Kapitel 3: Ein Stück Kuchen

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Die Freude darüber, dass Freya doch noch ihren Geburtstags-Karottenkuchen bekommen würde, konnte sie schwer verbergen. Singend stellte sie den Teig fertig, kleidete die Form mit Backtrennpapier aus und stellte den Kuchen schliesslich in den Ofen. So eine Form hatte sie noch nie gesehen, sie war irgendwie vom Material her ungewöhnlich. Und auch von der Aufmachung. Aber was sollte es, es war eine Form! Während der Kuchen im Ofen an seiner braunen Farbe arbeitete, beschloss die Rothaarige Kolumnistin, Journalistin und anstrebende Autorin die letzte Kiste auszupacken. Sie verstaute die Bücher im Regal, hängte die Kamera zum laden an den Strom und stellte ihre geliebte Schreibmaschiene auf den Schreibtisch. Sie war gerade dabei ein neues Blatt Papier einzuspannen und die Tinte zu prüfen als der Küchenwecker klingelte. Sie holten den herrlich duftenden Kuchen aus dem Ofen und stellte ihn zum Auskühlen hin bevor sie wieder an das Pult zurück kehrte. Ihr Blick glitt vom leeren Blatt in den verschneiten Innenhof und auf der anderen Seite des Gebäude hoch bis in den 3. Stock. Brauchte Sie Vorhänge, damit dieser Mr. Roberts ihr nicht die ganze Zeit in die Wohnung sah? Sie selbst konnte nur schemenhafte Umrisse erkennen und obwohl sie zum Arbeiten eine Brille brauchte, glaubte sie nicht, dass es jemanden gab der so gut zu ihr rüber sehen würde, dass es sie störte. Im Schlafzimmer waren ja zumindest Vorhänge vorhanden. Sie setzte sich also an den Schreibtisch und kramte die bisher geschriebenen Seiten ihres Krimis hinaus. Es waren bisher nur Ideen. Freya war mit dem Protagonisten noch überhaupt nicht zufrieden, er war ihr zu plastisch. Ausserdem konnte sie sich einfach nicht entscheiden, ob der Krimi nun in der heutigen Zeit oder doch lieber der Vergangenheit spielen sollte.

Gut eine halbe Stunde sinnierte die Rothaarige an ihrem Buch herum, bis sie sich schliesslich entschied, dass das so keinen Sinn machte. Sie kehrte in die Küche zurück und vollendete stattdessen den Kuchen mit Zuckerglasur und Marzipankarotten. Ausserdem reinigte sie die komische Kuchenform peinibel, sie wollte sie ja schliesslich in gutem Zustand zurückgeben. Freya steckte eine Kerze in den Kuchen, entflammte sie, schloss die Augen und wünschte sich ganz fest, dass sie das Buch dieses Jahr endlich schreiben würde. Dann bliess sie die Kerze aus und lächelte zufrieden. Die Tradition war gerettet. Ein Liedchen pfeifend schnitt sie dann zwei grosse Stücke von dem Kuchen ab und plazierte sie auf Tellern. Das eine Stück landete zusammen mit einer Tasse Tee und ihrem Buch auf dem Sofatisch. Dieses würde sie sich gönnen, sobald sie die Form zurückgebracht hatte. Zu diesem Zweck nahm sie dann das gute Stück sowie auch den Kuchen mit sich und überquerte erneut den Gang zur Wohnung von Mr. Roberts. 

Erneut musste Freya eine Weile warten bis die Tür sich öffnete und die Rothaarige fragte sich ernsthaft, ob ihr Nachbar den ganzen Tag mit Jacke und Handschuhen herumlief. Diese Frage würde sie ihm aber nicht direkt stellen, dafür war sie ja nicht da. So lächelte sie, schliesslich würde sie dieser etwas kuriosen Gestalt ewig für den Erhalt ihrer Geburtstagstradition dankbar sein. "Ich bins schon wieder. Ich hab ihre Form zurück Mr. Roberts", verkündete sie dann und sah in die eisblauen Augen, die sie schon beine etwas erschaudern liessen, so kalt waren sie. "James", kommentierte der Dunkelhaarige ihre Aussage und Freya runzelte die Stirn. Was meinte er denn bitte damit? "Ich bin James", fügte er dann noch hinzu und endlich ging ihr ein Licht auf. Er wollte nicht mehr Mr. genannt werden und sie hatte es nicht verstanden. Peinlich! "Freut mich", versuchte sie die etwas peinliche Situation mit einem Lächeln zu überspielen und gab ihm die Backform zurück. "Vielen Dank noch einmal. Ich habe als kleines Dankeschön hier noch ein Stück Kuchen für Sie..DICH!", stammelte sie. Diese Augen, die sie so durchdringend musterten, brachten sie echt aus dem Konzept. "Ich hoffe es schmekt! Den Teller kannst du einfach mal bei Gelegenheit vorbei bringen, ich bin fast immer da", brachte die Rothaarige dann doch noch heraus und überreichte ihrem Nachbarn auch noch den Kuchen. Dann drehte sie sich mit einem "Schönen Tag noch!" um, winktel und verschwand um die Ecke. Dieser Kerl war irgendwie komisch, sein Blick so durchdringlich und kalt, dass er sie aus dem Konzept brachte. Auch seine Umgangsart war alles andere als durchschnittlich. Aber irgendwie war es genau das, was Freya auch interessierte. Nun aber erst einmal Kuchen, den hab ich mir verdient!, dachte sie und liess sich auf dem Sofa in ihrer Wohnung nieder.

Ich wohne neben an - eine Bucky Barnes FF [Originalfassung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt