Nie wieder down

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Sie atmet tief durch und sieht mich grinsend an: "Und spürst du schon was?" Ich beginne zu lachen: "Ja man nach zwei Sekunden merk' ich schon voll viel!" Sie lacht auch und legt sich nach hinten, auf ihr Kopfkissen. Mein Blick schweift durch das Zimmer, ein wenig neblig hier.
Nach ein wenig Zeit, die ich an der Wand gelehnt und ins Leere gestarrt habe, schließe ich endlich meine Augen. Mein Kopf kribbelt.
"Du bekommst sogar davon Gänsehaut", lacht sie. Mit dem Blick auf meine Arme gerichtet öffne ich meine Augen: "Is schon ein geiles Gefühl. Es ist nicht so eine eklige Gänsehaut, es ist wie ein schöner Schauder, der einem über den Rücken läuft." Sie grinst mich einige Zeit nur an, bis sie dann lacht: "Sag Mal, wie schwul willst'n eigentlich noch werden?" Ohne auf eine Antwort von mir zu warten greift sie nach ihrem Handy, stellt den Flugmodus ein und macht Musik an. "Gute Idee.", Keinen Gedanken an irgendwen verschwendend, schalte ich mein Handy aus und werfe es in meine Tasche.
Den Kopf an die Wand gelehnt, seufze ich in die dicke Luft in dem Zimmer. Der Bass pulsiert in meiner Brust und meinem Kopf. Da ist kein einziger Gedanke in meinem Kopf, es ist einfach alles geil. "Weißt du noch, als wir zusammen nach der Schule Pizza essen gegangen sind?", Kriecht ihre leise und trotzdem extrem klare Stimme in meine Ohren. Ein Kribbeln durchfährt meinen Körper und ich beginne wie benommen zu lachen. Plötzlich prasseln Tausende, Millionen Gedanken auf mich ein. Es ist viel zu lang her. Zwei Stunden Pizza essen, drei Stunden Bahn fahren, eine halbe Stunde schweigend nebeneinander sitzen, ein einhalb Stunden wer-bin-ich und zwei Stunden Bomberman. Wft sind wir behindert.
"Lass uns nächste Woche auf der Baustelle einbrechen.", Schlag ich vor, während ich mich neben sie fallen lasse. "Und danach machen wir zusammen vegane Pizzabrötchen." "Damnit!! Das wird zu nice!" Sie zieht mich zu sich und nimmt mich in den Arm: "Lass Mal nach Holland ziehen." "Wir werden nie wieder down sein!", Lache ich wieder. Wie bescheuert wir aussehen mussten, aber das ist jetzt einfach nur egal. "Guy?" "Huh?", Sie sieht mich mit geschlossene Augen an. "Lass mal high sterben, is' bestimmt geiler." Sie nickt nur.
Erst nach langer Zeit, vielleicht ein paar Stunden, es wurde schon wieder hell draußen, schliefen wir ein. Unendlich lang haben wir uns Geschichten von damals erzählt. Damals, als wir noch fast jeden Tag Zeit für einander hatten, als wir noch zusammen zur Schule gegangen sind, als wir noch Vegetarier waren oder sogar noch Fleisch gegessen haben, als wir die wohl besten und beschissensten Erlebnisse in unserem Leben hatten.
Und jetzt? Jetzt liegen wir hier sie auf ihrem Bett, ich auf ihrem Teppich und schlafen nach langer Zeit Mal wieder fest. Unserer erstes Mal. Ein Mal high sein.

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