Ich bin ein Monster!

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*Rose*

„Carl..." flüsterte ich ihm leise hinterher und blieb wie angewurzelt stehen. Was ist denn plötzlich mit ihm? Vor ein paar Minuten noch hätten wir uns fast geküsst und jetzt ließ er mich einfach stehen? Habe ich was falsch gemacht? Vielleicht war es ein Fehler, hierher zu kommen. Vielleicht hatten sich seine Gefühle geändert? Vielleicht fühlte er nicht mehr so, wie ich? Bei diesem Gedanken wurde mir schlecht. Doch ich musste wissen, was los ist. Ich konnte ihn nicht einfach gehen lassen. Ich habe ihn schon einmal fortgeschickt.

Mein Kopf pochte und schmerzte furchtbar. Mir war schlecht. In meinem Kopf arbeitete es die ganze Zeit. Was habe ich alles vergessen? Woran kann ich mich nicht erinnern? Aber das wichtigste, was war mit Carl? Ich musste ihn finden. Ich öffnete die Tür der Krankenstation und musste mehrmals blinzeln. Die Sonne blendete entsetzlich und eine drückende Hitze schlug mir entgegen.

„Wo willst du hin?" knurrte mich ein Mann an. Ich erkannte ihn. Er war damals auch dabei. Ich glaube, sein Name war Daryl.

„Ich muss Carl suchen..." flüsterte ich leise und lief langsam los. Meine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an. Ich hatte keine Ahnung, wo ich hier war. Hatte keinen blassen Schimmer, wo ich suchen sollte. Er konnte überall sein. Verzweifelt sah ich mich um, als meine Beine nachgaben. Einfach wie Gummi nachgaben und ich drohte, auf die Straße zu fallen. Doch soweit kam es nicht.

„Du gehörst ins Bett!" knurrte Daryl mich an, als er mich mit Leichtigkeit auf seine Arme hochhob.

„Nein! Erst muss ich Carl finden! Bitte!" flehte ich ihn leise an. Vorsichtig legte ich meine Arme um seinen Hals, dass er mich besser tragen konnte. Es war mir verdammt unangenehm. Und am liebsten hätte ich ihn gebeten, mich abzusetzen. Aber ich wusste auch, dass ich alleine nicht weit kommen würde. Ich war auf seine Hilfe angewiesen.

„Weiber!" knurrte er und lief mit mir auf dem Arm los. Neugierig und suchend schaute ich mich um. Es war unglaublich schön und friedlich hier. Es waren wunderschöne Villen, die hier bewohnt waren. Grüne Rasenfläche. Blühende Blumen. Bäume voller saftiger grüner Blätter. Spielende Kinder. Wie ein Blitz durchzog es mich plötzlich. Sah einen kleinen Säugling vor meinen Augen. Er lag in einer altmodischen Wiege und schlief Seelig. Doch genauso schnell, wie dieses Bild da war, war es auch wieder weg. Verwirrt schüttelte ich unmerklich den Kopf und bereute es so gleich. Mein Kopf fühlte sich an, als würde er jeden Moment platzen.

Plötzlich erkannte ich Carl. Er saß mit den Rücken an einer hohen Mauer gelehnt und schaute sich irgendwas in seiner Hand an. Er sah auf und für einen Augenblick glaubte ich sowas wie Sorge in seinem Blick zu erkennen, dann wurde sein Blick undurchdringlich. Daryl setzte mich direkt neben Carl, ich bedankte mich und Daryl zog sich diskret zurück.

Ich sah auf Carl seine Hände. Er hielt das Passfoto von mir fest. Betrachtete es nachdenklich. Seine Hände zitterten leicht.

„Du bist so wunderschön" flüsterte er leise und strich sanft über das kleine Foto. „Du hast etwas Besseres verdient" hauchte er fasst tonlos. Unmerklich musste ich schlucken.

„Was meinst du damit?" erwiderte ich leise und sah ihn fragend an. Stur schaute er weiter auf das Bild in seinen Händen.

„Du weißt, was ich meine" erklärte er nun etwas bedrohlicher.

„Nein! Niemals! Für mich gibt es nichts Besseres als dich! Du bist das Beste für mich" erwiderte ich verzweifelt und aufgebracht.

„Das Beste? Schau mich doch an" nun sah er mir direkt ins Gesicht, „Ich bin ein Monster!". Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich registrierte, dass er seinen Verband um sein Auge meinte. Ich hockte mich genau vor ihm hin.

