,,Wann kommen deine Eltern?", fragte Louis. Er saß am Fußende meines Bettes und musterte mich aufmerksam. ,,Heute Abend kommen sie am Flughafen an und morgen früh kommen sie direkt vorbei, um mich abzuholen.", entgegnete ich resigniert. Ich war nicht sonderlich erpicht auf das Zusammentreffen mit meinen Eltern, gewiss würden sie mir Vorwürfe machen. ,,Das heißt, du fährst nach Hause?", wollte er wissen. Ich nickte dazu, denn das Internat bei Adams Village war nicht auf Kinder im Rollstuhl eingerichtet, es gab keinen einzigen Aufzug. Merkwürdig, bis vor Kurzem hatte ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als nach Hause zu kommen und mein normales Leben weiterzuführen, inzwischen war Kalifornien genauso gut New York, ich würde überall das Mädchen mit der Querschnittslähmung im Rollstuhl sein. ,,Dann ist das unser letzter gemeinsamer Tag. Wir sollten was daraus machen.", fand Louis und riss mich so aus meinen Grübeleien. ,,Und was schwebt dir da vor?", wollte ich wissen. Ihm musste doch klar sein, dass unsere Möglichkeiten dank meines Rollstuhls begrenzt waren, auch, wenn ich das Krankenhaus nun offiziell verlassen durfte. ,,Heute Abend feiert ein Bekannter von mir eine Party. Wir könnten hingehen.", schlug er vor. ,,Ganz ehrlich, mir ist nicht nach feiern.", erklärte ich. ,,Wir müssten ja nicht tanzen. Es gibt auch witzige Partyspiele.", versuchte er mich umzustimmen. ,,Ein Wettrennen durch halb New York, oder was?", erwiderte ich kopfschüttelnd. Louis zwinkerte mir zu: ,,Vielleicht. Aber wenn du nicht mitkommst, wirst du es nie erfahren." ,,Du gibst wohl nie auf.", warf ich ihm vor, aber ich meinte es nicht böse. ,,Du kannst mir einfach nichts abschlagen.", hielt er dagegen. ,,Also schön. Aber nur, damit du mit der Diskussion aufhörst.", willigte ich letztendlich ein. ,,Ich passe auch auf, dass du nicht aus der Schubkarre fällst.", Schubkarre war Louis' neuer Begriff für Rollstuhl. ,,Und wir gehen, wenn ich keine Lust mehr habe.", warnte ich ihn. ,,Einverstanden.", und damit war die Party beschlossene Sache. Ich wusste noch nicht, wie sich mein Leben von nun an gestalten würde und meine Zukunft stand noch in den Sternen, aber ich wusste, dass ich meinen letzten Abend mit Louis genießen wollte, ganz gleich, was morgen, nächste Woche oder nächsten Monat passieren würde.
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Hinter Glasaugen
Random,,Ist ganz schön viel Druck.", stellt Louis fest. ,,Was?", frage ich irritiert und setze mich neben ihn. ,,Na ja, immer perfekt zu sein. Die besten Füße zu haben, die beste Figur, die beste Technik, die höchste Schmerzgrenze, das alles eben.", erklä...