Kapitel 4

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Ich bemerkte die Tränen auf meinen Wangen, die sich bei den Gedanken an meine Schwester von meinem Herzen lösten und mein Gesicht überströmten. Die Sehnsucht nach ihr, sie zerfetzte mich, doch ich musste Stärke bewahren, um meine Familie bei Hoffnung zu halten. Etwas in mir veranlasste mich dazu zu meinen Eltern zu gehen. Ich vermisste ihre Nähe und die Sicherheit, dass es ihnen gut ging. Mittlerweile lebte ich nur noch für sie, denn ich sah es als meine Pflicht für sie zu atmen, um ihnen ein wenig Lebensglück geben zu können. Ich verbrannte innerlich von Tag zu Tag mehr, denn mein Herz wurde zerrissen vor Sehnsucht nach einer Schwester, die meine Seele teilte und meine Freude stärkte. Und seit dem Tag, als sie mein Leben verließ, war die Freude von mir gewichen. Kein Lächeln, kein Lachen. Als wäre alles in mir erloschen und zu Asche verbrannt, denn das Warten auf sie hat in mir ein Feuer entfacht, dass jeden Teil meines Herzens niedergebrannt hat. Und trotz allem versuchte ich den Frieden in mir zu bewahren, um mich zu stärken, um meine Eltern zu schützen und auch Jasmina das Gefühl zu geben, dass wir auf sie warteten und sie niemals vergessen würden. Ich konnte förmlich spüren, wie meine Augen anschwollen und wie man an ihrer Röte erkennen konnte, dass ich geweint hatte, doch das war mir egal, solange ich meine Eltern umarmen konnte. Ich schlich ins Wohnzimmer und was ich sah erschreckte mich. Ich fand meine Mutter weinend in einer Ecke, meine Mutter, mein Herz, die stärkste Frau der Welt, die mir zum ersten Mal in meinem Leben die Liebe zeigte und meinen Vater, der sonst so ruhig und zurückhaltend war, laut mit einem Mann streiten, dessen Rücken zu mir gewand war. „Du wirst sie nicht bekommen, nur über meine Leiche. Versteh das! Wer bin ich, dass ich mein Kind gegen mein anderes Kind eintausche? Ich verfluche den Tag deiner Geburt du Hund!". Die Worte meines Vaters ließen mich zittern. Ich konnte mich nicht bewegen, irgendwas ließ mich nicht zu meinen Eltern laufen. Anstatt, dass ich meine Mutter in den Arm nahm oder meinen Vater gegenüber dem Fremden verteidigte stand ich da, verzweifelt und schwach, wie ein Kind, das man alleine aussetzt und das darauf wartet, dass jemand kommt und es rettet. Es klingt wie ein Albtraum, doch das hier war die bittere Realität, meine Realität. Kind gegen Kind? Was meinte er damit? Seine Worte klangen wie eine Verhandlung, bei der am Ende einer leiden musste und ein ungutes Gefühl entwickelt sich in mir. Wer war der Mann, den mein Vater so sehr verfluchte? Und was wollte er?
„Fluch so viel du willst, Hassan. Ich mache dir dieses Angebot nur einmal und wenn du es nicht an nimmst, dann werde ich deiner kleinen Blüte etwas antun. Es sei denn du gibst mir die Andere". Was ging hier vor sich? Was versuchte dieser Mann? Irgendetwas an ihm kam mir bekannt vor. Seine Stimme brannte sich in mein Ohr wie eine grausame Melodie, die man loswerden möchte. Ich bekam Angst und spürte, wie meine Hände anfingen zu zittern und mein Herzschlag unkontrollierbar schnell wurde. „Überleg es dir Hassan, du hast bis Morgen Zeit. Keinen Tag länger." Und mit diesen Worten drehte er sich von meinem Vater weg und blickte in meine Augen..

Die Regentropfen meines Herzens Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt