Steffen's Sicht
Ich atmete tief durch, bevor ich die Tür zu Laura's und meiner gemeinsamen Wohnung öffnete. Mir war heiß und kalt zugleich. Obwohl ich versuchte so leise wie möglich zu sein, hörte ich Schritte, als ich die Tür hinter mir zumachte. „Wo hast du dich denn die letzten 48 Stunden rumgetrieben? Wir haben uns Sorgen gemacht, Schatz!" Laura sah vollkommen fertig aus, als sie auf mich zukam und mich fest umarmte. Eigentlich hätte ich mit einer Standpauke und mindestens einen, für ihre Verhältnisse, kräftigen Schlag gegen die Brust gerechnet, doch meine Freundin umarmte mich lediglich. „I-ich.." Mein Versuch mich ihr gegenüber normal zu verhalten scheiterte kläglich. Aber es hätte mir von vornherein klar sein müssen - Wie sollte das klappen, nachdem ich sie betrogen hätte? Und das nur, weil wir uns mal wieder sinnlos in den Haaren hatten. Ich liebte diese Frau so sehr und trotzdem hatte ich ihr das Herz gebrochen, auch wenn sie das noch nicht wusste.
„Ehrlich Steffen! Wo hast du dich bitte rumgetrieben? Selbst wenn du dich mit Laura gestritten hast, kannst du nicht einfach still und heimlich von der Aftershowparty verschwinden und dich dann zwei Tage nicht melden. Du hättest zumindest mir mal ne Nachricht schreiben können." Wie aus dem Nichts tauchte Lars im Flur auf. Er sah genauso müde und fertig aus wie Laura, die ich wegschob, als ich meinen besten Freund sah.
„Können wir reden? Unter 4 Augen?" Ich sah eindringlich den Drummer an, der sofort nickte. Scheinbar konnte er sich denken, dass ich Scheiße gebaut hatte, denn sonst redeten Laura, Lars und ich so gut wie über jedes Thema immer offen und ehrlich miteinander. Es war mir in dem Moment vollkommen egal, was sich meine Freundin wohl dabei denken würde. Ich musste zuerst mit Lars über die Sache reden.„Ich hab richtig große Scheiße gebaut." sagte ich, als wir die Wohnung verlassen hatten und uns auf den Weg zum Sternschanzenpark machten.
„Du hast was!?" Lars blieb ruckartig stehen, als ich ihm die ganze Geschichte gebeichtet hatte. „Zwing mich nicht das zu wiederholen. Ich weiß das du alles verstanden hast." - „Ich habe es akustisch verstanden. Das war's. Es geht bloß nicht in meinen Kopf rein." Ich atmete schwer ein und sah meinen besten Freund an. „Ich hab das nicht mit Absicht gemacht, ehrlich!" - „Du brauchst dich dafür nicht zu rechtfertigen. Ich traue dir wirklich verdammt viel zu, Steffen, aber nicht das du Laura fremdgehst. Und erst recht nicht, dass du es ausgerechnet mit einer Frau treibst, die du exakt zwei Stunden kennst." Lars fuhr sich durch seine Haare und sah mich ernst an. „I-ich weiß, d-das das d-dumm war, a-aber.." - „Spar dir deinen Versuch mir das zu erklären. Dafür gibst keine Erklärung. Selbst wenn es bei Laura und dir seit Monaten kriselt, kannst du nicht so eine Scheiße bringen. Hast du auch nur eine Sekunde mal an sie gedacht, als du mit dieser Frau gevögelt hast? Das war sicher nicht ein Fortschritt für Laura und deine Beziehung sondern eher der ausschlaggebende Trennungsgrund." - „Scheiße Lars! Ich wollte das doch nicht! I-ich weiß das das einfach komplett bescheuert war und ich habe es doch schon kurz danach bereut. A-aber ich war einfach so wütend auf Laura u-und ich hatte zu viel getrunken u-und..." Lars unterbrach mich erneut, indem er die Hand hob. „Erklär das nicht mir, sondern Laura. Ehrlich. Du bist mein bester Freund und ich liebe dich wirklich, aber gerade bin ich so unfassbar sauer und enttäuscht von dir. Das mit dem Fremdgehen ist eine Sache. Aber das du dich danach zwei Tage überhaupt nicht meldest..man Graef! Wir waren kurz davor die Polizei einzuschalten, weil wir uns so Sorgen gemacht haben!" In Lars Blick lag Wut und Enttäuschung. Und er hatte alles Recht der Welt dadrauf. Mir stockte der Atem. Ich wusste einfach nicht, was ich tun oder sagen sollte. Ich hatte die Frau, mit der ich seit Jahren glücklich zusammen war, betrogen und habe noch dazu alle Menschen, die mir am Herzen lag ein riesen Schrecken eingejagt, weil ich zwei Tage abgetaucht war.