Lied: Alessia Cara - River of Tears
,,Leah, pack das Handy weg", sagt meine Mutter noch einmal nachdrücklich. Ich unterdrücke zwanghaft ein paar Tränen und schüttele verzweifelt den Kopf. Ein dicker Klos bildet sich in meinem Hals. Er wird mit mir Schluss machen, genau das wird passieren. Wie kann ich es ihm auch verübeln? Schließlich habe ich absoluten Mist gebaut.
,,Tut mir leid", entgegne ich kleinlaut und lasse mein Handy schweren Herzens wieder in der Clutch verschwinden. Angespannt betrachte ich Dean, der sich selbstbewusst vor das Mikro stellt. Ein Glas Sekt in der rechten Hand:
,,Vielen Dank. Auch ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen allen für Ihr Erscheinen bedanken. Ich war noch nie wirklich gut darin, die richtigen Worte zu finden. In der Hinsicht scheine ich wohl nicht nach meinem Vater zu kommen, der einem praktisch aus dem Stegreif eine beeindruckende Rede halten kann. Zwar habe ich mir einige Gedanken darüber gemacht, was ich gerne loswerden möchte, wie ich ausdrücken kann, dass ich mich wahnsinnig geehrt fühle, die Firma leiten zu dürfen.
Natürlich wird es eine große Herausforderung für mich werden, aber ich habe von dem Besten gelernt und an dieser Stelle möchte ich mich insbesondere bei dir bedanken Dad. Danke, dass du mir dein Vertrauen schenkst und mir dein Lebenswerk in meine Hände legst. Ich werde es in Ehren halten und hoffentlich mit dem selben Talent und Geschick leiten, wie du es getan hast. Außerdem soll dieser Abend nicht nur mir gewidmet sein, sondern auch Ihnen. Sie sind ein wichtiger Teil dieser Firma. Ohne Ihre harte Arbeit wären wir jetzt nicht da, wo wir heute stehen. Deshalb erhebe ich das Glas auf Sie alle. Auf die weitere Zusammenarbeit. Auf uns."
Er hebt sein Sektglas kurz an, schaut sich in der Runde um und nippt dann daran. Seine Mutter gegenüber von mir fängt an zu klatschen, gefolgt vom Rest des Saals. Geistesabwesend stimme ich mit ein und räuspere mich wenig später ungeduldig.
,,Das Buffet ist übrigens eröffnet. Guten Appetit", fügt Dean noch hinten dran und stapft gefolgt von seinem Vater die Bühne herunter. ,,Ich schnappe kurz ein wenig Luft, es ist ziemlich warm hier drin", flüstere ich meiner Mom ungeduldig zu und erhebe mich vom Stuhl. Ohne eine Antwort von ihr abzuwarten, laufe ich so schnell es die acht Zentimeter hohen High Heels zulassen nach draußen in den Flur und sehe mich in alle Richtungen hin um.
,,Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?", fragt mich ein freundlicher Mann im Anzug und hebt abwartend eine Augenbraue an. Scheinbar gehört er zur Security. ,,Wenn Sie mir verraten könnten, wo ich ungestört ein Telefonat führen kann, sehr gerne." Aufgeregt warte ich eine Antwort von ihm ab. Sein harter Gesichtsausdruck macht mich ein wenig unruhig und auch die beachtliche Statur wirkt ziemlich angsteinflößend auf mich.
,,Die Treppe hoch links und dann die zweite Tür", raunt er mit einem Zwinkern. Dankend nicke ich und verschwinde die breite Wendeltreppe nach oben. Mit jedem weiteren Schritt bin ich mehr und mehr versucht, Matts' Nachrichten einfach zu ignorieren. Zumindest für eine Zeit lang. Ich weiß selbst, dass ich ein ziemlich schrecklicher Mensch bin. Jeder andere der wüsste, wie ich zu Dean stehe, beziehungsweise glaube zu stehen, würde vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und mich nur ungläubig ansehen. Mir höchstwahrscheinlich dazu raten mir einen anderen Praktikumsplatz zu suchen und sich insgeheim darüber aufregen, wie falsch ich bin.
Vermutlich hätten sie damit sogar recht, aber trotz der Tatsache, dass ich meinen Boss mehr mag, als mir lieb ist, liebe ich Matt. Er fehlt mir, denn er war die letzten zwei Jahre mein Zufluchtsort. Mein Zuhause.
Mental versuche ich mich auf das vorzubereiten, was gleich wohlmöglich kommen wird und öffne vorsichtig die besagte Tür, um in einen dunklen Raum zu treten, der nur durch die Lichter von draußen erhellt wird. Eine einzelne Couch, sowie ein Glastisch und einige Bilder an der Wand befinden sich hier, mehr allerdings auch nicht.
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What You Don't Know [LAUFEND]
General FictionAUSSCHNITT: ,,Weißt du eigentlich, wie sehr ich mir wünsche, deine Hand in der Öffentlichkeit halten zu können? Dich zu umarmen oder zu küssen? Wie gerne ich dich meinen Eltern und Freunden vorstellen möchte?", flüstert er in die Stille hinein. Sei...