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Verwirrt saß ich auf meinem Schreibtischstuhl und dachte nach.

Was wollte der Mann? Er klang fast so als ob er mich kennen würde und sich verpflichtet fühlt, auf mich acht zu geben. Auf eine etwas kranke Weise.

Aber ich kannte keinen solchen Mann, ich hatte nicht viele männliche Verwandte.

Mein Vater war noch vor meiner Geburt gestorben. Viel wusste ich eh nicht über ihn.

Onkel hatte ich, soweit ich informiert war, nicht.

Also hatte ich keinen Verdächtigen. Ich war jetzt genauso schlau wie am Anfang.

Der Hinweis, dass er nicht wolle, dass mir etwas passierte, half mir also nicht wirklich weiter. Ich musste noch mehr herausfinden über den Fremden.

Was eignete sich da besser, als ihm zu schreiben? Etwas anderes fiel mir nämlich nicht ein.

Nun stand ich wieder vor der Frage, was ich schreiben wollte.

Bevor ich etwas überstürzte, wollte ich lieber noch einmal über meine genaue Vorgehensweise nachdenken.

Dies könnte ich am besten draußen an der frischen Luft tun, also beschloss ich in den Park zu gehen, der nicht allzu weit entfernt war.

Außerdem konnte ich so meiner Mutter aus dem Weg gehen.

Ich sagte schnell meiner Mutter Bescheid, dass ich raus gehen würde und sich keine Sorgen machen müsste. Was sie eh immer tat.

Der Park war nicht weit entfernt von unserem kleinen Einfamilienhaus am Rande der Stadt.

Da dort nie viel los war, mochte ich es. Es hatte sowas friedliches an sich, dass mich jedes Mal beruhigte.

Ich kam immer hier her wenn mich etwas beschäftigte, so wie jetzt.

Das letzte Mal, als ich hier saß, war als ich den Mann getroffen hatte. Oder besser gesagt den Mörder.

Wie dumm war ich da eigentlich, um auf so ein Angebot einzugehen?! Ein Fremder, der mir ohne Hintergedanken helfen wollte? Wie naiv war ich denn nur?

Ich dachte diese Art hatte ich abgelegt, als ich begriffen hatte, dass das Leben nicht immer gerecht und fair war. Und das war eigentlich der Zeitpunkt, an dem ich neu auf meine jetzige Schule kam und das mit dem Mobbing angefangen hatte.

Ich blickte mich um. Weit und breit war keine Person zu sehen. Das war genau nach meinem Geschmack, wenn einmal jemand redete oder etwas von mir verlangte.

Aber gerade war ich es, die etwas von mir verlangte, nämlich eine Lösung für das Problem.

Wie ich rausfand, wer dieses Mann war.

Mir musste irgendwas schlaues einfallen, wie in diesen Serien, die ich immer schaute.

Aber eine gute Idee ließ auf sich warten. War ja klar, in solchen Situationen fiel mir nie was richtiges ein.

Ich glaubte, die beste Methode wäre, ihn erstmal weniger Sachen zu fragen, die direkt was mit den Morden zu tun hatten.

Vielleicht war er ja bereit über solche Sachen zu reden.

Deshalb schrieb ich: Kenne ich sie?

Es dauerte etwas, bis die Nachricht versendet war, da ich hier im Park schlechtes Internet hatte. Doch ein paar Momente später gab mein Handy einen Ton von sich, der aussagte, dass die Nachricht verschickt wurde.

Ich legte erstmal mein Handy beiseite, um die aufkeimende Panik in mir besser bekämpfen zu können.

Was tat ich hier eigentlich? Ich war doch echt krank, mit jemanden zu schreiben, den ich gar nicht kannte und vielleicht was mit den Morden zu tun hatte.

Und konnte ich mir wirklich sicher sein, dass er es nicht auch auf mich abgesehen hatte? Nein, er hatte doch gesagt, dass er nicht zulassen würde, dass mir etwas geschah. Aber warum? Ich kannte ihn wahrscheinlich nicht einmal.

Wenn er nicht wollte, dass es mir schlecht ging, warum hatte er mir dann nicht vorher geholfen? Ich wurde ja schon seit Jahren gemobbt.

So krank wie der war, Traute ich dem echt alles zu. Da wunderte mich nichts mehr. Wahrscheinlich bildete er sich nur ein, mich zu kennen, dass er sich einen Grund geben konnte, zu morden.

Der Gedanke war auch ein bisschen krank. Aber dafür schrieb ich ja mit ihm, um herauszufinden, warum er das tat und vor allem, wie ich ihn aufhalten konnte.

Als ich auf mein Handy schaute, sah ich, dass ich immer noch keine neue Nachricht hatte.

Es müsste bald Mittagessen geben. Ich sollte wohl besser nach Hause gehen, sonst machte sich meine Mutter wirklich noch Sorgen.

Ich stand also von der Bank auf und machte mich auf meinen Weg. Ich war fast ein bisschen traurig, den schönen Park verlassen zu müssen. Hier konnte ich mich immer so entspannen und mal kurz meine Sorgen vergessen. Das hatte zwar diesmal nicht so geklappt, aber immerhin wusste ich jetzt, wie ich weiter mit dem Mann vorgehen wollte.

*

Zuhause angekommen schloss ich die Tür auf und trat herein. Nachdem ich meine Schuhe in dem Schrank gestellt und meine Jacke an den Haken gehängt habe, ging ich zu meiner Mutter in die Küche, wo diese gerade das Essen zubereitete.

"Hallo, ich bin wieder da", begrüßte ich sie.

"Schön, du bist gerade richtig zum Essen", antwortete sie mir.

Es gab Nudeln mit Tomatensoße, eine der wenigen Sachen, die meine Mutter kochen konnte.

Sie wollte so eine perfekte kleine Familie, bei der man immer zusammen aß und sich alles erzählte. Aber das scheiterte schon am zusammen essen, da mein Vater ja bereits tot war.

Und Geheimnisse erzählte ich meiner Mutter auch nicht, obwohl sie mich oft danach fragte.

Dann fragte sie mich immer, warum ich nie Freunde mit nach Hause brachte und lauter solche Sachen.

Ich konnte keine Freunde mit nach Hause bringen, da ich ja keine hatte. Manchmal fand ich es ganz gut alleine zu sein, aber oft wünschte ich mir eine Freundin, mit der ich über alles reden konnte.

"Mona? Ist alles okay?", hörte ich meine Mutter mich fragen.

Anscheinend hatten mich meine Gedanken ziemlich aus der Realität fortgerissen und die Tatsache, dass ich keine Freunde hatte, hatte mir wohl einen traurigen Gesichtsausdruck beschert.

"Ja... alles okay", sagte ich immer noch etwas nachdenklich.

Sie schaue mich einmal kurz mit einem forschenden Blick an. Als ob sie schauen wollte, ob ich log.

Ich setzte mein schönstes Lächeln auf, um ihr zu zeigen, dass es mir gut ging. Das schien sie zufrieden zu stellen, denn sie nahm den Topf mit dem Essen und ging ins Esszimmer, nach kurzem Zögern folgte ich ihr.

Auf dem Weg ins Esszimmer merkte ich mein Handy in meiner Hosentasche vibrieren. Die Nachricht würde ich mir später anschauen. Obwohl mir das erschweren würde, mich normal vor meiner Mutter zu verhalten, die eh schon dachte, etwas stimmte nicht.

Alone - Alleine gegen den MörderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt