Perspektive

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Zu allererst möchte ich darauf hinweisen, dass am Ende eine Entscheidung getroffen werden muss. Entscheidet frei nach eurer Meinung.

Es war bekannt, nicht populär, doch in dem kleinen Städtchen wussten es alle. Doch wie hätte sie es erfahren sollen? Vier einhalb Jahre in den Staaten, absolut kein Kontakt mehr, eine Art der Abschottung. Ihre Eltern waren damals ebenfalls weggezogen und auch sie hatten den Kontakt zu der eigentlich besten Freundin ihrer Tochter verloren. Wenn schon sie ihn nicht halten konnte...
Mit zitternden Händen zog sie die Schnüre ihres Pullis, so dass die Kapuze zusammen gerafft wurde. Sie kniff die Augen zu, sie würde sie nicht hassen! Sie wird die Jahre überstanden haben! Sie wird sich mit Sicherheit freuen! Das selbst aufgebaute Selbstvertrauen zerstörte sie sofort wieder, in dem sie nun die Klingel betätigte. Die Handflächen wurden feucht, sie biss die Lippen zusammen, als eine Frau die Tür öffnete. "Nein! Eleanor, bist du es!? Oh Gott, lass dich ansehen.", Ohne weitere Vorwarnung zog die, nun schon, ältere Frau das Mädchen an sich heran. Ja, sie hatte sich etwas verändert in der ganzen Zeit, doch war das nicht menschlich? "Was hast du denn mit deinen Haaren gemacht? Aber es steht dir!"  Leicht lächelnd sah sie nun auch endlich richtig auf: "Hallo Marianne... Schön dich wieder zu sehen."
"Wir sollten aufhören zu reden, Mine wird sich bestimmt auch freuen dich zu sehen! Mine, du hast Besuch!", und ein weiteres Mal wurde Eleanor gezogen, aber diesmal in das Haus, eingerichtet noch wie damals. Mit einer Handbewegung zeigt Marianne den Weg, der sie wohl zu ihrer besten Freundin leiten sollte. Die Erinnerung, wie sie nachts die Treppen runter schlichen, war ihr nicht verloren gegangen, hatte Mine ihr Dachbodenzimmer etwa aufgegeben?
Mit diesen und weiteren tausenden Gedanken öffnete sie die Tür, die die ihr keinen hübschen Schleier über die grausame Wahrheit lag, die die ihr offenbarte was sie verpasst hatte, diese die ihr zeigte in welcher Zeit sie nicht da war. "Eleanor!?" "Was... was ist...", Mit verschwommener Sicht, den Tränen in den Augen, offenem Mund, wie sollte sie das auch fassen?
Mine erhob die Stimme, um sie zu sich zu holen, Eleanor trat zu ihr heran, an das Bett. Dieses Bett, die Kabel, die Maschinen, der Tropf, doch sie lächelte. Mine lächelte, früher tat sie das ständig, doch nun... "Bitte sag etwas, sieh mich nicht einfach so an." Mine erklärte ihr was geschehen war, der Autounfall, die ständige Behandlung, die Lähmung. Während ihrer erfüllten vier Jahre leidete ihre beste Freundin, ging ganz alleine durch die gesamte Hölle.
"Mine, ich... Es tut mir so leid, dass ich nicht da war." "Hör auf, ich bin einfach froh, dass du jetzt hier bist. So lange habe ich auf den Tag gewartet, dass du endlich hier bist und jetzt will ich die Zeit nicht mit Entschuldigungen oder sowas verschwenden! Erzähl mir aus Amerika! Was hast du erlebt, ich will einfach mit meiner besten Freundin reden!", diese gesamte Energie in ihrer Stimme beeindruckte Eleanor, ihr Körper war fast komplett bis zum Hals gelähmt und trotzdem wirkte sie so stark.
Also, sie erzählte, Vergangenes aus der Zeit in der sie da hätte sein sollen, wie schlimm und trotzdem wundervoll die Zeit dort war, wie sie sie vermisst hatte, sich nie traute ihr zu schreiben. Hätte sie es nur getan. Doch Mine wollte keine Entschuldigung, keine traurigen Wahrheiten, sie wollte lachen, endlich wieder glücklich mit ihrer besten Freundin vereint zu sein. Draußen regnete es, doch das Prasseln der Regentropfen hatte sich seit Jahren nicht mehr so schön angehört. "Kannst mir etwas zu trinken geben?", sofort hielt Eleanor Mine das Glas mit dem Strohhalm hin.
Es war dunkel draußen, doch das hielt die beiden keines Wegs davon ab wach zu bleiben und weiter zu reden. Irgendwann am nächsten Morgen, vielleicht so um zehn, die Sonne stand gut, hob Eleanor den Kopf, ihr Nacken schmerzte. In der Nacht hatte sie das letzte Mal um vier auf die Uhr am Fernseher gesehen. Sie sah zu Mine, sie schlief noch. Sie hatte lange nicht mehr so einen schönen Tag gehabt, so lange war sie nicht mehr so glücklich gewesen, vieles hatte ihr das verhindert. Eleanor stand vorsichtig und langsam auf, verließ das Zimmer, um sich in der Küche etwas zu trinken holen. "Guten Morgen", begrüßte sie die lächelnde Frau dort: "du tust Mine wirklich gut, wir haben sie lange nicht mehr so lachen hören, wie die letzten Nacht." Selbst glücklich und doch etwas geschmeichelt lächelte Eleanor: "Ich will sie auch nicht mehr missen müssen, ab jetzt komme ich jeden Tag vorbei!" Marianne hielt ihr die Wasserflasche hin, kaum etwas hatte sich verändert, doch das was sich änderte, änderte sich um hundertachzig Grad. Sie ging den Weg wieder zurück in das Zimmer, in den sie schon eine wache Mine erwartete. "Na, gut geschlafen?" Sie lachte: "echt wenig, aber seit Jahren nicht mehr so gut."
Eleanor setzte sich zurück an das Bett an dem sie die ganze Nacht verbracht hatte. "Hör Mal Mine, ich muss langsam wieder nach Hause, aber ich komm morgen auf jeden Fall wieder! Ab jetzt besuche ich dich jeden Tag, versprochen!", entschuldigend sah sie ihre beste Freundin an. "Das musst du nicht... Aber", Mine räusperte sich: "ich habe eine andere Bitte an dich."
Sofort lächelte Eleanor: "Alles, Mine, alles würde ich für dich tun.", Zu mindest dachte sie das bis dahin.
"Also Eleanor, ich hatte den schönsten Tag seit Ewigkeiten und ich möchte glücklich gehen. Bitte Eleanor, bitte stell die Dosis höher."
Die Angesprochene konnte kein Wort sagen, hatte sie das richtig verstanden? Sollte sie ihre Freundin... Umbringen..? "Bitte..", es schien Mine's Ernst zu sein. "Aber ich will dich doch nicht... Ich kann dich nicht umbringen!", Eleanor, so wie auch Mine, liefen nun mittlerweile Tränen über die Wangen.

Nun liegt es an dir: Wähle!

Happy End:

"Ich bitte dich, mich von meinen täglichen Leiden zu erlösen, meine Eltern zu entlasten, glücklich zu sterben. Bitte Eleanor, du würdest mir damit meinen letzten Wunsch erfüllen.", Eleanor wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht. Sie ging um das Bett herum, auf die Seite, an der das Gerät stand, das Mine am Leben hielt. "Bitte versprich mir, dass du keine Schmerzen haben wirst.", hielt sie noch einmal inne. "Wenn du die Dosis erhöhst, erhöhst du die Schmerzmittel. Ich werde glücklich sterben. Eleanor, Danke.", Sie weinte, doch lächelte. Nun würde Mine nie wieder diese Schmerzen spüren, darunter leiden sich nicht mehr bewegen zu können, sie würde nie wieder jemand vermissen müssen. "Ich liebe dich dafür Eleanor.", die Augen hatte sie schon geschlossen, ihr Kopf war schwerer geworden, nicht drückender, eher so als würde sie fallen. Das Ziehen in Stirn und Nacken verzog, als würden die Wolken nach einem Gewitter aufbrechen. Sie konnte spüren wie sie unweigerlich lächelte, so gut hatten sich die letzten vier Jahren nichts mehr angefühlt.
Wie eine Müdigkeit übermannte sie die Bewusstlosigkeit, jetzt darf sie sterben. Endlich war sie wieder glücklich.

Sad End:

"Ich bitte dich, mich von meinen täglichen Leiden zu erlösen, meine Eltern zu entlasten, glücklich zu sterben. Bitte Eleanor, du würdest mir damit meinen letzten Wunsch erfüllen.", Die Tränen wischte Eleanor Mine aus dem Gesicht. Ihr Herz zog sich bei dem Gedanken zusammen ihre beste Freundin zu verlieren, sie zu töten. Sie stand auf, hielt ihre Finger vor den Knopf der alles beenden sollte: "Bitte versprich mir, dass du keine Schmerzen haben wirst."
Ihre Freundin lächelte unter ihren Tränen: "Wenn du die Dosis erhöhst, erhöhst du die Schmerzmittel. Ich werde glücklich sterben. Eleanor, Danke."
Sie drückte den Knopf, ein, zwei, drei, gefühlte tausende Male, mit jedem Mal hasste sie sich mehr. Doch sie wollte ihrer besten Freundin diesen einen letzten Wunsch erfüllen, sie hatte ihr damals versprochen Alles für sie zu tun. Sie sah wie Mine langsam ihre Augen schloss, es wirkte als würde ihr Körper noch kämpfen wollen, versuchen sich dagegen zu wehren zu sterben. Eleanors Tränen ließen sich nicht halten, alles in ihr schmerzte, sie wollte sie doch nicht verlieren.
Kaum verständlich nuschelte Mine ihre letzten Worte: "Ich... Liebe Dich... Dafür... Eleanor..." Sie stürzte sich schon fast auf sie, schloss sie ihn ihre Arme, weinte ohne Halt und Scharm. "Ich vermisse dich jetzt schon Mine, ich hab dich so unendlich lieb, ich will dich nicht verlieren!! Mine!", Fast schon schreiend klammerte sie sich an Mine, sie hatte sie gehen lassen.

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