Sigur

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Ansgar schnappte sich den Zwerg und setzte ihn auf sein rechtes Knie. Seinen Fuß hatte er unter dem Tresen auf einen Kasten Bier gestellt. Langsam schlug sein Begleiter auf seiner Trommel im Takt von Herzschlägen, während der Wikinger weitererzählte …

»Sigur dachte nach. Der Mann neben ihm war nie wirklich ein Freund gewesen. Er war der Nachbarsjunge zwei Blocks weiter, über den jeder redete, den jeder kannte, der ständig von der Polizei nach Hause gebracht wurde und mit dem doch nie jemand mehr als zwei Worte gewechselt hatte.

Bei genauerer Betrachtung konnte er sich schlecht vorstellen, dass dieser Mann den Systemgouverneur getötet haben sollte. Es war nichts wirklich Heldenhaftes an ihm. Der Raumanzug war an mehreren Stellen mit Thermoflicken genäht, das Messer war schartig und der Revolver war wohl gerade noch gut genug um einem glatzköpfigen Schmied auf einem kleinen Mond das Brustbein anzukratzen. Sigur betrachtete das Profil des Schlafenden.

Am Kinn und über dem rechten Auge prangten zwei frisch verheilte Narben. Die Haut schimmerte noch rötlich zwischen den Nähten durch. Seine Nase war fast blutleer und um die schmalen Lippen sprossen die blonden Härchen in alle Richtungen. Das Leben als Freiheitskämpfer war doch ungesünder als allgemein geschildert.

Bilder der Vergangenheit drangen aus seinem Unterbewusstsein an die Oberfläche. Im Speziellen der Tag an dem die Windfallen in die Luft flogen. Ein ohrenbetäubender Knall gefolgt von tiefer Finsternis. Eine Finsternis die durch die Herzen in die Seelen der Bewohner drang. An diesem Tag verlor jeder etwas von seiner Menschlichkeit, denn mit der Nacht kamen Raub und Mord. Eine ganze Woche dauerte das Chaos an und als schließlich das Licht wieder anging war Kal verschwunden.

Auch wenn seine Sache moralisch rechtens gewesen war, so kam Sigur mit sich überein, dass es den Aufwand nicht wert war, denn so wie das Wrack des Kampfgleiters im See versank, so versanken in jenen Nächten die Träume der Menschen auf Teneb III.

Sigur kratzte sich am Kinn. Er war immer auf Nummer sicher gegangen, war ein Unschuldiger in der Kälte der neuen Welten. Zumindest sah er sich so. Deswegen stand er in den dunklen Nächten am Amboss und prügelte auf Sicheln und Eggen ein. Er verbog lieber den glühenden Stahl für eine gute Ernte, als seine Seele für ein unerreichbares Ziel.

Und doch fühlte er die Stärke, die Kal ausstrahlte. Keine Muskelkraft wie seine, eine geistige und diese zurecht zu biegen war unmöglich.

Sigur schlürfte an seiner Bierdose. Mit dem rechten Fuß angelte er sich seinen Koffertransmitter und schaltete ihn ein. Es knackte und kratzte, bis er einen Sender fand. Auf dem kleinen Bildschirm zogen immer wieder dieselben Sätze vorüber.

„Dies ist eine Nachricht der Sicherheitspolizei. Vor wenigen Stunden wurde die Hauptstation des Systems vernichtet. Mehrere Kampfgleiter flohen in Richtung der äußeren Monde. Die Bevölkerung werden gebeten mit vereinten Kräften diese ruchlose Tat zu sühnen. Jedwede Gewalt ist erlaubt. Ich wiederhole, dies ist eine Nachricht …“ Sigur schaltete den Transmitter missmutig ab.

„Was wirst du tun?“ Kal war mit einem Grunzen erwacht.

Sigur sah ihn von der Seite an. Der Mund des Attentäters bewegte sich kaum bei diesen Worten. Der Schmied stand auf und zog seine Luftmatratze aus dem Sand.

„Ich weiß es noch nicht.“

Kal blinzelte ihn an. Genüsslich steckte er seine Hände hinter den Kopf und blickte zum Himmel.

„Gar nichts wirst du tun. Wie ihr alle.“ Zufrieden schloss er seine Augen.

In Sigur tobte ein Kampf aus Wut und Hilflosigkeit. Sein Entschluss jedoch stand fest. Mit einem kräftigen Tritt ließ er Kal hochfahren. Seine Finger verkrampften sich um die Ränder der Matratze.

„Warum denkst du eigentlich, dass wir Leute wie dich brauchen?“

Kal stützte sich auf seine Hände.

„Weil ihr trotz aller Technik, trotz aller Demokratie, trotz allen Wohlstands nicht bereit seid Verantwortung zu übernehmen.“

„Ach und du entscheidest das eben mal für uns, wie?“ Sigur ließ die Matratze fallen und schob sein Kinn nach vorne.

„Ja, denn wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer. Nur schlechter.“ Die beiden Männer funkelten sich an.

„Die werden ohnehin schon wissen, wo dein Gleiter niedergegangen ist. Dann werden sie kommen und dich holen. Dann ist Schluss mit Freiheitskampf für die Welten.“ Sigur atmete aufgeregt durch die Nase.

Kal zog ein paar Patronen aus seiner Brusttasche. Mit dem Zeigefinger sortierte er einige leere Hülsen aus und schubste sie in den Sand. Die Übrigen stopfte er in den Revolver. Mit dem Daumen drehte er die Trommel mehrmals und spannte den Hahn.

„Abwarten“, brummte er.

Der Schmied fokussierte einen kleinen Punkt am Horizont, der sich rasch näherte.

„Nicht mehr lange, dann werden wir es wissen.“ Seine Stimme schwang ruhig im Takt seines Herzens.

Kal stopfte seine Waffe in den Holster und stand auf. Er spähte in den Himmel.

„Vielleicht entscheidest Du Dich dieses Mal richtig.“

Der Wind blies kalt vom See über den Strand.

Ein Transporter näherte sich und landete wenige Meter von ihnen auf den Dünen. Sie wandten sich ab, um den Sand nicht in die Augen zu bekommen.

***

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