Kapitel 48

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Gabriel grinste erneut. Am liebsten würde ich ihm dieses Grinsen aus dem Gesicht schlagen. Auch, wenn es hier ein kleines Chaos stiften würde, viele Menschen wären am Ende dankbar dafür. Vermutlich auch der ein oder andere Engel. Aber ich blieb still stehen. Denn ich war unbewaffnet. Was konnte ich also schon ausrichten?

"Denkt ihr, ich wäre ohne Unterstützung gekommen?", wollte Gabriel wissen. Ich schloss die Augen. Soldaten. Er hatte noch mehr mitgebracht. Sie kamen aus ihren Verstecken im Haus. Ich fragte mich, ob sie bereits da waren, als Dave und ich Kaffee gekocht haben, oder ob sie hineingekommen sind, während wir schliefen. 

Ein Kampf war jetzt unvermeidlich. Ich wusste nicht, wer genau angefangen hatte. Doch plötzlich war ein Klirren zu hören. Zwei Schwerter, die sich trafen. So schnell wie ich konnte wich ich aus der gefährlichen Zone zurück. "City", rief Brooke. Ich sah zu ihr und sie war mir ein langes Messer zu, welches ich problemlos fing. 

Damit konnte ich einen Engel nicht töten oder schwer verletzen. Doch es war ein Anfang. Auch wenn es mich graulte, wenn ich daran dachte, das jemandem ins Fleisch zu bohren wie eine kalte Mörderin. Doch ich tat es scheinbar ohne zu zögern. Es war vielmehr ein Instinkt. Der Soldat, der auf Azzurra losgegangen war, keuchte und drehte sich um, als Azzurra ihn mit ihrem Schwert tödlich verletzte. 

Blut. Ich hatte Blut an meiner Kleidung. Doch der Gedanke war schnell wieder weg, als einer der Soldaten mich angriff. Nahkampf. Wie sehr ich das hasste. Aber er beging den Fehler, ein Schwert in der Hand zu halten. Und ich nahm es ihm ab, bevor ich es ihm in den Bauch rammte. Er ging zu Boden und ich zog es raus. 

Geschockt sah ich zu ihm. Ich hatte jemanden umgebracht. "City Vorsicht!", schrie jemand. Mein Instinkt sprang erneut an, ich drehte mich um und blockte den Angriff so gut ab wie ich nur konnte. Auch dieser Soldat starb, jedoch war dieser Tod nicht mir verschuldet. Als ich in das Gesicht der Person sah, die mir das Leben rettete, sah ich Michael. 

Keiner von uns sagte etwas dazu. Er ging dann rückwärts in Richtung der Wand. Wo er sich anlehnte und zusah, wie seine Leute - nein, Gabriels Leute - einer nach dem anderen starben. Nur am Rand bekam ich mit, dass Raziel Gabriel tödlich erwischt hat. Denn die Soldaten waren noch immer da. Auch wenn es weniger wurden.

Während ich gerade den zweiten Soldaten tötete, hörte ich Dave meinen Namen rufen. Schnell drehte ich mich um. Genauso wie der Engel. Daves Schwert schaute diesem dann aus dem Rücken. Er hatte mir das Leben gerettet. Und es war der letzte. Doch der Engel ging mit dem Schwert zu Boden. Dave sah mich mit einer Mischung aus Schock und Schmerz an. 

Dann sah ich zu seinem Bauch. Nein. Nein, das konnte nicht sein. Der tote Engel hatte ihm ebenfalls sein Engelsschwert in den Bauch gerammt. Dave zog es heraus. Und dann verlief alles wie in Zeitlupe. Er ging zu Boden. Ich schrie. Raphael rannte zu seinem besten Freund, damit dieser nicht auf dem harten Boden landete. 

Auch ich rannte zu ihm. Dabei ließ ich das Schwert fallen. Tränen brannten in meinen Augen und liefen meine Wange hinunter, als ich mich zu ihm kniete. Er hustete Blut und sah mich an. "Du...bekommst mein Schwert, Citiana Silver", sagte er mit einem leichten Lächeln auf dem Gesicht, bevor er erneut hustete. 

Ich schüttelte den Kopf. "Nein du Dummkopf. Denn du wirst es brauchen, wenn wir dich geflickt haben", entgegnete ich. Obwohl mein Verstand mir sagte, dass man ihm nicht mehr helfen konnte. Dann griff er nach Raphaels Hand. Ich blickte kurz zu ihm. Es war das erste mal, dass ich ihn weinen sah.

Dave wollte, dass er etwas näher kommt und schien ihm etwas zu sagen. Als Raphael sich dann wieder normal hinsetzte, war Dave tot. Raphaels bester Freund. Einer meiner besten Freunde. Ein enger Vertrauter. Tot. Wut kam in mir hoch, als ich an Michael denken musste. Ich zog dem Soldaten Daves Schwert aus dem Körper und sah zu Michael. 

Wütend ging ich auf ihn los. Er hätte etwas tun können. Selbst wenn er nicht auf Gabriels Seite war und wirklich bedroht wurde, hätte er uns um Hilfe bitten können. Doch stattdessen war er mit hier. Und nun war Dave tot. Er wehrte ab, setzte jedoch nicht zum Angriff an. Jemand griff dann nach meinen Armen. 

"City, es reicht. Er hat es verstanden", sagte Raziel. Natürlich hatte er es. Und es war nicht seine Schuld. Er hatte Dave nicht getötet. Eigentlich hatte er mir sogar das Leben gerettet. In dem Moment begann ich zu weinen und sank erneut auf die Knie. Cora kam zu mir. Sie nahm mich in den Arm. Dann zog sie mich sanft hoch und mit in das kleine Zimmer, in dem Skylar zusammengekauert saß. 

Erst als wir kamen, entspannte sie sich. Niemand folgte uns. Auf dem Bett nahm sie mich erneut in den Arm. So wie es nur eine beste Freundin konnte. Doch auch sie hatte Dave verloren. Also trösteten wir uns in gewisser Maßen gegenseitig. Eine gefühlte Ewigkeit saßen wir dort so. Bis wir uns voneinander lösten. 

Reden half. Also begann ich zu reden. Erst über irgendetwas banales. Und irgendwann auch über die Geschehnisse des Morgens. Wir mussten es einfach loswerden. Dabei liefen mir immer wieder Tränen über die Wangen. Doch es tat gut. Nach einiger Zeit kam Brooke herein. Aufmunternd lächelte sie uns an. 

Sie war voller Blut. Ich sah an mir herunter. Auch an meiner Kleidung klebte eine Menge Blut. Und an meiner Haut. Ich stand auf, verabschiedete mich dann und ging nach oben, um zu duschen. Dabei zog alles erneut im inneren Auge an mir vorbei. 

Auch Daves Tod. Und so sehr ich es verhindern wollte, ich begann erneut zu weinen und setzte mich in der Dusche einfach auf den Boden. Das Wasser lief an mir herunter und wärmte mich, während ich weinte. Nicht nur, dass Dave tot war. Nein, ich hatte auch selber getötet. Zwar waren es Feinde, doch mir gefiel das Gefühl nicht. Trotz allem hatten sie eine Familie. Und vielleicht Kinder, die nun ihren Vater verloren haben.

Irgendwann stieg ich nach draußen und zog mir frische Sachen an. Auch an eine Binde war gedacht. Die Klinke der Tür hielt ich eine Weile fest, bevor ich tief durchatmete und in den Flur ging. Azzurra hatte bereits gewartet. Sie wollte ebenfalls ins Bad und ich machte ihr Platz. An diesem Tag würde ich noch ewig zu knabbern haben. 

* * *

Am Abend saßen wir am Tisch. Uriel war eingetroffen. Stunden zuvor wurde ein Vertrag mit Südamerika ausgehandelt. Es herrschte offiziell Frieden. Michael würde dafür sorgen, dass alle amerikanischen Soldaten abgezogen wurden. Uriel wirkte glücklich darüber. Keiner seiner Soldaten würde nun mehr sterben. 

Aber auch für die Zivilisten kehrte Ruhe ein. In London stand viel Arbeit an. Doch der Rest Europas war einigermaßen gut erhalten. Dort musste man nur wenig Arbeit leisten. Raphael hatte eine Rede gehalten. In der er an die Zusammenarbeit von Menschen und Engeln appellierte. 

Und nun saßen wir hier. Stumm. Daves Beerdigung würde morgen stattfinden. Sein alter Platz war nun von Uriel besetzt. Er würde drei Tage bleiben und dann wieder gehen. Auch Raziel und Malia würden uns dann verlassen. Natürlich würde es Besuche geben. Er und Raphael standen sich nah. Doch auch er musste einen Kontinent reformieren. 

Michaela erwartete eine Gefängnisstrafe in Asien. Freya würde bleiben und helfen. Und wenn es nichts mehr zum helfen gab, würde sie gehen. Irgendwohin, wo sie frei leben konnte. Raphael würde ihr ein Haus kaufen. Genauso wie er versprochen hatte, Azzurra eins zu schenken. Brooke würde fürs erste bleiben. Genauso wie Skylar.

Ich aß nicht sonderlich viel. In den nächsten Tagen wird sich das sicher wieder ändern. Wir alle würden viel zutun haben. Europa. Ein demokratischeres Europa. In dem Menschen und Engel friedlich und gleichberechtigt zusammenleben. Es würde nicht einfach werden. Doch welche gute Sache geschah schon durch einen einfachen Weg?

A/N: Es folgt nur noch der Epilog und dann ist dieses Buch auch schon fertig. Aber keine Angst, ich habe bereits mit dem zweiten Teil angefangen. :D 

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