Die Zeit bei meinen Eltern war schrecklich, wie immer. Ihre Art und Kontrolle trieben mich in den Wahnsinn. Sie waren einfach so komplett anders als ich, hatten es im Gegensatz zu mir aber entweder nie bemerkt oder ignorierten es.
Schon das Kaffeetrinken war anstrengend. Meine Eltern wussten immer noch nicht, dass ich alles hingeschmissen hatte, um in einer Band zu spielen, die im Monat maximal zwei Gigs hatte. Und das auch nur, wenn es hochkam. Hätten sie eine unserer Proben gesehen, wären sie vermutlich schreiend davongerannt und hätten mich nie wiedersehen wollen.
Das wäre vielleicht nicht einmal so schlimm gewesen, aber sie waren trotzdem meine Eltern. Das Problem mit ihnen war, dass sie so scheiße verbohrt waren. Leistung bedeutete ihnen alles und meine Liebe zur Musik würden sie nur so lange akzeptieren, wie ich darin sehr erfolgreich war. Andernfalls war Musik für sie bloß eine bedeutungslose Branche, in der ihnen zu viele Drogenabhängige waren, als dass sie sie schätzen konnten. Meine große Schwester war genauso, mein großer Bruder war immerhin normal, aber leider weit weg. Er lebte jetzt schon seit fünf Jahren in Australien, wo er inzwischen geheiratet hatte. Nachdem er gegangen war, sah ich ihn nicht ein einziges Mal wieder. Er arbeitete als Meeresbiologe, was laut meinen Eltern ein nicht zukunftsfähiger Beruf war. Irgendwann hatte es ihm gereicht mit den Vorwürfen und er wanderte aus. Bevor er gegangen war, hatte er zu meinem damals vierzehnjährigen Ich gesagt: „Mach einfach das, was du willst, ansonsten wirst du irgendwann genauso verbittert sein wie sie. Ich glaub an dich, Ben."
Diese Worte würden für immer in meinem Kopf bleiben und waren oft das, was mir die Kraft gab, nicht aufzugeben. Wenigstens ein Mensch auf dieser Welt glaubte an mich und unterstützte mich so, wie ich war.
Ganz im Gegensatz zu meiner Familie, mit der ich nun seit über zwei Stunden an einem Tisch saß und Konversation halten musste. Es war so furchtbar, dass ich es nicht einmal wirklich beschreiben konnte. Alle starrten sie mich mit diesen grünen, neugierigen Augen an, die auch ich geerbt hatte – unsere einzige Gemeinsamkeit - und wollten so ziemlich alles aus meinem Leben wissen.
Zu allem Überfluss hatte meine Mutter auch noch meine Ex eingeladen, denn sie war der festen Überzeugung, sie würde mir guttun. Wenn es nach ihr gegangen wäre, wären wir inzwischen vermutlich verlobt und würden beide ein Studium absolvieren, das uns später einmal steinreich machen würde. So war es allerdings nicht. Denn was meine Mutter nicht wusste, war, dass ich sie, eine Woche bevor ich nach Auckland gegangen war, mit Jason, einem Typen aus meiner Schule, erwischt hatte.
Das öffnete mir die Augen und ich hatte sofort mit ihr Schluss gemacht und beschlossen, nie wieder mit so jemandem Verwöhnten wie ihr, zusammen zu sein.
Sie hatte das definitiv begriffen, da war ich mir sicher, aber dennoch saß sie jetzt da und verschlang mich fast mit ihren Blicken. Scheiße, ich konnte nicht noch eine Amalia gebrauchen. Eine reichte vollkommen.
„Und Bennet, wie läuft es denn so mit dem Studium. Bist du immer noch der beste Pianist der Uni?", fragte meine Mutter neugierig und bewies einmal mehr, warum ich mein Zuhause nicht ausstehen konnte.
„Nicht mehr ganz. Da ist dieser Chinese, der toppt uns alle", log ich und versuchte nicht mal so zu tun, als würde mich das groß stören. So sehr musste ich dann auch nicht übertreiben.
„Dann musst du wohl wieder mehr üben, Bennet. Du darfst dir keine Durchhänger erlauben", befahl mir nun mein Vater und ich nickte nur gequält. Wie hielten sie es nur selbst aus, so zu sein? Das musste einem doch auf Dauer total auf den Sack gehen.
Meine ganze Familie starrte mich vorwurfsvoll an und als ich gerade kurz davor war, aufzuspringen und ihnen alles zu erzählen, weil es mich so nervte, sagte meine Exfreundin etwas: „Bennet schafft das schon. Gemeinsam schaffen wir das."
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Ein Abend frisch gemähtes Gras | LESEPROBE
Teen FictionEigentlich ist Bennet Carter ein Loser. Seine Band ist genauso erfolglos wie seine Suche nach der Einen. Einzig und allein sein Groupie scheint ansatzweise an diese Rolle heranzukommen. Doch da trifft Bennet auf Alia, ein Mädchen, dass sich wann imm...