❊ Kapitel Eins: Jahrhundertschlaf ❊

105 18 21
                                    

Ich hatte vergessen, wielange ich bereits im Traum verweilte. Umso mehr fürchtete ich mich nun davor aufzuwachen.
Viele die ich kannte waren nicht mehr Teil dieser Welt und vieles was ich kannte, wurde wahrscheinlich von Neltharion zerstört. Einige Druiden, selbst Ysera, berichteten mir von dem, was er unserem geliebten Azeroth angetan hatte, bevor er mithilfe der Drachenaspekte und unzähligen Helden getötet wurde.

Neltharion war, genau wie Ysera ein Drachenaspekt. Um genauer zu sein der Aspekt des Todes. Im Namen der alten Götter brachte er Angst und Schrecken über Azeroth.
Doch dies war nicht immer so. Neltharion galt einst als Aspekt der Erde und wachte mit den Aspekten der Zeit, des Lebens, der Träume und der Magie über unsere Welt ehe der Hass ihn verzehrte. Neltharion erhielt für seine Taten viele Namen und Titel die seine Boshaftigkeit und seinen Hass wiedergaben. Der bekannteste von ihnen war: Deathwing der Weltenzerstörer.

Wäre ich nicht zu beschäftigt gewesen, der Verderbnis und dem Wahnsinn im Smaragdgrünen Albtraum Einhalt zu gebieten, hätte ich sein Werk wahrscheinlich mit eigenen Augen sehen können. Jedoch bin ich auch froh darüber gerade die jüngsten Ereignisse nicht miterlebt zu haben. Yseras tot...
Ich habe mich noch nie so leer gefühlt wie an diesem Tag. Sicher, wir hatten keine enge Bindung zueinander, aber ich habe seit jeher zu ihr aufgesehen. Ich weiß bis heute nicht wie der Aspekt der Träume gestorben ist, doch ich bin mir sicher Ysera hätte etwas Besseres verdient.

Seufzend ließ ich mich gänzlich in das grüne Gras inmitten eines Tals mit farbenprächtigen Blumen fallen. Es war ein Teil des Traumes, den die Verderbnis noch nicht erreicht hatte und ich betete, dass es so blieb.

"Na Jinee, bereit für die richtige Welt?" Corvass ertappe mich mal wieder dabei, wie ich gedankenverloren in den Himmel starrte. Ich lag noch immer auf der Wiese und hatte meine Arme hinter meinem Kopf verschränkt.
Corvass lebte, anders als ich, erst seit ein paar Jahrzehnten in diesem spirituellen Reich. Er war mindestens einen Kopf größer als ich und es wäre untertrieben wenn ich sagen würde, er hätte ein paar Muskeln. Ehrlich gesagt würde ich behaupten, dass dieser Elf aus nichts anderem bestand. Auch wenn ich wusste, dass es nicht stimmte.

Corvass war eben mit Leib und Seele ein Bär. Er übte die Rolle des Beschützers und Verteidigers aus.
"Eigentlich nicht." gab ich zu und strich eine Strähne meiner Moosgrünen Haare zurück, nachdem ich mich aufgesetzt hatte.
"Wahrscheinlich werden die ersten Worte, die ich höre wenn ich aus meiner Höhle gekrochen komme folgende sein: Wer ist das denn? Wo kommt die denn her?" ich verzog das Gesicht.
Corvass lachte nur, ehe er sich zu mir setzte. Erst jetzt bemerkte ich das Wesen, welches er in den Händen hielt. Ein Feendrache.
Ein Wesen, welches beinahe einer Echse glich. Zusätzlich besaß es noch große farbenprächtige Flügel und Fühler.
Ich lächelte als ich sah, wie das verspielte und zerbrechliche Wesen sich an ihn kuschelte.

"Das ist gut möglich. Oder sie laufen schreiend davon." Ich runzelte die Stirn und Corvass schien zu verstehen, dass ich seinen Witz nicht verstand. "Na, du sagtest, du schläfst bereits Jahrhunderte. Da ist es doch gut möglich, dass du nun voller klebriger Spinnenweben bist."
Ich stöhnte und ließ mich gegen den jüngeren fallen. "Habe ich schon mal gesagt, dass ich dich hasse? Wie kannst du so etwas Grauenvolles sagen, wo es mir schon so schwer fällt, in meinen Körper zurückzukehren?!"
Der Nachtelf kicherte nur, ehe er meinen Kopf tätschelte. "Jeden Tag, meine Liebe. Du wirst das schon schaffen. Schließlich bist du nun Wächterin."
Mein Blick wurde ernst. Ja, das war ich.

Schweigend erhob ich mich von meinem Platz. "Ich muss mir noch etwas ansehen, bevor ich gehe. Allein."
"Wann wirst du gehen?"
"In einer Stunde." Ich wandte mich wieder zu Corvass. "Und du möchtest sicher nicht mit in die reale Welt kommen?" fragte ich ihn. Wahrscheinlich zum hundertsten Mal.
Doch Corvass schüttelte nur den Kopf. "Auch wenn ich dich nur ungerne allein gehen lasse, aber ich muss hier bleiben und gemeinsam mit den anderen die Verderbnis aufhalten. Du weißt, wie stark sie seit Yseras tot ist. Der Smaragdgrüne Traum darf nicht fallen." erklärte er und pflückte eine Blume mit Schwefelgelben Blütenblättern. "Außerdem muss doch jemand dafür sorgen, dass dein Lieblingsort nicht auch noch der Verderbnis erliegt."
Ich lächelte und nickte, ehe ich die Lichtung verließ.

Die Wächterin von G'HanirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt