Kapitel 5

48 12 3
                                    

Ich erwachte von dem monotonen Piepen von einem der Geräte, an die ich geschlossen war. Vielleicht war es das, mit dem die Ärzte die Herzfrequenz überwachten, aber ich war mir da nicht mehr sicher. All die Reden, die die verschiedenen Ärzte mir gehalten hatten, waren von einem einzigen Gedanken überlagert worden und daher wirkungslos an mir abgeprallt. Es war mir egal, wann meine Nachbesprechungen stattfanden oder dass ich zur Reha sollte, um meine Armmuskulatur zu stärken, viel wichtiger war, dass es für immer vorbei war. Meine Augen füllten sich wieder mit Tränen und ich starrte angestrengt an die sterile weiße Decke des Krankenzimmers, um nicht vollkommen die Fassung zu verlieren. Warum hatte ich mich nur zu so einer schwachsinnigen Aktion überreden lassen? Es war alles seine Schuld. Das alles hier. Und er war natürlich mit nichts als einem geprellten Handgelenk davongekommen. Auf dem Nachttisch neben meinem Bett standen zierliche blaue und gelbe Blümchen in einer Vase. Es schienen die einzigen Farben in diesem trostlosen Zimmer zu sein, in dem sonst nur ein Farbton existierte: makelloses Weiß. Die Blumen waren wirklich hübsch. Langsam streckte ich die Hand aus und strich behutsam mit den Fingerspitzen über einige der Blüten. Auf die Vase hatte jemand ein neongrünes Post-It geheftet, welches mit geschwungenen blauen Buchstaben bedeckt war. Die Schrift wirkte mädchenhaft und grazil. Ich zupfte den Zettel von der Vase und las ihn mir mit gerunzelter Stirn durch:

Hallo Skye,

Du hast so tief geschlafen,

dass ich dich nicht wecken

wollte. Gute Besserung.

L.

Scheinheiliger Vollidiot! Verärgert zerknüllte ich das Post-It und schleuderte es von mir. Beinahe geräuschlos prallte es an dem gegenüberliegenden Fenster ab, landete auf dem Boden und rollte unter mein Bett. In meiner Wut fegte ich auch die Vase mit den Blumen vom Nachttisch. Das Wasser ergoss sich auf den grau-weiß melierten Boden und das Glas sprang klirrend in Scherben. Inmitten dieser Pfütze und den Scherben lagen die Blumen verteilt, bewegungslos, fast so wie ich. Am liebsten wäre ich aufgesprungen und auf dem Durcheinander herumgetrampelt, bis nichts mehr übrig war, aber ich konnte es nicht. Seinetwegen konnte ich nicht mal mehr das. Eine Welle der Verzweiflung erfasste mich und ich begann gleichzeitig zu schreien und zu weinen. Ich weinte, weil mein Leben nun endgültig zerstört war und ich beschimpfte Louis lauthals und dabei schlug ich noch wild um mich. Kurz bevor eine der Krankenschwestern hereinkam, streiften meine Hände dabei mehrmals die Bruchstücke der Vase und ab da waren meine Hände nicht nur wegen dem Wasser des Straußes nass. Die Schwester, die kurz darauf hereinkam, packte mich hart an den Handgelenken und schrie irgendjemanden an, er solle sofort die Spritze herholen. Ich schrie immer weiter, bis mich etwas in den linken Oberarm piekte. Ich bemerkte, dass ich schläfrig wurde, mein Kreischen ging in ein krampfhaftes, abgehacktes Schluchzen über und die Krankenschwester lockerte den Griff um meine Handgelenke etwas. Einige Sekunden später wurde mir schwarz vor Augen.

_______________________
Hey ihr!
Ich habe irgendwie Angst, euch mit diesen verschiedenen Zeitebenen in den Kapiteln zu verwirren... sagt bitte Bescheid, falls ihr etwas nicht checkt, ok? Liebe Grüße,
Eure Lillesang

Hinter GlasaugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt