„Wie bist du hergekommen?", fragte Hinata nervös, während sie dicht neben Sakura zu ihrem Zimmer ging. Hin und wieder streifte ihre Schulter die der Haruno und kleine Schauder rieselten ihr Rückgrat hinunter. „Ich persönlich hätte dich nicht fahren lassen."
„Mein Vater hat mich hergebracht", erklärte Sakura mit leiser Stimme. „Er hat auch gesagt, dass ich in so einem Zustand nicht fahren könnte." Hinata nickte verstehend, erleichtert, dass das Gespräch sich auf einer unverfänglichen Ebene hielt. Noch immer fürchtete sie sich vor dem Moment, in dem ihre Freundin den Vorfall im Krankenhaus zur Sprache bringen würde. Unauffällig wischte sie sich die schweißfeuchten Finger an ihrer Hose ab, bevor sie mit pochendem Herzen hinter Sakura in ihr Zimmer trat. Die Haruno sah sich aufmerksam um, musterte die blau gestrichenen Wände und die schlichten, weiß lackierten Möbel. Einen Moment lang ruhte ihr Blick auf dem großen Bett direkt unter dem Fenster, ehe sie sich mit einem Funkeln in den Augen und einem Lächeln auf den Lippen umdrehte. Hinata hielt unwillkürlich die Luft an, als sie den apfelgrünen Iriden begegnete. Ihr Herz schlug noch eine Idee schneller, während sie ihre Freundin einfach nur anstarrte, unfähig auch nur einen Finger zu rühren.
„Weißt du noch, als wir dein Zimmer gestrichen haben?", fragte Sakura schmunzelnd. „Am Schluss war mehr Farbe auf uns als auf den Wänden und dein Vater musste doch noch einen Maler rufen." Hinata nickte wie in Trance. „Hast du das T-Shirt von damals eigentlich noch?", kam es unvermittelt. Die Hyuuga schreckte auf. „J-Ja...", nuschelte sie, ehe sie den Kopf schüttelte und sich wieder fing. Mit schnellen Schritten durchquerte sie das Zimmer, trat neben ihr Bett und schlug die Decke zurück. „Hier." Mit einer Hand hielt sie das ausgeleierte Shirt hoch, welches sie immer als Nachthemd trug. Es war ein schlichtes, weißes T-Shirt, allerdings so groß, dass es ihre halben Oberschenkel bedeckte, wenn sie es trug. Sakura kam auf sie zu und nahm ihr mit einem seligen Lächeln den Stoff aus der Hand. Ihre schlanken Finger strichen sanft, beinahe zärtlich über die blauen, aufgemalten Blumen auf der Vorderseite, ehe sie das Ganze umdrehte und die Rückseite betrachtete. Ihre leuchtenden Augen glitten über den krakeligen Schriftzug.
HinaSaku
forever
„Das haben wir mit der Wandfarbe gemacht, oder?", fragte sie leise. „Ja", erwiderte Hinata und musterte ihre Freundin. Sie wirkte abwesend, ganz so, als wäre sie in Gedanken woanders. „Wie alt waren wir da? Zehn? Elf?", sprach die Hyuuga weiter. „Zwölf", lächelte Sakura. Ihre Finger glitten noch immer über den schon leicht angegrauten Stoff, strichen über die kleinen Löcher, die im Laufe der Jahre hineingeraten waren. „Und jetzt sind wir einundzwanzig...", murmelte sie. Noch einmal strich sie über das Hemd, ehe sie den Kopf schüttelte. Mit leuchtenden Augen schaute sie Hinata an.
„Ich hab meins auch noch. Die Teile sind mittlerweile neun Jahre alt." Sie schien kurz zu überlegen, ehe sich ihr Gesichtsausdruck aufhellte. „Meinst du nicht, wir sollten schön langsam mal Neue machen?"
Erleichterung durchströmte Hinata, als sie die Worte ihrer Freundin vernahm. Das bedeutete also, Sakura würde weiterhin mit ihr befreundet sein wollen. Dennoch kniete ihr das Thema weiterhin auf der Seele. Innerlich gab sie sich selbst einen Stoß. Sie musste das jetzt klären, sonst würde sie nie wieder ruhig schlafen können.
„S-Sakura-chan..?", begann sie unsicher und verfluchte sich gleichzeitig dafür, dass sie wieder in ihr altes Muster zurückfiel. Sobald sie sich nicht sicher war und Angst hatte, begann sie zu stottern. Sie hasste sich selbst dafür und wünschte, sie könnte mehr wie ihre Freundin sein. Sakura trat selbstsicher und bestimmt auf, trotzdem wirkte sie nicht arrogant dabei. Als sich grüne Augen auf sie richteten, atmete sie tief durch und rief sich noch einmal die Worte ins Gedächtnis, die sie seit sie vierzehn war umzusetzen versuchte.
Zwei junge Mädchen, ungefähr vierzehn Jahre alt, sitzen sich im Schneidersitz auf einem großen Bett gegenüber. Die eine hat schulterlange, rosa Locken, die sie über die Schultern zurückgeworfen hat, und grüne, vor Lebensenergie sprühende Augen. Sie sitzt aufrecht da, den Kopf gerade, und lächelt das andere Mädchen ihr gegenüber an. Diese sitzt leicht zusammengekauert da, den Kopf etwas gesenkt. Die glatten, schwarzen Haare fallen über ihre gebeugten Schultern nach vorn und verdecken ihr hübsches Gesicht teilweise. Die weißen Augen leuchten fröhlich, dennoch ist in ihnen eine Spur Unsicherheit zu lesen.
„H-hat er s-schwarze Haare?", stellt Hinata die nächste Frage. Sakura nickt grinsend. Hinata triumphiert. „Dann i-ist es S-sasuke-kun!"
„Richtig", strahlt die Rosahaarige. Hinata grinst zurück. Doch plötzlich wird Sakura ernst.
„Hinata? Kann ich mit dir über etwas reden?" Hinatas Lächeln erlischt, zögernd nickt sie. „Keine Sorge, ich reiss dir schon nicht den Kopf ab", meint Sakura mit einem schiefen Grinsen. „Es ist nur... Seit ich dich kenne, wirkst du... unsicher. Selbst in meiner Gegenwart traust du dich nicht wirklich etwas zu sagen." Hinata wird rot und senkt beschämt den Kopf. Ein kühler Finger unter ihrem Kinn bringt sie dazu, wieder aufzusehen. Unsicher blinzelt sie zu Sakura, die sich lächelnd vorgebeugt hat und sie ansieht. Sie ist so nah, dass Hinata ihren sanften Atem auf dem Gesicht spüren kann.
„Versteck dich doch nicht gleich wieder", meint Sakura sanft. „Ich wollte nur sagen, dass es gar nicht nötig ist, Angst zu haben. Wenn du dir einer Sache sicher bist, stell dich gerade hin und steh dafür ein. Heb den Kopf und versteck dich nicht immer hinter deinen langen Haaren. Kein Stottern, keine Unsicherheit. Du hast es nicht nötig, Hinata." Die ganze Zeit über lächelt sie ihre Freundin sanft an. Hinata kann sie nur verblüfft anstarren. Sie versinkt in den leuchtenden, grünen Augen und ein Gedanke nimmt Gestalt in ihrem Kopf an. Obwohl sie zwei Monate jünger ist, wirkt Sakura so viel reifer als sie selbst. Sie ist selbstsicher und entschlossen. Sie vertritt ihre Meinung, ohne dabei jemanden zu verletzen. Wenn sie Mist baut, steht sie dafür gerade, ohne auf Knien rutschend um Verzeihung zu betteln. Mit einem leichten Kribbeln in der Magengegend fasst Hinata einen Entschluss. Sie will so sein wie ihre beste Freundin.
„Der Vorfall im Krankenhaus..." Hinata wunderte sich selbst, dass sie nicht stotterte. Ihre Stimme war zwar leise und unsicher, doch die Worte kamen flüssig aus ihrem Mund. Sakura schien verblüfft, dass sie das Thema von selbst ansprach. Und genau das spornte Hinata weiter an. Sie wollte ihrer Freundin zeigen, dass sie nicht mehr das kleine, verunsicherte Mädchen von damals war. Sie war gewachsen, war gereift, und sie hatte es nicht nötig, sich zu verstecken! Zumindest nicht vor Sakura... Sie straffte die Schultern und hob den Kopf, blickte ihrer Freundin geradewegs in die großen Augen.
Noch einmal holte sie tief Luft, ehe sie weitersprach.
„Es... Tut mir leid."
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FanficHinata fühlt sich schlecht. Sie hat ihre im Koma liegende Freundin praktisch wachgeküsst. Und es war kein Unfall. Nach dieser Aktion meidet sie fürs erste ein klärendes Gespräch aus Angst vor Zurückweisung und zieht sich zurück. Doch Sakura ist nich...