Explosiv, wie Dynamit

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Was auch immer hier gerade passiert, es muss beendet werden.  Mit all meiner Kraft, die ich aufbingen kann, stoße ich ihn von mir weg. Obwohl ich mindestens zwei Köpfe kleiner bin als der mysteriöse Fremde, schaffe ich es irgendwie ,ihn zu überwältigen. Er scheint nicht gerade verwundert zu sein, was ich an seinem gleichgültigen Gesichtsausdruck erkennen kann. Ich lasse mich wieder gegen die Wand fallen und schließe die Augen. Das kann alles nicht wahr sein. Verschämt vergrabe ich mein Gesicht in meine Hände. Gelassen, als würde er jeden Tag mit so einem Akt neue Bekanntschaften machen, läuft er an mir vorbei. Wer weiß, vielleicht macht er das ja auch immer so, Raven...Mit jeder Einzelnen. Mein Verstand bringt mich mal wieder vollkommen durcheinander, allerdings nicht so sehr, wie es dieser Typ macht. Was macht er nur mit mir?! Als ich wieder aufsehe, sehe ich, wie er lässig an der Wand lehnt und mich kritisch mustert. Wenn ich mich nicht täusche, erkenne ich eine Spur von Besorgnis in seinem Blick, wahrscheinlich täusche ich mich aber doch. Vielleicht sollte ich klarstellen, dass das alles ein komischer Vorfall war und wir keine große Sache drauß machen werden. Entschlossen laufe ich auf ihn zu, atme ein paar Mal unauffällig ein und aus. Wie soll ich das alles erklären? "Okay, also zuersteinmal..." Sicherlich hört er die Unsicherheit in meiner kleinen Stimme heraus.  "Zuersteinmal, sieh mich an, wenn du mit mir redest." Wie ein unentdeckter Reflex, der nur darauf gewartet hat, gefunden zu werden, gehorche ich und muss nach oben schauen, um ihm direkt ihn die Augen zu sehen. Seine Augenfarbe ist nach wie vor undefinierbar. Ich schlucke. Verdammt, warum ist er so einschüchternd und herrisch? Und warum tue ich diesem Typen, dessen Namen ich nicht mal kenne, den Gefallen, so devot zu sein? Scheinbar bemerkt er die kleine Schockstarre in meiner Mimik und Gestik, denn ich stehe stocksteif da, mein Blick wandert nervös von seinem Oberkörper zu seinen Augen. "Bin ich denn so eine Augenweide für dich, Kleines?", fragt er, mit  unüberhörbaren, arroganten Unterton in seiner Stimme. Ich werde aus den Gedanken gerissen. Seine Tonlage verrät mir, dass er die Nummer hier wohl schon öfters erlebt hat, dass es noch viel mehr Mädchen gab, die so in seinen Bann gezogen wurden. Dieser Typ macht mich rasend. Ich sammel' mich wieder und versuche, einen klaren Gedanken zu fassen. "Ich denke, dass es weder in deinem, noch in meinem Verlangen lag, das hier zu tun oder halt... dass...", stammele ich, versuche trotzdem selbstsicher und überzeugend zu wirken, woran ich wohl kläglich scheitere. "Passt schon, war doch nur ein Kuss.", erklärt er gelassen, zuckt dabei mit den Schultern. Ich mustere ihn, bin verwundert, wie ruhig und gleichgültig er auf all das reagiert. Die innere Göttin in meinem Verstand verschränkt die Arme. Komm schon, Raven, die Rolle kannst du auch spielen. "Wir machen also keine große Sache drauß?", frage ich ihn, versuche, den coolen und lässigen Unterton in meiner Stimme beizubehalten. Man, ich höre mich so verdammt falsch an. Schmunzelnd fährt er sich über die Unterlippe, versucht meinen Blick auf sich zu ziehen. Was ihm leider gelingt..."Wirklich süß. Ich weiß doch, dass du das zuvor noch nie gemacht hast.", gibt er selbstsicher von sich. Er löst sich von der Wand und läuft mit provokanter und gekonnter Langsamkeit an mir vorbei. Warum kann ich meinen Blick von diesem verdammten Typen nicht wenden?   "So ist es doch, oder etwa nicht?", fragt er, dreht sich dabei um, woraufhin ich einen Schritt nach hinten ausweiche. Versuche ich gerade etwa gleichzeitig, seinem Bann auszuweichen? Was machst du dir da vor, Raven? "Woher willst du das denn wissen?", fauche ich zurück. Ich kämpfe mit der Vernunft und dem Verlangen in mir. Mir ist bewusst, dass ich nicht gerade überzeugend wirke. Meine innere Göttin allerdings streckt und räkelt sich auf ihrem Ledersofa, applaudiert mir zu. Weiter so, Raven.  "Denkst du etwa, ich merke sowas nicht, Kleines?", lacht er. Kann man soetwas lachen nennen? Wohl eher nicht. Er kommt wieder einen Schritt näher. Scheinbar will er mich wieder in die Ecke drängen. "Ich habe alleine schon daran bemerkt, dass du deine Unschuld noch besitzt, wie intensiv du auf mich reagiert hast. Auf meine Lippen, meine Berührungen...", erklärt er, mit einem verführerischen Unterton. Es wäre eine Lüge, wenn ich all das abstreiten würde. Er kommt immer näher, bis er letztendlich wieder seine Arme neben mir stützt und mich erwartungsvoll ansieht. Ich spüre seinen Blick auf mir, versuche allerdings, Augenkontakt zu vermeiden. Ich schließe die Augen, versuche, das Kribbeln unter meiner Haut zu verbergen. Doch mein Körper, der miese Heuchler, verrät mich mit einer Gänsehaut, als das wandelnde Mysterium seine Finger an meinen Hals auf und ab fahren lässt. Mir entweicht ein Keuchen, woraufhin er nur selbstgefällig schmunzelt. "Weißt du jetzt, was ich meine?", fragt er mich, "du verrätst dich selbst, Kleines." Warum will er das Feuer in mir erst entfachen, es dann allerdings nicht löschen? Er wendet sich ab und meine Frage, die ich mir innerlich gestellt habe, ist damit wohl beantwortet. Ich bin sprachlos, mir fehlen lediglich die Worte, diese komische Unterhaltung mit all den Hitze- und Kältewallungen weiterzuführen. Schnaubend verschränke ich meine Arme. Soetwas lasse ich nicht mit mir machen. Selbstbewusst stolziere ich an dem Unbekannten vorbei, geradewegs auf meine Tasche zu, die noch immer verwarlost auf der Bank neben der Tür liegt. Warum lasse ich mir all das gefallen? Ich hätte schon längst weg sein können. Weg von diesem arroganten Wesen. Weg von all den unbekannten Gefühlen, von diesen verstandsraubenden Worten. Wütend schnaube ich ihn ein letztes Mal an. " Was denkst du eigentlich wer du bist?" verwundert dreht er sich um, grinst mich selbstgefällig an. "Jemand, der dir anscheinend ganz schön den Verstand geraubt hat.", kontert er. Dieser Mistkerl treibt es echt noch auf die Spitze. "Oh, das glaube ich wohl kaum.", lüge ich. Mit dieser Aussage lüge ich uns beide an, was ihm wohl, genauso wie mir, schnell klar wird. "Gib' dich nicht mit so Typen wie mir ab, Engelchen.", schmunzelt er, wieder gegen die Wand gelehnt. Was hat dieser Typ nur mit seinen Wänden, und warum sieht er dabei auch noch so gut aus? Meine innere Göttin ist schockiert von meinen Gedanken. Was ist los mit dir, Raven? Dieser Typ macht mich wahnsinnig und ich merke, wie mir langsam Tränen in die Augen steigen. Er darf mich nicht weinen sehen, das darf er einfach nicht. "Oh, glaub mir, ich hatte auch nicht vor, mit so einem Teufel wie dir, auch nur eine Sekunde meines Lebens zu verschwenden.", fauche ich und stürme aus der dunklen Halle. Ich renne. Renne aus diesem verfluchten Haus, durch die Gänge, bis zur Haustür. Vorbei an ein paar Gruppierungen von Menschen. Ich muss hier einfach raus. Ich reiße die schwere Haustür auf und bemerke, dass es dicke Tropfen regnet. Ich renne in den hinteren Teil des Gartens, wo mich hoffentlich niemand bemerkt. Ich bleibe stehen, außer Atem vom Rennen und schaue in den Himmel. Ich lasse den Regen auf meine Haut prasseln, atme ein paar Mal tief ein und aus. Was, zur Hölle, war das? Ich lasse die letzten Minuten Revue passieren und überschlage die Hände verschränkt über meinem Kopf. Durch den Regen ist mir gar nicht aufgefallen, wie die Tränen aus meinen Augen strömen. Was denkt dieser Idiot, wer er ist? Warum habe ich ihn  mich berühren lassen? Und warum fasziniert mich seine Aura so sehr? Das sollte sie verdammt nochmal  nicht. Was hat er an sich, was so anziehend ist? Dieser Typ macht mich rasend, wahnsinnig, wütend. Bringt mich dazu, ihm zu gehorchen, den Verstand zu verlieren. Und obwohl es für mich so fremd ist, ist es für ihn vertraut und normal, dass man so auf ihn reagiert. Wer ist dieser Typ, der mich so in seinen Bann gezogen hat? Wer ist der Typ, der von einer so dunklen Anziehungskraft umgeben ist? Was macht er mit mir und meinem Körper? Wer auch immer er ist, ich habe in seinen blaugrünen Augen etwas gesehen, was mich auf einer viel tieferen Ebene berührt hat, als ich es bis jetzt kannte. Wer auch immer er ist, ich habe in seinem Blick gesehen, dass er explosiv wie Dynamit und zu allem fähig ist. Ein Gewitter ist aufgezogen, es blitzt und donnert und ich stehe immer noch hier rum, denke an den Typen, der mir scheinbar wirklich den Verstand geraubt hat.

"Ist Mr.Heathcliff ein Mensch? Wenn ja- ist er wahnsinnig? Wenn nicht - ist er der Teufel?" //- Sturmhöhe, Emily Bronte-\\

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 17, 2017 ⏰

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