Aller Anfang - Louise

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(Bild: Liverpool bei Nacht)
Nun verlassen wir die Familie Carter fürs erste, und begeben uns nach Liverpool, eine nicht allzu unbekannte Großstadt Englands. An einem Abend des 31. Julis war die Innenstadt in ein wunderschönes Licht getaucht. Das Merseyside Maritime Museum, die Liverpool Cathedral, der Cavern Club und all die anderen Attraktionen des Hafens ließen ihre Leuchtspektakel in der Nacht herumschillern. Ein jeder Tourist hätte wohl gleich seine Kamera gezückt, jedoch widmen wir uns nun der dunklen Seite der Stadt. Ein wenig außerhalb des Zentrums verliert sich der Charme und wandelt sich in ein Gemisch aus Krach und flackerndem Farblicht. Die Gassen werden düsterer, die schmucken Appartements zu kleinen Wohnungen, und aus den verzierten Fassetten der Häuser wird grau bemalter Backstein. Trostlos könnte man diese Gegenden nennen, die sich am Rande einer jeden Metropole befinden. Jedoch könnte man sich auch vom ersten Blick täuschen lassen. Sieht man genauer hin, so erblickt man innigen Zusammenhalt in den schlimmsten Lagen, wunderbare, menschliche Taten inmitten hoffnungsloser Gezeiten und auch mag man erkennen, dass Glück eine Frage der Einstellung ist. Also lasst uns auch hinter die Fassade blicken, hinter die Fassade des dritten Stockwerkes eines Plattenbaus der Alvanley Road. Hier stand gerade ein Mädchen an der Spüle einer engen Küche und wusch dreckiges Geschirr ab. Sie hatte kurz zuvor für ihre beiden Brüder gekocht, welche gerade damit beschäftigt waren, sich im Wohnzimmer zu streiten.

„Carl! Lass Maurice in Frieden!" rief sie mit einem freundlichen Unterton in Richtung der Zwillinge.

„Ich tue doch gar nichts." schallte aus dem Wohnzimmer zurück. Louise, so hieß das Mädchen, musste in sich hinein lachen. Sie lehnte sich zurück, sodass sie ihre Brüder im Visier hatte. In exakt diesem Moment ertönte ein Krachen und sie zuckte aus Reflex zusammen. Das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht und ein Ausdruck der Verzweiflung war nun in diesem zu sehen. Geschwind stellte sie den Teller, den sie gerade abtrocknete, auf der Arbeitsfläche ab und rannte auf Carl und Maurice zu.

„Nein!" sagte sie mehr zu sich ,als zu den beiden. „Nein, nein, nein, nein ,nein! Nicht die Platten, nein!"

Im Hintergrund beruhigten sich die beiden Zwillinge, als sie erkannten, was sie just umgeworfen hatten. Sie schwiegen schuldbewusst und schauten ihrer Schwester zu, die aufzuräumen versuchte, was sie gerade angerichtet hatten.

„Nicht die Schallplatten von Dad! Was habt ihr getan?" fragte sie, ohne ihre Brüder anzugucken. Diese hatten nämlich gerade ein kleines Regal umgeschmissen, indem sich eine Sammlung von Vinyl-Schallplatten befanden hatte, die ihrem Vater gehörten. Gehört hatten. Dieser war vor ungefähr einem Jahr bei der Arbeit verstorben. Für seine Familie, Familie Foamer, war dies mehr als nur ein tragischer Verlust. Welches Kind und welche Frau, oder: Wer überhaupt hatte es verdient, dass einem eine Person ungeahnt genommen wird, die man liebt und im Leben braucht?

Nun jedoch zurück zu der Schallplattensammlung: Diese lag verteilt über dem Boden herum. Louise war dabei, die Platten so geordnet ,wie es eben ging in das wieder aufgestellte Regal zu räumen, als man das Geklirre eines Schlüsselbundes vor der Wohnungstüre hören konnte.

„Ihr beiden!" flüsterte Louise zu Carl und Maurice, die immer noch im Hintergrund standen. „Ich nehm' das auf mich, verplappert euch nur nicht." Sie lächelte den beiden aufmunternd zu, während sie weiterhin Vinyl-Platten einräumte.

Das Türschloss wurde geöffnet und die Mutter der Kinder kam in die kleine Wohnung hinein. Sie trug einen zerschlissenen Mantel über einem Kellnerinnen-Dress und hatte dunkle Augenringe, die man trotz ihres geschminkten Gesichtes sehen konnte. Nachdem sie ihre Tasche abgestellt hatte und ihr Blick auf ihre Kinder, und somit auf die Unordnung fiel, seufzte sie nur laut auf.

„Es tut mir leid, Mom." sagte Louise. „Das ist meine Schuld-"

Ihre Mutter unterbrach sie: „Schon in Ordnung. Bring... bring einfach deine Brüder zu Bett. Ich krieg das schon hin."

Together - Das erste Jahr | Harry Potter FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt