3. Kapitel

146 41 20
                                    

Ich versuchte immer und immer wieder mich zu befreien. Doch es gelang mir nicht. Auch schreien konnte ich nicht, da einer von den Jungen, mit seiner breiten Hand, mir den Mund zu hielt. Einerseits würde ich am liebsten, so fest ich konnte, in seine Hand beißen, doch andererseits widerte diese mich auch an. Wer weiß, was er damit schon alles getan oder wann er sie zuletzt gewaschen hatte. Deshalb ließ ich es lieber.

Ich versank wieder in meinen trübseligen Gedanken. Was sollte nun aus mir werden? Ich würde hier wahrscheinlich nie wieder freikommen. Was dachte Louis dann, wenn er aufwacht und ich nicht da bin? Kaum traf ich mal einen süßen Jungen, der auch in der selben Stadt wohnte wie ich, dann passierte so etwas. Das war mal wieder typisch. Aber konnte er mich überhaupt leiden? Nachdem er mich vorhin so angeschnauzt hatte, war ich mir nicht mehr ganz sicher. Wahrscheinlich hatte er heute einfach nur seinen höflichen Tag gehabt und hatte mir deswegen geholfen und sich auch bereit erklärt, die Nacht, gemeinsam mit mir im Wald zu verbringen. Es könnte auch sein, dass er denkt, dass ich einfach abgehauen bin. Er würde dann nicht einmal nach mir suchen. Und meine Eltern auch nicht. Die waren die ganze Woche nicht zu Hause. Sie waren auf irgendeiner Reise, wo ich nicht einmal verstand, worum es da überhaupt ging. Auf meinem Bruder war auch kein Verlass. Der war in der Pubertät und konnte nun noch weniger vernünftig denken, als sowieso schon.

Meine Gedanken schweiften wieder zu Louis über. Ich vermisste ihn jetzt schon! Und ich wollte ihn unter keinen Umständen verlieren. Das würde ich nicht verkraften. Moment mal! Was dachte ich da? Das konnte gar nicht stimmen. Wenn ich ihn verlor, weil mich irgendwann das Leben verließ, dann würde ich das nicht mehr wahrnehmen. Aber trotzdem machte mich der Gedanke daran ganz traurig. Ich stellte mir vor, wie meine Verwandten reagieren würden, wenn sie davon erfahren würden. Und wenn Louis es erfahren würde. Dann würde er sich wahrscheinlich große Vorwürfe machen. Denn er war es, der auf mich aufpassen sollte. Und es war auch er, der es vermasselt hatte. Ich hätte eigentlich genauso gut ohne ihn im Wald bleiben können. Aber das hätte er mir höchstwahrscheinlich nicht erlaubt. Aber hätte ich mir überhaupt etwas von einem Jungen vorschreiben lassen? Ich war noch nie so begeistert davon gewesen, auf andere Menschen zu hören. Und ich hatte eigentlich auch nicht vor, es zu ändern.

Nachdem meine Eltern diese Woche nicht da waren, würde es früherstens in einer Woche bei mir zu Hause auffallen, dass ich weg war und da war es wahrscheinlich schon zu spät! Denn welcher Mensch hielt schon sieben Tage ohne Essen und Trinken aus? Wahrscheinlich keiner! Natürlich gab es bestimmt ein paar Ausnahmen, aber ich war mir eigentlich ziemlich sicher, dass ich nicht dazu gehören würde. Das würde dann schon ziemlich nahe an ein Wunder grenzen.

Wenige Minuten später kamen wir dann da dort an, wohin die Jungen mich bringen wollten. Es war ein Ort im Wald, der sehr geschützt von der Umgebung da lag. Auch wenn jemand nach mir suchend durch den Wald gehen würde, würde er mich nicht finden können.

Da fiel mir ein, dass ich mir vielleicht merken sollte, wie die beiden aussahen und was sie anhatten, damit ich eine Aussage machen konnte, falls ich doch gefunden werde. Beide waren ungefähr 1,85m groß und hatten dunkelblonde kurze Haare. Sie trugen dunkle Schuhe und eine schwarze Hose. Die Jacke von dem einen war dunkelblau und die von dem anderen schwarz. In mir stieg eine wirkliche Bewunderung auf, dass ich in einer solchen Situation an so etwas gedacht hatte. In meinen Gedanken schlug ich mir selbst auf die Schulter.

Die beiden Jungen schleuerten mich gegen einen dicken Baum und einer von ihnen machte sich gleich daran, mich zu fesseln. Der andere passte auf, dass ich nichts anstellte. Aber ich konnte gar nichts anstellen. Mir war schon wieder so schwindelig. Hatte ich etwa doch eine Gehirnerschütterung?

Mir war ganz schwummrig. Ich konnte fast nichts mehr erkennen. Meine Sicht wurde mit jeder Sekunde undeutlicher und ich bekam zunehmend Panik. War eigentlich eine Gehirnerschütterung schlimm? Was konnte es alles für Folgen haben? Müsste ich jetzt eigentlich zum Arzt gehen? Was, wenn ich mich wirklich schlimm an meinem Kopf verletzt hatte? Dann blieb mir nicht mehr viel Zeit! Ich bekam es wirklich mit der Angst zu tun. Ich beschloss die Jungen um Hilfe zu bitten. Wahrscheinlich würde es sowieso nichts bringen, aber einen Versuch war es definitiv wert.

Der WimpernschlagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt