Kapitel 15

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Luke

An meinem ersten Tag im Dienst von meinem Onkel stand ich besonders früh auf, da ich noch meinen Reiserucksack packen musste. Im Umkreis von dem Wald, in dem das Gefängnishaus, wie ich es insgeheim nannte steht, gab es nämlich nichts. Keine Geschäfte, keine Nachbarn und auch keine Straßen. Man musste erst mehrere Kilometer laufen, bevor man überhaupt auf einen Wanderweg traf um von dort aus auf eine Straße zu gelangen.

Ich packte alles ein, das irgendwie nützlich sein könnte und traf mich dann am Eingang des Haupthauses mit meinem Onkel. David wartete bereits ungeduldig auf mich und man konnte erkennen, dass er schlecht gelaunt war. „Ich war gestern noch einmal beim Haus und habe die Wachmänner dort über ein Erscheinen informiert. Undisziplinierter Haufen! Ich erwarte, dass du Ordnung in das Ganze hineinbringst. Ich verlasse mich auf dich. Enttäusch mich nicht Junge.", verabschiedete sich David von mir. Er klopfte mir noch ein letztes Mal auf die Schulter und schon war er wieder weg. Ich seufzte. Das konnte was werden. Ich wusste nicht was mich im Gefängnishaus erwarten würde. Hoffentlich ließen sich seine Männer auch etwas von mir sagen.

Ohne mir weiter den Kopf zu zerbrechen stieg ich in den Wagen und startete den Motor. Noch einmal atmete ich tief ein, bevor ich das Gaspedal durchdrückte und vom Hof brauste.

Nach gut einer Stunde kam ich zu der Abzweigung bei der ich die Hauptstraße verlassen musste und wechselte auf eine der vielen Nebenstraßen von Jordy. Würde ich nicht schon seit mehreren Jahren hier in Jordy leben, hätte ich mich vermutlich verfahren. Aber die jahrelange Erfahrung ließ mich nicht im Stich und ich fand den richtigen Weg. Von der Nebenstraße wechselte ich nach kurzer Zeit auf einen Forstweg und das Gelände wurde immer unwegsamer. Bald würde ich das Auto stehen lassen müssen um den restlichen Weg zu Fuß zurück zu legen. 

Ich kam zu einem Schild, welches das Ende des Forstweges kennzeichnet. Trotzdem fuhr ich noch ein paar Minuten durch das Unterholz bevor ich den Wagen anhielt und so gut es ging mit Gestrüpp tarnte. Vorsichtig warf ich die Decke in den Tarnfarben über das Fahrzeug und befestigte die Plane von allen Seiten. Das müsste genügen um den Wagen vor den Blicken eines verirrten Wanderers zu verstecken. Ich holte mir meinen Rucksack aus dem Kofferraum und schulterte diesen. 

Ein letzter Blick zurück auf die Stelle, an der ich das Fahrzeug geparkt hatte, zeigte mir, dass die Plane gute Arbeit leistete. Man konnte das Auto kaum erkennen und einem vorbeilaufendem Jogger würde er gar nicht auffallen. Zufrieden machte ich mich in die Richtung des Hauses auf. Laut Plan würde der Fußmarsch zirka zwei Stunden dauern.

Immer wieder kontrollierte ich anhand von dem Kompass, den ich dabeihatte, ob ich in die richtige Richtung ging. Es wäre fatal, wenn ich mich in diesem dicht bewachsenen Wald verirren würde.

Während ich mit gleichmäßigen schnellen Schritten durch den Wald stapfte, hin ich meinen Gedanken nach. Ich hatte keine Ahnung was mich erwarten würde. Ich wusste nichts über das Mädchen, das mein Onkel dort in dem Haus gefangen hält. Er hatte mir keine Informationen zukommen lassen und auf meine Nachfrage hin, meinte er nur, dass es für meinen Auftrag nicht von Bedeutung war. Das konnte spannend werden. Wie sie wohl aussah? Womöglich ist sie eine von den reichen Zicken, die von ihren Eltern alles hinterhergeworfen bekommt und nur mit der Hand wedeln muss, wenn sie etwas möchte. Wie ich solche Menschen hasste. Es gab kaum jemanden mit schlechteren Charaktereigenschaften als diese verwöhnten Millionärskinder. 

Wieso mein Onkel sie entführen hat lassen und was sein genaues Ziel war, wusste ich nicht. Um das Geld konnte es ihm nicht gehen, davon hatte er über die Jahre schon genug angesammelt. Diese Familie musste ihm Besitz eines wertvollen Gegenstandes oder etwas Ähnlichem von unbezahlbarem Wert sein, denn sonst würde David wohl kaum das Risiko, das eine Entführung mit sich brachte, in Kauf nehmen. Ich würde schon noch herausfinden, was der Grund für die Entführung war und vielleicht konnte ich das ja zu meinem Vorteil nutzen.

Würde ich in den Besitz dessen kommen, was mein Onkel unbedingt haben wollte, könnte ich damit eventuell einen fairen Handel für meine Tante aushandeln - den Gegenstand im Austausch für ein freies Leben von Chloe abseits von David und seinen Machenschaften. Der Plan klang ziemlich gut in meinen Ohren. Ich würde schon einen Weg finden um ihn umzusetzen. Aber zuerst musste ich den Weg zum Gefängnishaus finden und durfte mich nicht von meinen Gedanken ablenken lassen.

Langsam wurde ich ungeduldig. Hier musste doch eigentlich gleich das Haus sein. Ich kontrollierte nochmals die Koordinaten und warf einen Blick auf die Karte. Ich schien alles richtig gemacht zu haben und doch sah ich weit und breit kein Haus. Gerade als ich die Koordinaten ein weiteres Mal überprüfen wollte, entdeckte ich hinter einem der nächsten Bäume etwas. 

Vorsichtig näherte ich mich und tatsächlich, einige Meter vor mir, gut versteckt hinter einem dichten Wall an Sträuchern und Bäumen, konnte ich ein kleines Haus entdecken. Es war in grün – braun gestrichen und passte sich somit perfekt an die Landschaft an. Kein Wunder, dass ich es nicht gleich entdeckt hatte. Ich durchbrach die letzte Reihe der Bäume und stand nun mitten vor der Eingangstüre zum Haus. Bevor ich mich jedoch weiter nähern konnte, kam mir ein bewaffneter Mann entgegen. Ich erkannte ihn als einen von Davids Männern. 

Zum Gruß hob ich meine Hand und er tat es mir gleich. Nachdem wir uns kurz gegenseitig vorgestellt hatten, führte er mich in das Innere des Hauses. Dort traf ich noch drei weitere Wachmänner an, alles Anhänger meines Onkels. Um gleich am Anfang klar zu stellen, welche Position ich hier einnehmen würde, hielt ich eine Ansprache: „Männer, ich weiß ihr seid Anhänger von David, meinem Onkel. David hat mir die Aufgabe zugeteilt, die Leitung der Überwachung unseres entführten Mädchens zu übernehmen. Das heißt ihr steht nun unter meiner Befehlsgewalt. Was ich befehle, wird ausgeführt. Was ich anordne, wird nicht hinterfragt. Was ich sage, ist Gesetz. Nun da wir das geklärt hätten, geht wieder zurück an eure Arbeit." 

Ich war mir nicht sicher, ob ich den Bogen überspannt hatte, aber da niemand was erwiderte und alle wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgingen, hatte ich wohl noch einmal Glück gehabt. Während die Männer ihrer Arbeit nachgingen, hatte ich Zeit mir einen Überblick über die Situation zu verschaffen.

Zuletzt wollte ich noch einen Blick auf das mysteriöse Mädchen werfen. Es war an der Zeit zu wissen, für David bereit war, alles zu riskieren. Ich ging zurück in das Zimmer, das als Kontrollraum eingerichtet war und schaltete auf die richtige Kamera. Mal sehen was das Mädchen zu bieten hatte. Die Einstellung des Bildschirms wechselte und zeigte mir das Zimmer, in dem das Mädchen untergebracht war. Ich konnte sehen, wie eine zusammengekauerte Gestalt auf dem Bett saß und die Wand gegenüber anstarrte. Ich zoomte mit der Kamera näher an das Mädchen heran um etwas erkennen zu können. Als hätte sie gemerkt, dass sie beobachtet wurde hob sie ihren Kopf und blickte trotzig in die Kamera. Was ich da sah, verschlug mir die Sprache. Das Mädchen war einfach nur wunderschön. 


Hallo meine Lieben, viel Spaß beim Lesen <3

Ihr dürft euch schon auf die nächsten Kapitel freuen - da passiert endlich wieder etwas. Wer hat schon eine Vermutung? 

Sternenkuss- Unter Sternen erwacht #GoldenAward18, #brilliants18, #BeginnerAwardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt