Durch ein abruptes Stehenbleiben des Wagens, der sowieso so auch schon komisch genug war, wachte ich auf. Reya saß noch aufmerksam und starr neben mir, ihre Augen fielen immer wieder zu, doch sofort sah sie zu mir.
"Aussteigen!", kommandierte der Mann mit dem Dziad gesprochen hatte: "Ich bin Łukasow, euer Vorgesetzter, meinen Befehlen ist Folge zu leisten. Ihr seid mir zugeteilt und ungehorsam wird Disziplinierung erfordern oder letztenendes Liquidation. Habt ihr mich verstanden?"
"Ja!", Reya und ich standen stramm wie es Dziad uns zeigte, die anderen waren zögerlich.
Die anderen besah er böse und uns nur kalt. Hier war es recht distanziert, ein Glück dass Reya hier ist. Was wird passieren wenn sie herausfinden dass sie eine Frau ist?
"Hinter mir her zur Musterung! Auf!", seine Stimme war so so laut und mächtig, dass er quer über unser ganzes Lager hörbar wäre. Das hier war aber deutlich größer.
Was war hier? Überall waren eckige grüne Zelte und graue noch größere Zelte mit welliger Wand. Hier war das garnicht mehr überschaubar! Jeder andere der an uns vorbei kam trug diese einheitliche Kleidung oder ein Unterhemd. Atemberaubend. Reya blickte starr vorraus, doch ihre Augen zuckten. Ich konnte die Masse recht gut überschauen da ich etwa einen halben Kopf größer als alle anderen war, überragte Reya mindestens um einen.
Łukasow führte uns in eines dieser riesigen Zelte. Die Wand war hart und kalt. Darin gab es einen Vorraum der in einen anderen führen würde. "Ich nehme je einen von euch hinein für die Musterung. Keine Aufstände!", er griff sich den erstbesten und schleifte ihn mit sich mit. Mir wurde mulmig. Hinter uns traten vier Soldaten herein und es stellten sich je zwei an einen Eingang. Ihr Blick war starr, unkooperativ.
Der Vorraum wurde leerer, niemand kam zu unserer Seite hinaus. Reya ging, sie hatte bestimmt am meisten Angst. Mein Herz war auch nervös und ich hoffte, dass sie es schaffte.
Es war lange still, brauchte länger als bei den anderen.
Dann wurde der Eingang wieder geöffnet und ich trat ein.
"Name?", vor mir saßen 5 Männer und neben ihnen stand Łukasow.
"Bart", antwortete ich umgehend und deutlich.
"Alter?", der ganz linke notierte was ich sagte.
"18."
"Ausziehen!", unmissverständlich sollte ich meine Kleidung ablegen, was mir nicht schwer fiel. Die Felle lagen nun neben mir und ich versuchte emotionslos zu schauen.
Der Mittlere begutachtete mich von allen Seiten: "Was ist das? Woher hast du diese Wunde?" "Eine Schussverletzung, wir wurden gezwungen aufeinander zu schießen", sagte ich laut doch fühlte mich als schnüre es mir meine Kehle zu. Der Soldat schlug mir stark auf die Wunde, das klatschen seines Handrückens auf meiner Haut war kaum überhörbar. Ich rührte mich nicht, Reya hatte sie genäht und heilen lassen. Nur die Erinnerung daran war noch schmerzhaft.
"Gut, angenommen. Zieh das an und dann raus mit dir!", er übergab mir dieselbe Kleidung die hier alle trugen. Eilig zog ich sie an und fühlte ihre Leichtigkeit, doch auch die Schwere der Verantwortung unter ihr, trat mit schnellen Schritten hinaus. Wo war Reya? Vor mir war eine Traube von Menschen, wen umringten sie? Sie.
Reya war von ihnen umringt.
Jeder wusste es nun.
Diese Kleidung sah gut an ihr aus, man erkannte die Rundung ihrer Brust, ihre Haare hatte man gekürzt auf Schulterlänge und der eine Ärmel war hochgekrempelt. Ungläubig blickte ich sie an und vernahm erst jetzt die Stimmen.
"Was sucht eine Frau hier?" "Bist du eine Missgeburt?" "Du packst es sowieso nicht!" Sie stand starr und stabil, umringt von den anderen und sah mich durch die Menge an. Wie konnte sie das aushalten?Das war nun eine Woche her. Uns wurden so viele Informationen gegeben dass mein Kopf anfing zu schmerzen. Alles war neu und 'fortschrittlich'. Alles hatte neue Namen. An Reyas Seite kämpfte ich mich durch alle Übungen und wir waren quasi synchron. Aus den Augen ließ ich sie nie. Ihr wurden oft einige Strafübungen gegeben, sie sprach wie auch im Lager kaum. Nur mit Łukasow und mir. Aus Kameradschaft machte ich die meißten Strafen mit. Ich werde zu ihr halten. Manchmal war ich selbst zu geschafft, sie war ergeben und ich sah dass sie manchmal kurz vor dem Umfallen war.
Wir mussten durch jedes Terrain und aus so ziemlich jeder Position schießen und zielen. Unterschiedliche Gewehre wurden uns gezeigt, was Reya manchmal schwerfiel. Ihre Schulter litt stark daraunter. Das konnte ich jedes mal sehen wenn wir in den Duschkabinen waren. Nur weil sie eine Frau war wurde für sie keine Außnahme gemacht. Jeder dieser Männer durfte sie sehen und sie würde sich nie gegen ein Wort erheben. Ihre Schulter war regelmäßig Braun und Blau. Wasser kam aus Schläuchen und es war warm, solange man nicht länger als 10 Minuten brauchte. Es gab hier auch Seife, etwas womit man die Haut reinigt.
Natürlich konnte ich sie beim Duschen nicht ansehen, ich beobachtete wie das einige recht ungeniert taten. Neben mir zog sie sich wieder ihre Uniform und die dazugehörende Unterwäsche an. Selbst zu mir war sie oft still. Nun, ich sprach aber auch nicht viel. Wahrscheinlich war ich zu sprachlos und musste mich an diese kühle Stimmung und die Hierarchie gewöhnen. Hier wurde man nicht
für besondere Leistung belohnt. Wir waren ganz unten. Erst einmal müssen wir uns qualifizieren und dann könnten wir unabhängig voneinader andere Ränge annehmen, bis dahin wäre es aber ein harter Weg, der einen brechen und umformen würde.
Wir traten aus der Tür in die Schlafsäle und ich legte mich oben in mein Steifes Stockbett und sie unten. Das alles was uns umgab war Metall. Das riesige Zelt war ein Bunkergehäuse aus Wellblech. Jeden Abend hagelten neue Vokabeln durch meinen Kopf und hielten mich fast vom Schlafen ab, würde nicht die Erschöpfung mich entschlafen lassen, die ich durch die physische Aktivität als Folge zu spüren bekam. Morgens strammstehen. Trainieren, laufen, marschieren, klettern, schießen, laufen, Gymnastik, Sprünge, sprinten, schießen, zielen, erschreckend kalte und unfreiwillige Bäder in kaltem Schlammwasser wenn man ein Hindernis nicht schaffte. Das war der neue Alltag. Es gab keine Pausen ausser wenn wir schliefen.
Reya sagte garnichts mehr. Kein Wort, kein Blick. Sie war nur kalt und diszipliniert.
Ich konnte nichtmehr sagen wie lange wir hier waren, hier gab es auch andere Zeitangaben. Ich schätze wir waren nun 3 Monate hier. 92 Tage. Die Ermüdung setzte nun auch schon beim Aufwachen ein, die Muskeln schmerzten nach wenigen Sekunden. Es war wirklich unerträglich. Doch nicht unmöglich.
Man wollte Reya wirklich fertigmachen, denn die Strafen konnte ich nichtmehr mitmachen. Was sollte sie dann sagen?
Ich sprach sie heute Abend an als sie sich anfing neben mir abzutrocknen: "Reya?" Ewig hatte ich ihre Stimme nichtmehr gehört. Ich war schon fertig. Sie zeigte keine Reaktion, nach einer Zeit senkte sie langsam den Kopf. Eindringlich sah ich sie noch kurz an dann seufzte ich und ging in den Schlafsaal.
Sehr viel später kam sie hinaus. Sie legte sich mit dem Gesicht auf ihr Bett und rührte sich nicht mehr. Ich machte mir Sorgen.
Die folgenden Tage sprach ich sie ständig an, manchmal schüttelte sie den Kopf.
Jedes mal fühlte ich mich enttäuschter und kälter. Die Sorge stieg und fiel gleichzeitig.
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Devoured by the Monster of Time
SonstigesHier sammel ich ein paar meiner Entwürfe und ich kennzeichne sie normal mit 1.2.3.bla. Falls ihr einen davon gut findet, stimmt ab oder kommentiert, denn eigentlich sollten das ganze Bücher werden und haben einen genaueren Verlauf. Hatte nur leider...