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Jeder kennt es wenn man vor der Klasse steht und eine Präsentation halten muss, oder wenn man eine Arbeit abgibt und sich nicht sicher ist, ob sie überhaupt ausreichend war. Man ist nervös, die Gefühle spielen verrückt, es kribbelt im Bauch und man fühlt sich meist überhaupt nicht wohl. All diese Emotionen durchlebe ich in dem Moment, als Lexa vor meinem Bild stehenbleibt. Ich halte den Atem an, darauf eingestellt, dass sie mir erzählt wie schlecht es ist im Gegensatz zu den anderen und dass wir es schnell entfernen müssen, bevor Titus oder jemand anders den Unterschied bemerkt.

Stattdessen, stille.

Ich beobachte Lexa, ihr Mund ist aufgeklappt, als ihre Augen das ganze Bild begutachten. Vor uns auf der Leinwand ist ein Teil eines Gesichts, es dreht sich vor allem um ein grünes Auge – Lexas. In dem Auge befindet sich ein Wald in vielen verschiedenen grün-tönen, im Hintergrund ein Sternenhimmel. Ich bin selbst so vertieft in das Bild, dass ich zusammenschrecke, als sich zwei Arme um mich wickeln.

„Clarke," flüstert Lexa, da Menschen um uns herumstehen. „es ist wunderschön. Ich- ich weiß gar nicht was ich sagen soll."


„Also, es gefällt dir?", frage ich um Sicherheit zu bekommen, obwohl ihr Blick mir alles sagt.

„Gefallen? Es ist atemberaubend!"

„Sag' ich doch.", flüstert ein vorbeigehender Jasper mir ins Ohr, ich rolle nur mit den Augen, widerstehe dem Drang ihm den Mittelfinger zu zeigen.

„Das freut mich.", sage ich, dabei lasse ich einen langen Atem heraus, den ich offensichtlich angehalten habe.

„Das ist es wirklich." Meine Augen werden weit, ich schaue zu Lexa, welche sich von mir löst und mit eiskaltem Blick hinter mich schaut. „Hallo Clarke – oder sollte ich besser sagen, Costia?"

Langsam drehe ich mich um und schaue in die von einer weißen Maske umgebenen, kalten, blauen Augen von Rachel.

„Was machst du hier?", frage ich wütend, dabei stelle ich mich unbewusst vor Lexa.

„Ich schaue mir deine Kunst an.", antwortet die Eiskönigin trocken.

„Spinnst du!", mischt Lexa sich plötzlich an, dabei legt sie schützend einen Arm um mich. „Wie kannst du dich hier blicken lassen?"

„Was hält mich davon ab? Du etwa?" sie schaut provokant an Lexa herunter, während ich die beiden Männer an ihrer Seite entdecke, wohl ihre Bodyguards. Als Lexa nicht antwortet lacht Rachel, was mir einen Schauer über den Rücken laufen lässt. „Ich muss doch schauen wie es unserem wichtigsten Subjekt geht. Und du in einem Anzug Lexa... hmmm..." mein Mund klappt auf.

„Geh' Rachel." Lexa wird lauter, sichtlich genervt von ihrer Anwesenheit und der Aussage.

„Nein danke." Sie nimmt ihren Blick von meiner Freundin, worauf die Anspannung in meinen Schultern etwas fällt. „Wir sehen uns morgen Clarke, es stehen wieder Untersuchungen an."

„Natürlich, bitch."

Nach meiner Aussage drehen sich ein paar Leute zu uns um, was Rachel wohl nervös macht, denn sie räuspert sich und tritt einen Schritt nach hinten. Sie nickt uns noch zu, bevor sie mit ihren beiden Männern in der Menge verschwindet. Innerlich danke ich Gott dafür, dass dies eine Maskenveranstaltung ist und es somit nicht so leicht zu erkennen ist, dass wir identisch aussehen.

„Noch ein Glas Champagner, süße?"

„Mach' zwei draus."


Lexa lacht gegen meine Schulter, bevor sie mir einen Kuss auf die Wange drückt und sich auf die Suche nach einem Kellner macht.

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Es ist schon spät als ich die ersten Sirenen höre, irritiert schaue ich mich um, aber Lexa ist nirgendwo zu sehen. Nervös beginne ich nach Jasper und Monty zu suchen, aber auch die beiden sind nicht im Hauptteil der Galerie. Ich schaue mich weiterhin um, bis ich plötzlich Polizeiautos sehe, die vor dem Eingang halten, meine Augen werden weit.

„Süße," ich schrecke hoch, atme dann aber erleichtert durch, als Lexas Arme sich um mich wickeln. „wir sollten nach oben gehen."

Ohne nachzufragen folge ich ihr die Treppe hoch in die zweite Etage, von hier aus haben wir einen guten Blick auf die untere Etage. Noch immer irritiert beobachte ich, wie einige Polizisten die Galerie betreten, in der sich zum Glück nicht mehr allzu viele Menschen befinden. Was dann aber passiert lässt meinen Atem stocken, denn einer der Polizisten geht geradewegs auf Rachel zu, welche gerade in eine Unterhaltung vertieft ist.

„Miss Vause," höre ich die dunkle Stimme des Mannes. „kommen Sie bitte mit."

„Was? Wieso?" zum ersten Mal sieht man die sonst so starke Rachel Vause Emotionen zeigen, ich grinse breit.

„Das erklären wir Ihnen auf dem Revier."

Der Mann stellt sich hinter sie und greift ihr hart an den Arm, während auch ihre Bodyguards von Beamten zum Ausgang gezerrt werden. Ich drehe mich wieder zu Lexa, welche mit einem Lächeln auf den Lippen neben mir alles beobachtet. Bevor ich allerdings etwas sagen kann erscheinen zwei Personen hinter uns. Langsam nehmen sie ihre Masken ab und ich erkenne Octavia und Bellamy Blake, beide perfekt gestylt mit ebenfalls aufeinander abgestimmten Outfits. Sie nicken uns grinsend zu, Octavia zwinkert sogar, worauf ich mich aufgeregt zu Lexa drehe.

„Sie haben es geschafft?", frage ich aufgeregt. „Wie?"

„Sie haben die wenigen Polizisten gefunden die nicht Korrupt waren und auf Rachels Seite standen." Sie dreht sich zu mir und nimmt meine Hände in ihre. „Octavia hat Videos gemacht von Experimenten, von all dem illegalen Zeug was bei Azgeda stattfindet. Heute haben sie es an die Öffentlichkeit gebracht und die Polizei benachrichtigt."

„Also, ist es vorbei?"

„Ich hoffe es, zumindest ist Rachel raus und sie kann dir nie wieder-" sie kommt gar nicht weiter, da ich ihr an die Wange fasse, sie zu mir ziehe und ihr einen harten Kuss auf die Lippen drücke. Lexa lächelt in den Kuss, bevor sie ihre Arme um mich schlingt und mich fest in den Arm nimmt.

„Ich liebe dich."

„Ich dich auch."

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Hätte ich früher gewusst, dass mein Leben mal so aussieht, wäre ich definitiv freundlicher durchs Leben gegangen. Durch das viele Geld was wir von Costias Konto nehmen konnten und die Anteile der Galerie die ich komplett an Titus verkauft habe, haben wir absolut keine Geldsorgen mehr. Das ist auch der Grund, warum ich nicht wütend auf Jasper war, dass er das Geld für das Koks damals für einen Urlaub für sich und Monty ausgegeben hat – die beiden haben es verdient.

Zusätzlich verkaufe ich meine Bilder privat, was besser läuft als vermutet. Ich liebe es inzwischen mir die Zeit zu nehmen und einfach nur zu malen und mich darin zu verlieren. Ich liebe es aber noch mehr, wenn Lexa mich in meiner Konzentration überrascht und mich in den Arm nimmt. Wenn sie merkt wie sehr ich mich erschrecke lacht sie rau in mein Ohr, was mich jedes Mal daran erinnert, was für ein verdammtes Glück ich hatte, sie kennengelernt zu haben.

„Clarke! Ein Toast!" geschockt schaue ich zu Chloe, die mich über den Tisch hinweg aufgeregt ansieht.

„Ich- ehm-"

„Ach schon gut, ich mach's.", fährt Hanna dazwischen, die ihrem Mann noch einen Kuss auf den Mund drückt, bevor sie aufsteht. „Ich will euch allen danken, dass ihr heute hier seid um Clarke's Erfolg und den Untergang von Azgeda zu feiern!"

Alle jubeln und pfeifen, ich lehne mich in den Arm meiner Freundin, welche glücklich auf mich heruntersieht. Um uns herum sind die Leute, die uns bedingungslos unterstützt haben und die wir nicht mehr missen wollen. Jasper und Monty, meine Mutter, die bereits an ihrem dritten Glas Wein schlürft, Chloe und ihre Freundin Beca und natürlich Hanna und ihr Mann Caleb. Es ist wie eine große Familie.

Wir sind eine große Familie.

The OrphanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt