Kapitel 6

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„...deshalb muss ich ihn vergessen" Ich schaute Angie an. Sie nickte. Wir hatten uns wie verabredet um 10 in der Bibliothek getroffen. „Sicher, ich meine, ihr liebt euch, ich würde dem Ganzen erstmal eine Chance geben" Ich schüttelte den Kopf. „Meine Familie geht erstmal vor" „Ich verstehe schon, aber was ist für dich besser?" „Ich weiß es nicht", flüsterte ich. „Jungs bringen eh immer nur Probleme mit sich" Sie lachte kühl. „So kann man das auch sehen..." „Naja, jetzt zu dir. Was ist mit Jonas?" Sie grinste vielversprechend. „Naja wir haben gestern noch lange telefoniert und" „UND???" Ich konnte meine Neugier nicht abbremsen. „Pscht!" Die Bibliothekarin schaute mich ermahnend an. „Sorry", murmelte ich.
Angie erzählte mir, dass sie Jonas auch „ganz süß" fand. „Gestern sah es aber so aus, als würder ihr euch ewig lieben" „Ach was, das war sicher der Alkohol..." „Nein. Schon von Anfang an." Sie verdrehte die Augen. „Wenn du meinst" „Und wie findet er dich?!?!" Sie lief rot an. „Das... weiß ich nicht so genau. Naja gestern meinte er... das ich seine „Traumfrau" bin, aber naja... er war betrunken..." Ihr Blick ging zu Boden, ich wusste nicht, ob sie peinlich berührt war oder ein Grinsen verstecken wollte. „Ach jaaa... Traumfrau alsooo... Und, ist er auch dein Traummann?" Sie zuckte nur mit den Schultern.
Ich ging nach 2 Stunden wieder nach Hause, mit der Ausrede, ich sei erschöpft. Es war nicht so, dass ich keine Lust auf sie hatte. Ganz im Gegenteil, Angie war mir nach der kurzen Zeit echt ans Herz gewachsen. Es war nur so, dass es gefühlt kein anderes Gesprächsthema außer Jungs gab. Und darauf hatte ich keine Lust. Es zerriss mich innerlich, zu wissen, dass das mit Mike nicht gut war. Dass ich es beenden musste, damit ich für meine Familie da sein konnte. Das ging vor. Mein Handy vibrierte und kündigte eine Nachricht von Mike an.
Mike: Hey Babe, hast du heute noch Zeit für eine einsame Seele?
Ich verdrehte die Augen.
Ich: Tut mir leid. Das mit uns ist keine gute Idee. Lassen wir's erstmal. Es liegt an mir.
Ich wollte es um jeden Preis verhindern, je mit jemanden per SMS Schluss zu machen, wie Georg es mir angetan hatte. Aber ich war einfach zu feige, persönlich mit Mike zu reden. Klar schämte ich mich dafür. Aber wir waren nie offiziel zusammen. Also ging das ja nochmal so durch.
Ich stöpselte mir meine Kopfhörer rein. Ein Fehler. Denn als erstes Lied kam ausgerechnet „Friends" von Justin Bieber, was mich nur noch mehr runterzog, mit der Tatsache, dass ich entzwischen 5-6 verpasste Anrufe seitens Mike hatte. Jetzt fingen auch noch John und Luke an, mich im Wechsel anzurufen. Also stellte ich mein Handy auf Flugmodus. Ich konnte da jetzt nicht rangehen. „Immer dran denken, Familie geht vor", nuschelte ich immer wieder vor mich hin. Bis ich es anfing zu akzeptieren. Aber zu akzeptieren heißt nicht, es zu wollen. Tränen bahnten sich den Weg über mein Gesicht. Ich hatte das Gefühl, das Lied würde in Dauerschleife gespielt werden. Das war wohl Karma. Ich hatte es nicht anders verdient. Andererseits wusste ich immer noch nicht, was Mike für mich empfand. Vielleicht liebte er mich, vielleicht auch nicht. „Ich muss es wissen! Was er für mich fühlt!", dachte ich auf einmal, riss mein Handy aus der Tasche, blieb stehen, starrte aufs Display. Gerade rief Mike wieder an. Diesmal ging ich ran. „Hallo?" Ich versuchte, meine Stimme fest klingen zu lassen, aber sie wurde brüchig. „Katja... Was ist los?" Er seufzte. Ich schüttelte den Kopf, obwohl ich wusste, dass er es nicht sehen konnte. Vielleicht war das Telefonat doch keine so gute Idee. „Es tut... es tut mir leid, Mike. Aber... ich..." Ich musste das jetzt durchziehen. Meine Familie brauchte mich. Jetzt. „Ja? Was ist los?" „Ich will dich erstmal nicht wiedersehen. Es tut mir unendlich leid..." Stille. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Natürlich bereute ich es. „Okay... wenn es dir so lieber ist, dann akzeptiere ich es auch", meinte er. „O...okay..." Damit legte ich auf. Seufzte, raffte mich kurz zusammen und ging entschlossen nach Hause.
„Hi Dad, hi Fred" Sie beiden wirkten bedrückt, als ich die Tür hinter mir geschlossen und mich zu ihnen gesellt hatte. „Wieso die langen Gesichter?" Ich ließ es mir nicht anmerken, dass ich gerade ziemlich traurig war. Fred räusperte sich. „Mom ist weg..." „Was? Wo ist sie?" Dad und Fred tauschten einen vielsagenden Blick aus. „Hey, wartet mal, gibt es noch etwas, was ich wissen sollte?" Beide schüttelten den Kopf. „Es ist besser für dich, wenn du nicht alles weißt, glaub mir" Fred drückte kurz meine Hand. In ein paar Wochen würden Fred und ich also komplett auf uns allein angewiesen sein. „Dad... was ist mit Mom?" Doch auch er schüttelte den Kopf. „Alles zu seiner Zeit" Ich seufzte. „Okay, wo kann ich mit anpacken?" „Setz dich" Also setzte ich mich zu den beiden. „Fred meinte, du hast einen neuen Freund?" Dad war ungemein neugierig. „Also, um ehrlich zu sein, hab ich ihm gesagt, dass ich ihn vorerst nicht wiedersehen will" Ich schaute beschämt zur Seite, wurde zum Ende hin immer leiser. „Wieso?" „Ich dachte, nein, denke, dass ich erstmal für euch da sein sollte..." Dad lächelte traurig, Fred war ganz wo anders in Gedanken. „Das hättest du nicht tun müssen." „Nein. Aber ich wollte es so."

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