Kapitel 6

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Regentropfen prasselten an die Fensterscheiben, während Harleen in ihrer Wohnung auf und ab ging. Immer wieder fiel ihr Blick auf den leeren Sessel und sie dachte daran, wie sehr sie sich so oft gewünscht hatte, dort säße jemand an ihrer Seite. Aber dabei hatte sie an jemand normales gedacht... Andererseits hatte dieser Joker wirklich eine faszinierende Persönlichkeit. Seufzend erinnerte Harleen sich an ihre ernsten Vorgesetzten, die schon lange genug in ihrem Job versauerten, dass jedes einzelne ihrer Worter so streng und erhaben klang, als hätten sie noch nie zu lachen gelernt. Der Joker hingegen - oder Mr. J... Sie musste lächeln. Er würde sie zum Lachen bringen, er würde ihr Leben mit Spaß erfüllen - aber auch mit Gefahren. Doch als sie daran dachte, spürte sie ein vorfreudiges Kribbeln auf ihrer Haut. Fantasien von einem spannenden Leben ging ihr durch den Kopf und sie schnappte sich kichernd ihre Schlüssel.

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  "Dr. Harleen Quinzel, ich lebe für diese Momente mit dir", sprach er grinsend. Wie er sie jetzt schon als Doktorin bezeichnete! Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Diesmal war sie freiwillig hier. Die nächste Sitzung wäre erst in ein paar Tagen gewesen, aber aus irgendeinem Grund wollte sie ihn jetzt schon unbedingt wiedersehen.
Ihre Hand glitt in ihre Tasche.
  "Was hast du da?", fragte er neugierig, als Harleen ein kleines Stofftier hervorholte.
  "Ein Kätzchen", kicherte sie.
  "So aufmerksam!"
Sie blickte auf und bemerkte, wie er sie mit seinem Blick förmlich fesselte. Mit aller Mühe zwang sie sich, jenen stand zu halten.
  "Ich glaube du bist genauso an diesem Ort gefangen, wie ich es bin", meinte er plötzlich. Harleens Augen weiteten sich vor Staunen.
  "Wie kommst du darauf? Ich kann jederzeit gehen!"
  "Für immer?"
  "Ehm... theoretisch schon..."
  "Und was dann? Du musst doch irgendwo arbeiten? Oder nicht? Vielleicht heiraten und Kinder kriegen, würde das deinen Eltern gefallen? Und bezahl deine Steuern, deine Rechnungen, guck Nachrichten und sei immer auf dem neuesten Stand! Und folge den Regeln der Gesellschaft, die richtige Mode, verhalte dich normal, gehorche dem Gesetz und dann erzähl mir, du seist frei!"
Sprachlos starrte sie ihn an.
  "Du bist hier gefangen, weil du entweder brav arbeiten gehst oder auf der Straße landest. Und ohne einen gescheiten Lebenslauf nimmt dich vielleicht keiner! Du bist hier gefangen, genauso wie ich! Oh, wir beide könnten da draußen soviel Spaß haben - gemeinsam! Ich muss nur irgendwie hier raus"
Harleens Herz schlug stärker und stärker.
  "Das kriegen wir bestimmt irgendwie hin! Hab ich Recht?"
  "Jaa", raunte er verführerisch, "es gäbe da etwas, dass du für mich tun könntest, Doktor!"
  "Alles, ich meine, ja!"
  "Ich brauche ein Maschinengewehr!"
Schockiert zuckte sie zusammen.
  "Ein Maschinengewehr?!"
Ein breites Grinsen kehrte auf sein Gesicht zurück, zuweil Harleen das Gefühl hatte, als wenn ihr der Boden unter den Füßen weggerissen würde. Sie könnte immernoch gehen - aber sie wollte nicht. Stattdessen nahm sie allen verbliebenen Mut zusammen und nickte langsam.

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In diesem dunklen Winterabend wirkte das Arkham Asylum düsterer denn je. Harleen schlich ganz leise in das Gebäude, das Maschinengewehr auseinander gebastelt in ihrem Rucksack verstaut. Ihr ganzer Körper zitterte vor Aufregung. Sie vermochte kaum sich auszumalen, wie der Joker wohl handeln würde.

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  "Heute Nacht ist unsere Nacht. Dieses Gefängnis wurde gebaut, um uns für immer vor der Menschheit zu verstecken. Vor der Freiheit! Und wollt ihr auch wissen warum?" Joker blickte in die erwartungsvollen Gesichter der anderen Patienten. 
  "Weil die Angst vor uns haben!"
Jedermann begann zu grinsen, einige sahen sich gegenseitig an und kicherten.
  "HEUTE NACHT werden wir uns befreien. Wir werden hier rausgehen und uns der Welt präsentieren. Jeder wird wissen, dass wir existieren. Egal wie wir es ihnen beibringen müssen. Ob mit Blut - oder Feuer!!!"
Tosender Applaus brannte auf. Elegant verbeugte sich der Joker und verließ den Tisch, auf dem er als Bühnenersatz gestanden hatte.
  'Nun fehlt nur noch meine kleine Harley', dachte er sich zufrieden. Grinsend begab er sich zur Tür.

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Harleen ging langsam und vorsichtig durch die düsteren Flure. Das Licht flackerte geisterhaft die Wände entlang. Ein leises Echo von Gelächter hallte durch die Gänge und wollte sie warnen. Doch sie hörte nicht. Weiter und weiter schritt sie vorwärts, das Ziel der Joker, von dem sie längst wusste, dass heute sein erster Aufenthalt im Gemeinschaftsraum war. Und sie spürte, wie ihre Knie immer weicher wurden, je näher sie dem Ort kam. Ihren Rucksack ließ sie bereits über ihre Schultern hinweg zu ihren Händen hinabrutschen. Die Kälte dieser Räumlichkeiten war an ihrer Nasenspitze zu spüren. Mehr Gelächter drang an ihr Ohr. Jokers Gelächter. Nur noch wenige Schritte.
  Sie zückte ihren Schlüssel. Mit zitternden Händen steckte sie ihn in das Schloss. Auf der anderen Seite wurde es hörbar ruhig. Sie drehte ihn. Öffnete.
  "HARLEY", der Joker sprang ihr freudestrahlend entgegen und zerrte sie in den Raum. Ihr Herz begann wie wild zu pochen.
  "Diese Dame hier, ist eine Praktikantin. Und sie hat uns ein hübsches Spielzeug mitgebracht!" Er entriss ihr den Rucksack und warf ihn einen der Männer zu. Jener holte die Teile heraus und begann bestialisch grinsend, es zusammenzubauen. Harleen bekam zunehmend das Gefühl, dass sie diesen Abend ihr Leben lang bereuen würde - falls ihr Leben noch sonderlich lang andauerte. Langsam wand sich der Joker zu ihr um.
  "Lauf", flüsterte er. Auch er begann zu grinsen. Sowie jeder andere. Ein panischer Adrenalinschub durchfuhr Harleen, dann machte sie auf Absatz kehrt und begann zu rennen, als sei der Teufel persönlich hinter ihr her. Aus ihren Augen strömten die Tränen, als sie floh. Doch bevor sie einen Ausgang hätte erreichen können, zerrte ihr Vorgesetzter sie in einen Raum mit verschiedenen Geräten hinein.
  "Was zum Henker machst du hier?!"
  "Bitte! Sie müssen mich gehen lassen, wir müssen hier verschwinden, bevor die uns holen kommen!!", schluchzte sie verzweifelt.
  "Bevor wer uns holen-". Ehe er den Satz beenden konnte, durchbohrten Kugeln seine Brust. Harleen schrie auf und hetzte auf das Fenster zu, doch eine Hand packte sie und riss sie zurück.
  "Beinahe hättest du sie auch getötet!", hörte sie den Joker sagen. Er warf sie in die Arme einiger anderer Männer und sie sah ihn mit einem Baseballschläger auf denjenigen mit der Waffe zugehen. Erschrocken ließ dieser das Maschinengewehr fallen.
  "Die Kleine gehört mir!", zischte der Joker kaum hörbar. Harleen verwünschte den Tag, an dem sie geboren war. Sie wollte ihren Blick abwenden, doch all die Männer zwangen sie zuzusehen, wie ihr Geliebter auf den Schützen einprügelte. Als das Blut selbst in ihre Richtung spritzte, schloss sie verängstigt ihre Augen.
  "Auf die Liege mit ihr"
  "NEIN, LASST MICH LOS", kreischte sie panisch, als man sie rücksichtslos festband. Der Joker ging Schritt für Schritt auf sie zu.
  "Was haben wir denn da?" Sie sah wie er sich über sie beugte und begann die Tage zu vermissen, in der er sich noch harmlos mit ihr unterhalten hatte.
  "Was jetzt, willst du mich umbringen, Mr. J?"
  "Was?" Er zog das Elektroschockgerät zu sich und Harleen verspürte wieder Panik, doch dann biss sie sich auf die Lippen. Wieder gingen ihr seine Worte durch den Kopf.
  "Wir beide könnten da draußen soviel Spaß haben - gemeinsam!" Was wenn dem wirklich so war? Wenn sie ihm nur beweisen müsste, was sie ertragen könnte, um ihn zu überzeugen sie mitzunehmen? Auf einmal hörte sie ihn weiterreden.
  "Oh neein. Ich werd dich nicht umbringen. Ich werd dir nur wehtun. Sehr, sehr wehtun!"
  "Glaubst du? Ich werd es aushalten!", meinte sie entschlossen. Gewaltsam schob er einen Lederriemen zwischen ihre Zähne.
  "Wir wollen doch nicht, dass diese wunderschönen Porzellanzähne brechen!" Harleen versuchte sich zusammenzureißen, doch innerlich zitterte sie wie Espenlaub.
Joker drehte das Gerät voll auf. Im nächsten Moment verspürte Harleen ein Empfinden, als ob Messer ihre Schläfen durchbohrten und ihr Gehirn erreichten, welches sich zunehmend anfühlte, als würde es von Innen heraus brennen.
Ihre Muskeln erschütterten in einer solch gewaltsamen Art, es war als würden ihre Gliedmaßen abgerissen werden.
Der Druck hinter ihren Augen ließ sie glauben, dass jene gleich aus ihrem Schädel fallen würden und ihre Lippen streckten sich zu einer so breiten Grimasse, dass sie sich stellenweise zerteilten und Harleen einen metallischen Geschmack verspürte, während sie in ihren eigenen Mund hineinblutete. Sekunden später, Harleen hätte schwören können es seien Stunden gewesen, war es endlich zuende. Sie starrte ins Leere, zuweil ihr Gehirn ihr jeglichen Dienst entsagte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 05, 2018 ⏰

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