Kapitel 3

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Die Nacht konnte ich nicht sehr gut schlafen. Ich wachte aller zwei bis drei Stunden auf. Um drei Uhr machte ich das Licht an, schnappte mir meine Brille, von der keiner außer meinen Eltern und meinem großen Bruder wusste, und setzte diese auf. Ich atmete tief durch. Jetzt war ich mir nicht mehr so sicher, ob das jetzt real war, mit Purely Ocean Blue. Mit Mike. Ich schaute an mein Handgelenk. Dort trug ich immer noch so ein Armband, was man dort als eine Art Eintrittskarte bekommen hatte. Es war real gewesen. Dann schaute ich auf mein Handy. Ich wartete darauf, dass Mike mich anschrieb. Aber wieso sollte er auch? Er war nicht ganz meine Liga. Also schnappte ich mir mein Buch, ja ich war definitiv ein Nerd, und tauchte sofort in meine Lieblingsfantasywelt ein, in die Welt von Harry Potter.
Ich wusste nicht, wie lange ich gelesen hatte. Es wurde langsam wieder hell. Zum Glück waren gerade Ferien. Sonst hätte ich in die Schule gemusst. In meine Lieblingsklasse. Nicht. Mein Handy vibrierte. Eine Nachricht? Ja, eine Nachricht. Aber leider nur von Mali. Ich hatte jetzt echt keine Lust ihr zu antworten. Und meine Müdigkeit war auch wie weggeblasen.
Ich zog mich rasch an, warf mir meinen Mantel über und schnappte mir meine Tasche. Dann ging ich aus dem Haus.
Ich dachte über vieles nach. Über Georg. Über Mike. Über Mali. Ich seufzte. Mein Magen begann zu knurren und ich beschloss mir ein einfaches Brötchen beim Bäcker zu holen. Sobald ich dieses in meinen kalten Händen hielt, biss ich herzhaft hinein. Irgendwie hatte sich etwas verändert. Nicht der Geschmack dieses Brötchens. Etwas Größeres. Etwas, von dem ich selbst wahrscheinlich noch nichts wusste. Ich lief in Richtung Großer Park. Mein Lieblingsort, abgesehen von meinem Bett zuhause natürlich. Ich schlendere durch die langen Alleen, welche beidseitig gesäumt von zahlreichen Bäumen und Sträuchern waren. Die Blattfärbung war wunderschön und ich konnte nicht anders und machte aller paar Meter ein paar Bilder.
Viele meinten, ich sollte mal einen Blog eröffnen. Aber was sollte ich da schon rein schreiben? „Habe unbekannten Musiker getroffen, er schreibt mir nicht zurück" Ich musste lachen. Nein, das wäre nichts für mich.
Ich blieb an dem zentral gelegenem See im Park stehen, schaute ins Wasser und betrachtete mein Spiegelbild. Wow, ich sah echt schlecht aus heute. Ich hatte tiefe, fette Augenringe. Sah total müde aus. Eine Ente schwamm direkt durch mein Spiegelbild und kam an Land. Jetzt sah mein Spiegelbild unklar aus, war durchzogen von kleinen Wellen. ‚Wie es wohl wäre, so als Ente? Ob man da auch Liebeskummer hätte?', fuhr es mir durch den Kopf. Wer weiß. Ich bin ja keine Ente.
Ich lief weiter, dort hin, wo mich meine Beine hintrugen. Ein eigenartiges Gefühl kam in mir hoch. Ich konnte es selbst nicht zuordnen; irgendwie war es eine Mischung zwischen Glück, Trauer, Wut, Neugier und auch irgendwie Angst.
Mein Handy vibrierte wieder mal. Diesmal wurde ich angerufen, von Fred, meinem Bruder. „Hallo? Was gibt's?", fragte ich. „Katja, spinnst du?! Mom und Dad sind ganz krank vor Sorge! Hättest du nicht mal 'nen Zettel dalassen können, damit die beiden wissen, wo du bist?!", schrie er fast durchs Telefon. „Sorry... mir ging es nicht so gut und ich hab einfach frische Luft gebraucht", wich ich aus. „Hm, okay, aber bitte versprich mir, dass du das nicht wieder tust, ja? Ich versuche die beiden mal zu beruhigen. Bis später?" „Ja, bis dann" Ich legte auf. Ich wusste doch, dass ich etwas vergessen hatte! Naja, zu ändern war es jetzt eh nicht mehr.
Ich lief weiter. Und plötzlich stockte mir der Atem. Das... war unmöglich, konnte nicht sein! Ich blieb stehen, stieß einen stummen Schrei aus. Vor mir liefen tatsächlich Mali und Georg. Hand in Hand. Sie lachten. Waren glücklich. Ich fühlte mich verraten. Irgendwie von beiden. Ich drehte mich um und ging so schnell ich konnte in die andere Richtung weiter, rannte fast. Ich hatte jetzt keine Lust, nach Hause zu gehen, also ging ich in die Bibliothek der Stadt. Dort ging ich sofort in die Fantasyabteilung. Ich durchstöberte die Regale. „Suchst du etwas Bestimmtes?" Ein Mädchen in meinem Alter mit braunen Haaren und Augen und einer rot- schwarzen Brille lächelte mich an. „Nee, eigentlich will ich mich nur Ablenken..." Ich wusste nicht wieso, aber ich war ehrlichzu ihr, sie wirkte auf mich voll und ganz vertrauenswürdig. „Alles okay mit dir?", hakte sie nach. Ich schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich, aber lass gut sein. Ich brauche jetzt glaube ich nur ein gutes Buch" Ich lächelte leicht, ihr Lächeln war echt ansteckend. „Wie heißt du eigentlich?" „Angie" „Schön dich kennenzulernen, ich bin Katja" Ich streckte ihr die Hand aus, aber sie ignorierte das und umarmte mich, das brauchte ich jetzt auch. „Danke" Ich wischte mir eine Träne weg.
Wir unterhielten uns noch eine Weile, über alles mögliche und ich stellte fest, dass wir genau auf einer Wellenlänge lagen.
"Also, was genau war vorhin mit dir los?" Wir saßen zusammen in dem Café, in dem ich gestern noch mit Mali gesessen hatte. "Hab was schreckliches gesehen" Ich schlürfte ein Schluck von meinem heißen Tee. "Und was?" "Meine beste Freundin, die halb mit meinem Ex rumgeknutscht hat", grummelte ich. "Dann ist sie keine gute Freundin.", stellte sie fest. "Nee, glaub auch nich. Ich hab gerade das Gefühl,  dass wir mehr auf einer Wellenlänge sind als sie und ich" Sie lächelte. "Das ist echt lieb. Naja ich hab nich so viele Freunde" Sie grinste.
Ich musste kurz nachdenken. Bevor ich mich mit Mali angefeundet hatte,war ich auch nicht sehr beliebt gewesen. "Kenn ich" Sie nickte. "Hey, was ist dein größter Traum?", wechselte sie schnell das Thema.  Ich musste nicht lange drüber nachdenken. "Hm, ich will nach Hogwarts" Wir beide grinsten uns an; sie war mindestens auch so ein großer Fan wie ich, was man an ihrer Zeitumkehrerkette unschwer erkennen konnte. "Nein, aber ernsthaft, was ist dein größter Traum?" Ich schüttelte den Kopf. "Keine Ahnung. Früher hätte ich mal sowas gesagt wie gesagt wie 'Prinzessin werden' oder so" Sie lachte.
Ja, ich glaubte, in Angie eine echte Freundin gefunden zu haben. 

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