Für immer so

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Mein Körper fühlte sich ziemlich kaputt an, nicht weil ich mich schlecht oder ausgelaugt fühlte, einfach weil der Tag so anstrengend schön war... Ich hätte nie gedacht, dass es so toll werden würde. Alle unsere Freunde waren schon zu Hause oder zu mindestens aus der Bahn ausgestiegen, so dass wir beide nur noch zu zweit da saßen. Es legte sich eine Stille über uns, nicht sowas bedrückendes, ich liebte diese Stille. Also eine Stille mit Rattergeräuschen, Gerede von fremden Menschen und dem Brummen der Heizung, aber eine schöne Stille. Draußen war es so dunkel, man könnte meinen es wäre mitten in der Nacht und dass obwohl es erst kurz nach acht war. Auch ihr Blick schweifte zum Fenster, die vereinzelten Straßenlaternen, die immer Mal wieder an uns vorbei rauschten, machten die ganze Stimmung noch angenehmer. Ihr Kopf lehnt an der Fensterscheibe, als sie leise seufzte, nicht traurig eher etwas entspannt, nach der Aufregung. Es war ja auch ein besonderer Tag für sie.
"Oh guck mal.", Sie zog mich zu sich und zeigte in das dunkle Schwarz: "Da arbeitet mein Papa." In dem nichtssagendem Schwarz leuchtete ein gelbes Haus heraus, die Post. Ich lachte kurz auf und legte meinen Kopf halb auf ihre Schulter, halb auf ihre Brust. Eine lange kurze Weile bewegten wir uns nicht. Es war so angenehm, einfach Mal wieder nichts zu tun, das hatten wir viel zu lange nicht mehr gemacht. Es musste nicht immer das große Abenteuer sein, das einem riesige Freude und eine erfüllten Tag bringt, meist gefielen mir diese ruhigen Momente am besten. Oft redeten wir darüber wie schön die Zeit war in der wir einfach beieinander waren, auch mit anderen, aber am liebsten zu zweit, vielleicht was zockten, vielleicht einander vorlasen oder einfach Mal neben einander im Bett zu liegen. In diesem Moment taten wir nichts, wir existierten einfach vor uns hin, solange bis ich irgendwann aussteigen müsste. Die sogenannte 'Stille' wurde leise unterbrochen: "Bitte... Lass uns für immer so bleiben." Ein Lächeln zierte mein Gesicht, sie sprach das aus, was ich dachte.
Mit einem zustimmenden Geräusch verweilte ich an sie gelehnt und sah aus dem Fenster in das volle und doch so leere, schlichte Schwarz.
Es dauerte nicht lange bis meine, schon juckenden Augen, sich schlossen. Vielleicht war dieser Tag einfach zu lang gewesen, vielleicht war aber auch einfach nur meine Ausdauer zu kurz gewesen. Ohne wirklich darauf zu achten spürte ich ihren Atem und spürte ihre Brust sich gleichmäßig heben. Es war angenehm, so wollte ich für immer sein, einfach mal kurz für immer bleiben. Ihr Herz schlug in einem angenehmen Rhythmus, ob ihr bewusst war, dass ich es hörte? Alles war so ruhig und wir so weit weg vom damals. Es fühlte sich gut an und das obwohl es so eine alltägliche Situationen war, aber vielleicht macht genau das sie so besonders. Nur gedämpft im Hintergrund höre ich die Roboterstimme die nächste Station ansagen, ich hörte es, aber ich verstand es nicht, nur hoffte ich, dass es nicht die Station war an der ich aussteigen musste. Eine Gänsehaut zierte meine Arme, vorsichtig kroch der angenehme Schauer auch über meinen Rücken und ließ auch meinen Kopf sich mit einer Gänsehaut überziehen.
Wie viel hätte ich dafür gegeben, so für immer zu-
Als es kracht und in meinem Kopf nur noch ein langes Piepen zu hören ist, weiß ich dass wir für immer so bleiben können.

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