Kapitel 26

1.6K 55 27
                                    

Heute war ein guter Tag

*Emy's Sicht*

Ich blieb noch etwa eine Stunde in dem Cafe, denn in dieser Zeit schüttete es wie aus Eimern. Als der Himmel wieder klar wurde stand ich auf, verabschiedete mich von der netten Kellnerin und verließ das Gebäude. Ich war mir sicher, dass ich ab jetzt öfter hier her kommen würde. Mit guter Laune schlenderte ich den Gehsteig entlang und beobachtete die vorbei gehenden Menschen. Sie wirkten erleichtert und fröhlicher als zu vor. Wahrscheinlich, weil der Regen aufgehört hatte. Glücklich und in Gedanken vertieft bemerkte ich allerdings nicht, wie grumpy Cat in Menschengestalt über den Gehweg hetzte, mich anrempelte und zu Fall brachte. Ich machte mich schon auf einen schmerzhaften Aufprall bereit, doch der kam nicht. Stattdessen fiel ich der Länge nach in eine riesige Pfütze am Straßenrand, welche sich durch den Regen gebildet hatte. Menschen um mich herum lachten und redeten darüber, wie lustig das doch sei. "War ja klar das so was wieder mir passiert", nörgelte ich und drückte meinen Oberkörper aus dem Wasser hoch. "Wusste gar nicht, dass du so gerne schwimmen gehst", hörte ich eine mir bekannte Stimme sagen. Ich blickte auf und sah Alex vor mir stehen, mit einer Hand ausgestreckt. Ich griff nach ihr. "Haha sehr witzig", meckerte ich. "Ach komm, das war doch nur Spaß. Sei bitte nicht sauer", erwiderte er und kam ein Stück auf mich zu. Ich versuchte die beleidigte Leberwurst zu spielen, doch nach nicht mal 10 Sekunden fing ich an zu schmunzeln. "Wusst' ich's doch", lachte Alex und umarmte mich. Allerdings nicht sehr lange, da er dann merkte, dass ich ja immer noch nass war. Er wich zurück und ich fing an zu lachen. "Na komm, gehen wir zu mir. Das ist näher als Rewis Wohnung. Sonst erkältest du dich noch", erklärte er, nahm meine Hand und führte mich durch die Straßen von Köln bis zu seiner Wohnung.
Am Eingang angekommen dauerte es nicht mal eine Sekunde und schon fing es wieder an zu regnen. Wir stiegen die Treppen hinauf zu seiner Wohnungstür. Alex sperrte auf und gemeinsam traten wir ein. Nachdem wir uns unseren Jacken und Schuhen entledigt hatten, meinte Alex:"Ich bring dir schnell ein Handtuch und trockene Klamotten, dann kannst du hier duschen." Ich nickte. Er zeigte mir den Weg zum Badezimmer und gab mir ein Handtuch. "Ich such dir noch Klamotten raus und leg sie vor die Tür, dann kannst du schon mal anfangen zu duschen", meinte Alex und grinste mich an. Ich bedankte mich, trat ins Bad ein und sperrte natürlich erstmal ab. Meine nassen Kleider legte ich über die Heizung. Zögerlich stieg ich in die Dusche, drehte den Hahn auf und ließ heißes Wasser auf meinen Rücken prasseln. Das war die angenehmste Dusche, die ich seit langem hatte. Es tat so gut, dass ich schon gar nicht erst wieder rausgehen wollte, doch das musste ich leider, da ich ja immernoch bei Alex war. Wieder draußen trocknete ich mich ab und betrachtete mich währenddessen im Spiegel. Die meisten blauen Flecken waren schon längst verschwunden, einige Wunden verheilt, doch die Narben waren noch da und so schnell werden diese nicht verschwinden. Ich stand also da, vor dem Spiegel, und starrte eine Ewigkeit auf meinen Körper. Hatte ich abgenommen? Klar war ich dünn, das war ich schon immer, aber hatte ich so sehr abgenommen? Ist das so noch normal?

Ein lautes klirren mit einem darauf folgenden "Ah nein, scheiße!" riss mich aus meinen Gedanken. Ich öffnete langsam die Tür um die Klamotten zu holen. Es waren eine Jogginghose und ein Hoodie von Alex. Allerdings beides viel zu groß. Ich meine, ja klar kann man einen oversized Hoodie tragen, aber die Hose war nun wirklich zu groß. Ich zog an den beiden Bändern bis sich der Bund schoppte und die Hose nicht mehr rutschte. Meine Haare band ich zusammen, da sie sich durch das Wasser gelockt hatten. Nichts gegen Locken, aber heute sahen sie wirklich schlimm aus. Ich tappste aus dem Badezimmer und suchte nach Alex. Nach dem 3. Raum fand ich ihn dann im Wohnzimmer. Er hatte eine schöne Wohnung. Sie war so hell. Das Licht strömte nur so durch die Fenster und durchflutete die Zimmer mit Licht. Alex kniete auf dem Boden und sammelte Scherben ein. "Ich wollte uns nen Tee machen, aber irgendwie ist mir dann die Tasse runtergefallen", erklärte Alex. "Mach das nicht mit den Händen, sonst schneidest du dich noch!", befürchtete ich. "Ach das geht scho- AU!" - "Hast du dich jetzt geschnitten?", fragte ich obwohl ich die Antwort schon wusste. "N-nein, hab ich nicht", versuchte er es zu leugnen. "Naja ok... doch, so schlimm ist es aber nicht." Er brachte die Scherben weg und kam mit einer neuen Tasse zurück. Dann ließ er sich neben mich auf die Couch fallen. "Pizza?" - "Ja klar!", antwortete ich ihm. Er bestellte und währenddessen suchte ich einen Film auf Netflix. Letztendlich entschied ich mich für "Warm Bodys", da es einfach ein sehr guter Film war. Als dann auch noch die Pizza kam war alles perfekt. Wir aßen gemeinsam und waren dann wieder ganz vertieft in den Film.

*Alex Sicht*

Als der Film vorbei war ließ ich meinen Blick zu Emy schweifen, welche an meine Schulter gelehnt eingenickt war. Gott, sie übersteht ja auch gar keinen Film. Ich musste schon zugeben, sie war unendlich süß. Langsam zog ich die Decke höher und legte sie vorsichtig hin. Sie schlief etwa 10 Minuten und schreckte dann hoch. Sie sah mich mit großen Augen an. "Alex, mein Bruder... Oh Gott, wie spät ist es?" - "19:43 Uhr" - "Oh nein! Basti wird sich schreckliche Sorgen machen!" Sie wirkte ganz überfordert mit der Situation. "Hey, keine Sorge, ich fahr dich schnell heim."

Etwa eine Viertelstunde später standen wir vor dem YouTube Haus. Wir gingen rein und klingelten an der Wohnungstür. Sofort wurde die Tür aufgerissen und Rewi zog Emy zu sich. "Weißt du eigentlich was ich mir für Sorgen gemacht habe, Fräulein?", motzte Rewi sichtlich erleichtert. Er ließ sie los und sagte ihr sie solle schon mal rein gehen. Sie sagte noch Tschüss und bedankte sich für alles. "Hallo Izzi! Wo wart ihr?", meinte er schnippisch. "Ich hab sie zufällig in der Stadt getroffen und sie war ganz nass, also hab ich sie bei mir duschen lassen und ihr trockene Klamotten gegeb-" - "Duschen?! Bei dir? Izzi!", fiel er mir ins Wort. "Du hättest mir ja mal schreiben können", meckerte er. "Ja, tut mir Leid, das hätte ich machen sollen", entschuldigte ich mich. Die Tür öffnete sich und Emy kam nochmal raus. "Eh Alex, deine Klamotten?" - "Die kannst du mir einfach wann anders geben", lächelte ich sie an. Auch sie grinste, bedankte sich nochmal und ging wieder rein. Ich konnte den hasserfüllten Blick von Rewi spüren, wie er mich durchbohrte und mich danach in tausend kleine Stücke sprengte. Ich verstehe nicht mal warum er so einen Aufstand macht. Ich war doch nur nett. "Ja, ich muss dann jetzt auch wieder", versuchte ich mich aus der Gefahrenzone zu retten. Rewi flüsterte ein grummeliges 'Tschüss' und verschwand dann auch in der Wohnung. Er war sauer. Sauer wegen gar nichts. Das war nur eine höfliche Geste von mir. Sonst wäre sie noch krank geworden. Ich hätte sie auch einfach dort in der Pfütze liegen lassen können.

Als ich wieder Zuhause war fiel mir auf, dass Emy's Klamotten noch hier waren. Ich warf alles in die Waschmaschine, da ich mir dachte, wenn ich ihr die Sachen jetzt bringen würde, dann würde ich meinen Kopf verlieren. Tja, Rewi halt. Manchmal ist er so wütend und aufbrausend. Wenn er so ist, dann reagiert er über und es ist ihm egal was er tut. Ich kann irgendwie nicht glauben, dass Emy seine Schwester sein soll. Sie ist so lieb und verletzlich und er ist manchmal so fies und verletzend. Das passt nicht zusammen. Finde ich. Aber gut, manchmal ist eben das Unmögliche möglich. Ich legte mich auf die Couch und starrte den Fernseher an. Der Abspann des Filmes, denn wir angesehen hatten, steht noch immer auf Pause. Erschöpft von diesem Tag schlief ich ein. Mein letzter Gedanke war, heute war ein guter Tag.

Mein Bruder Rewi, seine Freunde und Ich... ~Rewinside/YouTubehaus und andere FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt