Kapitel 1

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Vor genau 78 Stunden hat Georg unsere 2,5 jährige Beziehung beendet. Ich seufzte. Und hatte auf nichts Lust. Ich hatte seit dem gerade mal 2 trockene Brötchen runter gewürgt. Und etwas lauwarmes, ekelhaftes Wasser getrunken. Mein Handy vibrierte. Eine Nachricht von Malena, meiner besten Freundin. Hey, Rotschopf, was geht? Ich hatte es ihr noch nicht erzählt. Ich wollte das persönlich machen. Hey Mali, hast du Zeit für mich? , antwortete ich. Also verabredeten wir uns in unserem Lieblingscafé an der Ecke, mit der extravaganten Einrichtung.
Ich raffte mich hoch, schlüpfte in meinen Lieblingspulli und zog eine herumliegende Jeans an. Meine Haare band ich zu einem einfachen Zopf, schminken tat ich mich nicht, dazu war ich zu faul.
Der kalte Wind blies in mein Gesicht.  Es tat erstaunlich gut. Die Blätter wehten umher, bunt gefärbt, in strahlenden Herbstfarben. Ja, ich liebte den Herbst.  Alles wirkte so frei, so unbeschwert, obwohl es das genaue Gegenteil war. Ich fühlte mich gefangen in mir selbst, schwach, aber Wind schien mich wachzurütteln. Wie eine angenehm kalte Dusche im Sommer. Es war warm für den Herbst,  um die 20°C. Ich genoss das Wetter und achtete nicht darauf, wo ich hinlief. Den Weg war ich schon tausendmal gegangen, also wusste ich, wohin ich hinmusste. Meine Playlist lief, mein Lieblingsong fing an. Der Regen von gestern lag noch in der Luft und ich sog diese in mich hinein. Ich fing an, zu lächeln und drehte mich einmal, zweimal, dreimal um mich selbst, bis ich jemanden anrempelte. Sofort nahm ich die Kopfhörer ab. "Ist... Ihnen..." Vor mir stand ein junger Mann, ca. 18 Jahre alt, mit schulterlangen, blonden Haaren. Er sah so aus, wie ein Gitarrist einer Boyband, zumindest hätte das sein können, da er eine Gitarre bei sich trug. Er winkte nur lächelnd ab. "Welches Lied hast du gehört, dass es dich so fasziniert hat und du mittanzen musstest?", fragte er stattdessen. Seine Stimme klang weich und wunderschön. "Ähm, also, ich..." Ich wurde ganz rot. "Das Lied heißt Kopfkino..." Ich lächelte,  er steckte mich einfach an. "Das kenn' ich gar nicht" Ich schüttelte den Kopf. "Es ist ziemlich unbekannt" "Vielleicht kann ich meine Band mal dazu bringen, es zu spielen. Apropos,  wir geben heute in der Stadt ein Konzert,  willst du vielleicht hinkommen?" Ich nickte. "Sehr gerne!", schoss es aus mir heraus. Er lachte. Seine Augen ruhten noch einen Moment auf mir, bis er weitersprach. "Sag einfach denen einfach am Eingang,  der Gitarrist hat dich geschickt" Er drückte mir einen Flyer in die Hand. Dann zwinkerte er mir zu und ging weiter, Richtung Club. "Warte! Wie heißt du?", rief ich ihm hinterher, doch er hörte mich nicht, zumindest drehte er sich nicht noch einmal um und
antwortete auch nicht. Ich seufzte.  Dann müsste ich mich wohl bis heute abend gedulden. "Hey, Rotschopf!" Ich drehte mich um. Mali stand da, in ihrer quietschgelben Jacke, nicht zu übersehen. "Hey! Es gibt viel zu erzählen!" Damit gingen wir beide ins Café und ich erzählte ihr alles. "Also du und Georg, ihr seit nicht mehr... zusammen?" Ich schüttelte den Kopf. "Und als ich hierher gekommen bin, ist mir auch etwas seltsames passiert. Ich habe einen Typen kennengelernt.  Er war ungefähr 18" "Sah er gut aus?" Sie grinste. "Ja, ich denke schon. Er hat mich zu einem Konzert eingeladen. Willst du vielleicht mitkommen? Ich will da nicht alleine hin..." Ihre Miene hellte sich auf, ich wusste, wie sehr sie Konzerte liebte. "Gerne!" Ich holte den Flyer raus. "Sagt dir diese Band etwas?" Ich schaute Mali an, sie kannte sich normalerweise mit unbekannten Bands und Musikern aus. Doch auch sie schien diese nicht zu kennen. "Purely Ocean Blue sagt mir nichts..." Sie schaute mich an. "Aber wir gehen hin! Du musst diesen unbekannten Schönen wiedersehen!" Ich lächelte traurig. "Aber ich bin erst 16! Wenn er 18 oder älter ist... dann habe ich keine Chancen! Außerdem, was ede ich da? Ich kenne ihn kaum!" Mali lachte. "Ist da jemand verliebt?" Ich schüttelte den Kopf. "Nein! Aber ja, wir gehen hin,  aber was soll ich anziehen?" Mali grinste. "Ein Glück, dass du die beste Freundin der Welt hast, die dir immer bei der Klamottenwahl hilft" Ich lachte. "Und die bescheindenste Freundin mit dazu"
Ich trank einen großen Schluck meines Früchtetees. "Ich bin aufgeregt", gestand ich zu.
Nachdem wir zu mir gelaufen waren, legten wir unsere Jacken und Taschen abgelegt hatten, riss ich meinen Kleiderschrank auf und kramte ein paar Klamotten heraus. "Das hier?" Mali schüttelte den Kopf. "Du musst etwas besonderes anziehen!", meinte sie knapp. Jetzt schubste sie mich zur Seite und kramte in meinem Schrank herum. "Hier..." Sie drückte mir Klamotten in die Hand, die ich ewig nicht getragen hatte: Ein enges, knielanges, schwarzes, langärmeliges Kleid, dazu schwarze Stiefel und eine Holojacke. Erstaunlicherweise sah es gut aus. Sie selbst suchte sich eine durchlöchert Jeans, dazu eine weiße, auffällige Blue und eine Lederjacke. Sie hilf mir noch bei Make-up und Haaren.
Ich schaute in den Spiegel und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht.  Ich war nervös. "Kommst du? Das Konzert beginnt in einer Stunde!"
Ich drehte mich zu meiner besten Freundin um. "Ich bin bereit", flüsterte ich.
Als ich aus dem Haus trat, merkte ich sofort, dass der Wind weg war. Dieses Gefühl von Freiheit auch. Mali drehte sich um, sie stand 3 Meter vor mir. "Kommst du dann?", fragte sie ungeduldig. Ich nickte ihr und folgte ihr schweigend, während sie sich Gedanken über die Band Purely Ocean Blue machte. "Was für Lieder die wohl spielen! Ich hoffe irgendwie, auf Popbaladen. Obwohl, nee. Das macht jeder. Vielleicht sind sie ja 'ne Heavy Metal Gruppe, hey, Katja, bist du anwesend?" "Was?" Ich hatte ihr kein bisschen zugehört. Sie lachte und schüttelte den Kopf. "Ach, nicht so wichtig. Alles okay?" Ich nickte. "Ich hab gerade so 'nen Ohrwurm von, warte wie hieß der gleich!? Der mit den roten Haaren, den du so magst?" Ich schaute sie an. "E...." "Ach ja! Bastian Schweinsteiger!" Ich lachte. "Ne. Der ist Fußballer, du meinst Ed Sheeran" Lachend kamen wir an dem Club an.
"Karten bitte?" Der Vorsteher füllte fast den ganzen Türrahmen mit seinen Muskeln.  "Ich, äh, sollte sagen, dass der... Gitarrist uns eingeladen hat...", gab ich leise von mir. "Bitte?" Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. "Der Gitarrist hat uns eingeladen!", rief ich nun fast, einige, die schon drinstanden drehten sich zu uns um, hinter uns wurden die Hälse gereckt.  "Also, wenn das so ist... Er wies uns den Weg in eine schäbige Tür. "Äh..." Er grinste. "Na, ihr geht Backstage!" "Ah, na klar! Das wussten wir doch, stimmt's, Katja? Wir machen immer solche Späße" Mali lachte verlegen und schob mich in die Tür rein, sie wurde hinter uns geschlossen. "Ich fasse es nicht, Rotschopf!  Wir! Backstage!" "Wir kennen diese Typen noch nicht einmal...", fing ich an, doch vor mir stand auf einmal wieder dieser junge Mann. Seine Haare verwuschelt wie vorhin, wundervoll blond. Seine grün-blauen Augen ruhten auf mir, ein Lächeln umspielte seine Lippen. Ich wurde gerade sicher knallrot, röter noch als mein Haar.  Doch das war mir egal, irgendwie war gerade alles egal für mich. Ich hätte stundenlang in diese wunderschönen Augen schauen, die dafür sorgten, dass sich die Welt um mich herum aufhörte zu drehen.

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