„Du bist kein Monster Carl" vorsichtig griff ich um seinen Kopf und löste den Knoten von seinem Verband. Entsetzt riss er seine Augen auf und wollte mich daran hindern. „Ich möchte es sehen! Ich möchte dich sehen!" erklärte ich ihm ausdrücklich und fing an, den Verband abzuwickeln. Sein Atem beschleunigte sich, sanft lächelte ich ihn an. Auch dann, als sein Verband komplett gelöst war. Schnell senkte er den Blick. Sanft legte ich mein Finger unter sein Kinn und hob sein Gesicht an. Schaute ihm direkt in die Augen.

„Du bist kein Monster! Du bist schön! Du bist so unglaublich schön. Für mich bist du das schönste und wundervollste auf dieser Welt" sanft und lächelnd gab ich ihm ein Kuss auf beide Augen. Umfasste sein Gesicht und sah ihm tief in die Augen. „Mein starker Cowboy. Jede Nacht habe ich von dir geträumt. Ich habe geträumt, dass ich meine Flügel ausgebreitet habe und zu dir geflogen bin. Dass ich dich hab vor mir stehen sehen. Dass du mir nah warst. So unglaublich nah. Dass du mich ganz festgehalten hast. Diese Vorstellung hat mich am Leben erhalten. Die Gedanken daran haben mich zu dir geführt. Nichts hat sich an meinen Gefühlen zu dir geändert Carl. Gar nichts. Du bedeutest mir so unglaublich viel. Ich liebe dich. Ich liebe dich genauso, wie du bist" flüsterte ich ihm eindringlich zu. Stumm lief ihm eine Träne die Wange herab. Sanft wischte ich sie ihm mit den Daumen weg.

„Ich liebe dich Rose" hauchte er rau und schloss die Lücke zwischen uns. Presste seine Lippen hart und verlangend auf meine. Ich schlang meine Arme um ihn, vergrub meine Hand in seine Haare und erwiderte den Kuss genauso. Ohne Vorwarnung griff er unter meine Arme und zog mich auf seinen Schoss. Erschrocken quietsche ich leise in den Kuss.

„Sorry" grinste er mich leicht an und legte die Arme um mich. Lächelnd gab ich ihm einen Kuss und kuschelte mich in seine Arme. Genoss die Nähe. Genoss die Wärme. Genoss das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Es ist, als wären wir nie getrennt gewesen. Erschöpft und müde schloss ich die Augen.

Wurde erst wieder wach, als ich etwas Weiches unter mir fühlte. Müde öffnete ich meine Augen und sah mich um. Ich lag in einem Jugendzimmer. Carl stand am Fenster und schaute hinaus. War das hier sein Zimmer? Eine Weile beobachtete ich ihn einfach nur. Konnte es immer noch nicht fassen, dass er hier bei mir war. Dass ich ihn gefunden habe. Es war schöner, als in jedem einzelnen meiner Träume. Konnte keine passenden Worte dafür finden.

„Hey. Du bist ja wach" holte er mich aus meinen Gedanken und lächelte mich an.

„Ich möchte kuscheln" erwiderte ich leise. Schmunzelnd legte er sich zu mir und ich kuschelte mich in seine Arme. Ließ meine Hand unter sein Shirt wandern und streichelte sanft seine Brust, während er meinen Rücken streichelte. So lange es ging, genoss ich diesen Augenblick, doch nur kurz danach war ich wieder eingeschlafen.

In den drei nächsten Tagen erholte ich mich zusehends. Die Kopfschmerzen waren verflogen und auch die Übelkeit blieb weg. Meine Erinnerungen allerdings auch. Ich konnte mich an nichts erinnern. Das machte mich noch wahnsinnig. Doch Carl wusste mich gut abzulenken. Er zeigte mir ganz Alexandria. Stellte mich jeden einzelnen vor. Die Leute waren nett und wirkten sehr sympathisch auf mich. Ich wurde gut von allen aufgenommen und ich fühlte mich sofort wohl hier.

Und doch. Irgendwas fehlte. Irgendetwas fühlte sich unvollständig an. Ich fühlte mich unvollständig. Als ob ein Teil von mir fehlen würde. Ein sehr wichtiger Teil von mir. Ein sehr großer Teil von mir. In meinem Herzen spürte ich Sehnsucht. Sie zog mich raus. Sie zog mich weg. Doch ich wusste nicht, wohin. Wusste nicht, was sie bedeuten sollte. Aber ich wollte hier doch gar nicht weg. Ich wollte hierbleiben. Ich wollte bei Carl bleiben. Bei dem Mann, den ich liebe. Bei dem Mann, dem mein Herz gehört. Bei dem Mann, der mich glücklich machte. Und doch fühlte es sich falsch an...

Bleib hier! (Carl Grimes, The walking dead FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt