Anders als Thorne schlief ich nach unserem Gespräch nicht ein. Wie könnte ich auch? Das, was er gesagt hatte, hatte mich innerlich aufgewühlt, denn tief im Inneren hatte ich auch so gedacht. Ich hatte es mir nur nicht eingestehen wollen.
Bereits vor wenigen Tagen im Traum, als ich Corvass immer wieder zu überreden versucht habe, mit mir den Traum zu verlassen.
Ich seufzte und rieb mir mit dem Handrücken über die Augen. Verdammt! Ich sollte nach diesem ereignisreichen Tag müde sein, doch sobald ich meine Augen schloss, kreisten Tausende Gedanken und Szenarios in meinem Kopf herum.
Ich wandte meinen Kopf und sah zu Thorne rüber, der tief und fest schlief. Seine Brust hob und senkte sich mit seinen gleichmäßigen Atemzügen. Ich beneidete ihn dafür, dass er so ruhig schlafen konnte. Wieso mussten es Männer immer einfach haben, was das anging?
Es war, als würden sie nie von Gedanken geplagt werden, sobald sie im Bett lagen. Als könnten sie ihren Kopf einfach ausschalten.Ich fasste den Beschluss, in die Traumwelt überzugehen. Die ganze Grübelei brachte nicht viel, wenn ich keine Antwort darauf erhielt!
Ich musste mit Corvass sprechen...
Ich musste ihn sehen.Somit atmete ich noch einmal tief durch, ehe ich die Augen schloss und meinen Geist darauf konzentrierte, sich von meinem Körper zu lösen. Dadurch, dass dieser noch nicht lange in meinem Körper verweilte, ging es einfacher als gedacht und ich lief erneut in den Traum über.
Mein Traumkörper manifestierte sich, und als ich das saftige grüne Gras auf meiner Haut spürte musste ich lächeln.
„Bäumchen?" vernahm ich sogleich die vertraute Stimme hinter mir. Ich wandte mich um und betrachtete den hochgewachsenen Druiden, der mir gegenüberstand.
„Hallo Bär." antwortete ich und lächelte zaghaft „Du warst schneller hier als gedacht."
Er zuckte lächelnd mit den Achseln. „Ich habe dich gespürt."
„Hmm."
„Was ist los, dass du schon wieder hier bist? Sehnsucht nach dem Traum?"
„Wieso bist du nicht mit mir gekommen?" fragte ich geradewegs heraus.
Corvass stöhnte auf. „Jinee. Das Gespräch haben wir schon so oft geführt."„Ich weiß. Und es tut mir auch leid, dass ich schon wieder damit anfange. Aber ich verstehe es nicht." Ich setzte eine bedrückte Miene auf. „Du wusstest, dass Azeroth sich verändert hat und das ich mich nie ohne Hilfe ganz zurechtfinden würde. Verdammt, ich bin auf dem Weg in irgendeine Tundra, von der ich noch nie gehört habe!"
Er schmunzelte „Klingt für mich nach einem Abenteuer"
Ich zuckte mit den Achseln. „Das einzige Abenteuer ist bisher Thorne."
Erneut lachte mein Gegenüber auf „Das glaube ich. Aber das kommt schon noch. Bisher wart ihr immer nur in friedlichen Zonen unterwegs."
Das stimmte allerdings.Schließlich trat Corvass näher zu mir und nahm mich in den Arm, während ich die Augen schloss. Ich sog seinen Duft ein und legte ebenfalls die Arme um ihn „Du weißt, ich wäre gerne mitgekommen. Ich würde Lügen, wenn ich etwas anderes behaupten würde. Aber wir alle haben es uns am Anfang zu leicht vorgestellt. Wir dachten, du würdest nur nach Moonglade fliegen und den Stab holen. Keiner von uns hätte wissen können, dass er gestohlen wurde."
Ich schwieg, denn ich wusste, er hatte recht. Augenblicklich kam ich mir mit meiner Aktion völlig kindisch vor.„Aber selbst jetzt geht es nicht. Ich kann dir nicht helfen. Nicht mehr, Jinee... die Verderbnis gewinnt immer mehr an Kraft." Ich erblasste und löste mich aus der Umarmung. „Aber wir hatten sie doch unter Kontrolle!"
Corvass Gesicht nahm einen traurigen Ausdruck an. „Sie hat sich nach deinem verschwinden stark ausgebreitet. Beinahe als hätte sie darauf gewartet."
Mir wurde schlecht und ich spürte, wie sich mein innerstes zusammenzog.„Was ist, wenn ich es nicht rechtzeitig schaffe?" flüsterte ich leise, während ich mich auf das Gras sinken ließ. Nur Sekunden später spürte ich die Hand des Druiden auf meinem Kopf. „Höre ich da etwa Selbstzweifel?"
Ich zuckte nur mit den Schultern. „Vielleicht." War das etwa verwerflich?
Schließlich lag das Schicksal des Traumes, eventuell auch von Azeroth in meinen Händen.
Die Last auf meinen Schultern drohte mich beinahe zu erdrücken.
Corvass lächelte und reichte mir die Hand. „Komm Bäumchen, gehen wir ein Stück."
Ich zögerte, doch ich ergriff die Hand und er zog mich wieder auf die Beine.
„Wohin gehen wir?" fragte ich etwas verunsichert.
„Ich möchte dir jemanden vorstellen."
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Die Wächterin von G'Hanir
FantastikDie Verderbnis droht den Smaragdgrünen Traum vollends zu befallen. Während zahlreiche Druiden versuchen die Verderbnis aufzuhalten, macht sich Jinee, die Wächterin von G'Hanir auf den Weg um den Zweig zurück in den Traum zu bringen. Doch als sie bem...