Damon eigentlich hier sein sollte, fiel mir nach ein paar Minuten wieder ein. Ich ging langsam in dem Raum umher und suchte nach ihm, doch er war nirgends zu entdecken. Hatte er mich wirklich alleine gelassen? War er wirklich dumm genug zu glauben, ich würde hier auf ihn warten wenn er zurück kommt?
Ich beschloss die Chance zu nutzen. Die sich mir bot, ging langsam zur Türe und legte mit einem Lächeln meine Hand auf die Klinke. Mein Lächeln erlosch jedoch schneller als gedacht, als sich mir offenbarte, dass Damon doch nicht so dumm war wie ich gehofft hatte. Natürlich hatte er abgeschlossen!
Ich suchte fieberhaft nach einer Möglichkeit das Zimmer zu verlassen, immerhin war die Zeit, die mir für dieses Unterfangen blieb begrenzt, als mir ein großes Fenster ins Auge fiel. Ich beeilte mich das Zimmer zu durchqueren, öffnete das Fenster und lehnte mich etwas nach draußen. Das Zimmer lag im zweiten Stock, was bedeutete, dass zwischen mir und dem Boden vielleicht fünf Meter lagen. Ich war noch nie sonderlich sportlich gewesen, dennoch erschien mir momentan alles besser als bei Damon zu bleiben, der mich vermutlich demnächst in seinem Keller versauern lassen würde. Vorsichtig stieg ich also auf einen Sessel, um mich langsam durch das Fenster zu hieven und schließlich auf einem schmalen Fensterbrett zum Stehen zu kommen.
Ich atmete tief ein und aus und starrte auf den Asphalt unter mir. Es war die einzige Möglichkeit Damon zu entkommen. Ich musste springen.
Während ich fiel, lief eigentlich alles ganz gut. Erst als ich aufkam bereute ich meine hirnrissige Idee. Ich konnte die Wucht meines Aufpralls nicht abfedern, knickte um und kam ungewollt hart
Am Boden auf. Ein deutlich hörbares Knacken war von meinem linken Knöchel ausgegangen, ein stechend, pulsierender Schmerz zog sich bis in mein Knie und ich konnte mir ein Stöhnen nicht verkneifen. An meinen Armen sowie meiner Stirn fanden sich einige Schürf und Risswunden. Ich hatte jedoch keine Zeit für Selbstmitleid. Ich musste hier weg und zwar am besten gestern.
Mühsam rappelte ich mich auf und versuchte vorsichtig mein Bein zu belasten, doch an gehen war gar nicht zu denken.
Ich lies meinen Blick suchend über den nur spärlich benutzten Parkplatz schweifen und mein Blick fiel auf einen dunkelblauen Volvo. Das Fenster der Fahrerseite war offen und wirkte einladend. Ich sah mich um und sah einen Mann, der an einem Geldautomaten, direkt neben dem Eingang des Motels, stand. -Vermutlich war er der Fahrer des Wagens- Es dauerte nicht lange, bis meine Entscheidung gefallen war. Ich beeilte mich also zu dem leer stehenden Wagen hinüber zu hüpfen, wobei ich den Mann am Geldautomaten nie aus den Augen lies, und so leise wie möglich die Fahrertüre zu öffnen. Der Schlüssel steckte. Offenbar war heute mein Glückstag.

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