Erstaunlicher Weise waren sie noch gar nicht mit dem Mittagessen fertig. Kein Wunder, sie waren auch die ganze Nacht unterwegs gewesen, um Lenny und mich zu suchen. Ich war schon irgendwie stolz auf sie und wollte mich unbedingt im Laufe des Tages bei ihnen bedanken. Als mein Magen knurrte, merkte ich wie lange ich schon nichts mehr gegessen habe. Ich hatte fast 24 Stunden nichts mehr gegessen. Also ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen und hielt nach meinen Freundinnen Ausschau.
Endlich fand ich sie. Sie saßen gemeinsam mit ein paar anderen Mädchen zu siebt an einem Tisch und unterhalten sich angeregt. Neben Luisa war zum Glück noch ein Platz frei und schnell rutschte ich neben sie.
"Da bist du ja", begrüßte mich Luisa erfreut und die anderen lächelten freundlich.
Ich stellte erstaunt fest, wie mich die anderen vier Mädels, die nicht zu meinen Freundinnen gehörten, musterten. Verlegen schenkte ich ihnen ein Lächeln. Sie erwiderten es und Leoni setzte zu einer Frage an:
"Wie geht's dir? Nach so einem Abenteuer?"
Ich schmunzelte.
"Mir geht's soweit gut und eigentlich hätte ich voll und ganz auf dieses Abenteuer verzichten können, auch wenn..."
Ich stoppte und musste an den Kuss mit Lenny in der Höhle denken, wo Louis uns dann auch erwischt hatte. Wo waren die beiden eigentlich? Verstohlen sah ich mich um.
"Suchst du jemanden bestimmtes?", riss mich Lena aus meinen Gedanken und grinste mich an.
Sofort merkte ich wie ich rot wurde. Je röter ich wurde, desto mehr grinsten die Mädchen.
"Willst du uns vielleicht etwas sagen?", erkundigte sich Lia und versuchte mich mit einem ernsten Blick anzuschauen. Doch ihr misslang es.
Ich zögerte. Konnte ich hier alles erzählen? Kann ich den vier anderen vertrauen oder würden sie es gleich in die ganze Welt hinaus posaunen? Schüchtern blickte ich in ihre Gesichter und in ihrer unschuldigen Augen. Ja, denen kann ich vertrauen.
"In der Höhle..." begann ich. "Da kam es irgendwie dazu, dass wir uns geküsst haben. Aber genau in diesem Moment hat uns Louis gefunden"
Meine Freunde begann wie wild zu kreischen. Peinlich berührt stützte ich meinen Kopf in meine Hände. Die waren so peinlich.
"Lina, schnell, schau mal nach links!", flüsterte Lara plötzlich, als sie sich endlich wieder beruhigt hatten.
Ich gehorchte ihr und schaute vorsichtig in die besagte Richtung und genau in die Augen von Lenny. Ertappt schaute ich schnell wieder weg und starrte auf den Boden zu meinen Füßen. Daraufhin brachen sie alle in ein schallendes Gelächter aus.
Mir war das alles so unangenehm, so dass ich mir kurzerhand ein paar gefüllte Brötchen vom Tisch schnappte, aufsprang und in unser Zimmer eilte.
Dort angekommen setzte ich mich auf mein Bett und begann zu essen. Obwohl ich mir drei gefüllte Brötchen mitgenommen hatte, verspürte ich danach immer noch Hunger, aber ich wollte unter keinen Umständen so schnell das Zimmer wieder verlassen. Im selben Moment klopfte es zaghaft an der Tür. Wer konnte das nur sein? Meine Freundinnen würde doch nicht anklopfen, das wäre doch total unsinnig.
"Herein!", sagte ich schließlich.
Ich hatte zwar nicht die geringste Lust jetzt mit jemandem zu reden, aber falls ein Lehrer davor stand und ich ihn anschnauzen würde, wäre das nicht so gut für mich.
Sofort öffnete sich die Tür und Lenny kam zur Tür herein. Im selben Moment, als ich ihn sah wurde ich unheimlich nervös. Was machte er denn hier?
"Hey", sagte er leise.
"Hey", erwiderte ich ebenso leise.
Er schaute verlegen zu Boden und ich tat es ihm nach.
"Ich hab dir etwas zum essen mitgebracht!" meinte er nach einer kurzen Pause.
"Danke...ich hab immer noch Hunger", flüsterte ich leise.
Ich sah dankbar lächelnd zu ihm und erkannte ein breites Grinsen in seinem Gesicht.
Ich machte mich über das leckere Essen her. Nachdem ich fertig gegessen hatte schaute ich ihn nachdenklich an. Bei seinem Anblick musste ich wieder an unseren Kuss denken, welcher ein unwohliges Gefühl in mir hervor rief. Was das ein ernster Kuss gewesen? Oder war das nur zur Ablenkung? Es gab nur einen Weg es herauszufinden. Nämlich ihn zu fragen. Und da ich Gewissheit haben wollte, blieb mir nichts anderes übrig.
"Der Kuss gestern", begann ich zögernd. "War der ernst gemeint?"
Erstaunt hob Lenny den Kopf und sah in meine Richtung. Er schien kurz zu überlegen, bis er schließlich zu Sprechen begann.
"Ich hab den Kuss schon ernst gemeint, aber wie ist es mit dir und wieso fragst du überhaupt?"
"Ich habe ihn auch ernst gemeint", erwiderte ich schüchtern und ich spürte wie mein Gesicht zunehmend eine rote Farbe annahm.
"Ich wollte es einfach wissen", beantwortete ich ihm seine zweite Frage und setzte mich zugleich auf die Bettkante.
Langsam kam Lenny auf mein Bett zu. Sein Gesicht zierte ein verlegenes Lächeln.
Dann stand er vor mir und umarmte mich schließlich.
"Ich bin echt froh, dass dir gestern nichts passiert ist", flüsterte er mir ins Ohr.
"Ich auch", sagte ich ebenso leise und erwiderte seine Umarmung.
Dann küssten wir uns. Ich spürte wie eine angenehme Welle an Wärme meinen Körper durchflutete. Ich wollte, dass die Zeit nicht mehr weiter ging. Sie sollte stehen bleiben, aber besten für immer.
Ein zugeschlagene Tür schreckte mich aus meinen Gedanken. Erschrocken sprangen Lenny und ich auseinander und starrten den Eindringling an.
Es war kein geringerer als Louis, dessen Gesicht eine Ähnlichkeit mit einer Tomate hatte. Wutentbrannt schaute er uns an. Ängstlich wich ich weiter von ihm weg.
"Was soll das?", fragte er lauernd. "Was soll der ganze Scheiß?", brüllte er nun um einiges lauter.
"Was soll was?", erkundigte ich mit erstaunlich fester Stimme.
"Als ob du das nicht weißt! Verarsch mich ruhig und mach so weiter. Du wirst schon noch sehen, was es für Konsequenzen für dich haben wird!", schrie er mich an.
"Was für Konsequenzen?", wollte ich sichtlich beunruhigt wissen.
"Das wirst du schon sehen!", knurrte er, warf mir noch einen letzten bösen Blick zu und verschwand dann aus dem Zimmer.
Erschöpft lehnte ich mich zurück. Was sollte das denn? War der jetzt vollkommend durchgedreht?
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Der Wimpernschlag
RomanceEin zu Beginn ganz normaler Spaziergang hat mein ganzes Leben verändert. Auf einmal ist alles anders.