Captain A. J. Book

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Noch zwei Stationen lagen auf meinem Weg, bei denen ich nach dem Rechten sehen wollte, als mich ein Schiff anpeilte. Der Näherungsdetektor piepte monoton vor sich hin und der ID-Code kam mir seltsam vertraut vor. Es kam immer wieder mal vor, dass ein Schiff havarierte und um Hilfe bat. Typ und Design des Shuttles vor mir erinnerten mich an alte Zeiten.

Sehr alte Zeiten.

Das Schiff ging längsseits. Als sich die Luftschleuse öffnete staunte ich nicht schlecht. Hindurch trat niemand geringerer als mein Onkel Michael.

»Hast du was zu trinken?« Seine Stimme klang beschwingt und vor allem so, als wäre das nicht sein erstes Glas an diesem Tag.

Hinter ihm vergnügte sich eine Horde Rentner mit Strip Poker und ich war der Meinung einen BH in der Größe eines Campingzeltes gesehen zu haben.

Mein Onkel fläzte sich in meiner Kombüse auf die Bank, legte die Füße hoch und begann zu erzählen: »Alles begann damit, dass wir einen Ausflug auf den Mond machen mussten. Auflage des Hochsicherheits-Altersheims, in dem wir hocken. Du musst dir das vorstellen Sirius.

„Gott war das langweilig“, ächzt Sam und lässt sich in den Stuhl neben mir fallen.

Der fette Toni wälzt sich schwitzend durch den schmalen Gang des Reiseshuttles, fischt einen Schokoriegel aus der Hosentasche und stopft ihn zwischen die glänzenden Bäckchen in den Mund.

„Mannomann, der Heimleitung fällt auch nix intellentes mehr ein“, mampft er vor sich hin.

Sein Herz ist so groß, wie fett und seine Dummheit treibt mir manchmal die Tränen in die Augen, aber er ist ein gutmütiger Kerl. Ich schaue aus dem Fenster und betrachte noch mal den Landeplatz der „Wilky May’s Schokoladen“-Fabrik auf dem Mond. Sie haben Recht. Es ist sagenhaft langweilig gewesen.

Da steht eine riesige Maschine in einer Halle und produziert, dank der verminderten Schwerkraft, die leichtesten Frühstücksflocken am Markt. Was für ein Schwachsinn.

„Toni, beweg dich, wir wollen zu unseren Plätzen“, zetert die alte Dora und bohrt ihm ihren Krückstock ins Kreuz.

„Jaja, Dora, geht klar, Dora! Ich hab grad zu Sam und Mike hier gesagt, dass die Heimleitung zwölf alte Säcke wie uns, ruhig woanders hinschicken hätte können.“

Dora schüttelt den Kopf und zwängt sich an Toni vorbei, der gerade das Schokopapier sauber leckte.

„Mike, halt mir den Fetten und den Sprachfehler da, vom Leib. Ich hab mich noch nie so geschämt, wie heute.“ Ich lächle und nicke. Ich glaube, Dora war schon alt, als meine Mutter noch ein Kind war und ich bin erst gestern 76 geworden.

„Reg dich ab, alte Hexe“, lispelt Sam und zieht hinter ihrem Rücken eine Grimasse.

Sie müssen wissen, dass er nach einem kleinen Umfall im Institut für Kernphysik vor drei Jahren, samt seiner vier ausgeschlagenen Vorderzähne in Pension geschickt wurde. Seither versucht er Wörter mit »s« zu vermeiden, was ihm aber nur selten gelingt und seltsamerweise wird er immer beim Gesprächsthema Kaffeeautomaten sehr sentimental. Na jedenfalls war er es, der uns zu diesem Trip überredet hat.

Sam hat es sich schon beim Start mit unserem Captain verscherzt, als er ihn fragte, ob die ganzen Halsketten nicht das Radar stören würden. Gut, der Chillipfeffer auf dem Klopapier war ein etwas derber Scherz von Sam, aber unser Captain ist jung und wird das schon überleben.

Für die blöden Witze mit der süßen Praktikantin in der Fabrik, konnte ich nichts.

Damit hat Toni angefangen. Aber witzig war es schon, als der fette Klops sie fragt, ob sie mal sehen möchte, wie viel Flocken er sich durch die Zähne schieben kann, sein Gebiss rausholt und eine Tüte durchleert.

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