Epilog

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Freya schob den Kinderwagen durch die Strasse. Sie war gerade etwas kleines Einkaufen gewesen. Lange würde sie das nicht mehr tun können, der wachsende Bauch machte ihr immer mehr zu schaffen. Schon in zweieinhalb Monaten würden sie endlich ihre zweite Tochter in den Armen halten. Zu gut konnte sie sich noch daran erinnern, als sie mit Helena, ihrer ersten Tochter, schwanger gewesen war. James hatte total überreagiert und sie wie ein rohes Ei behandelt. Bis es ihr schlussendlich gereicht hatte und sie ihn für eine Nacht auf der Couch schlafen liess. Von da an hatte er sich nie mehr eingemischt. Schliesslich hatte sie die Schwangerschaft mit Finn auch ganz alleine überlebt. Der rothaarige Junge war inzwischen acht Jahre alt und in der Schule. Er kam jetzt in das Alter, in dem er mit seinem Vater Fussball spielen, Feuer machen und im Wald herumtollen konnte. Und sie wusste genau, dass James jeden dieser Momente enorm genoss. Manchmal sah sie die Zwei im Garten und konnte immer noch nicht glauben, dass es wahr war. Sie bog in die Strasse ein, in der sie seit beinahe zwei Jahren wohnten. Nach dem grossen Sturm, der ihr die Liebe ihres Lebens zurück brachte, war ihre Wohnung komplett renovierungsbedürftig gewesen. Doch dazu war es nicht gekommen. Stattdessen hatten James und sie dieses weisse Haus im Südstaatenstil mit der grossen Veranda erworben. Ein Jahr später kam Helena zur Welt. Und nun war sie schon wieder schwanger. Sie hatten beide unbedingt noch ein drittes Kind gewollt und da sie mit ihren 36 Jahren nicht mehr die Jüngste war, hatten sie sich entschieden nicht zu warten. Ein Lächeln schlich sich auf die Lippen der Rothaarigen, als sie an ihren Mann dachte. Das Alter stand ihm, wenn man sie fragte. Viel sah man ihm noch nicht an, die Fältchen um seine Augen waren mehr geworden. Und seine langen Haare waren von dem einen oder anderen silbernen Faden durchzogen. Er sah immer noch genauso umwerfend aus, wie vor neun Jahren, als sie ihn das erste Mal sah. 

Als sie endlich das Haus erreichte öffnete sie erleichtert den Gartenzaun und musste eine kurze Pause machen. Es war heiss, das Sommerkleid klebte an ihrem Körper. Und die acht Kilo Extragewicht, die sie mit sich herumschleppte, waren auch nicht gerade hilfreich. Sie kramte in ihrer Tasche nach dem Schlüssel für die Wohnung und wollte gerade aufschliessen, als sie eine Autotür zufallen hörte. Ihr war vorher gar kein Auto aufgefallen. Ihres war auf jeden Fall nicht da, damit war James zur Arbeit gefahren. Als sie sich umdrehte hörte sie das Quietschen des Gartentors. Zwei Meter weg von ihr stand ein blonder Mann, den sie auch mit Sonnenbrille sofort erkannte: Steve. Noch vor zwei Jahren hatte sie eine enorme Wut auf diesen Mann gehabt. Inzwischen hatte sich das etwas abgeschwächt. Sie hatte ein paar Mal darüber nachgedacht, was wohl passieren würde, wenn sie ihn wieder sah. Aber sie hätte sich nie gedacht, dass es tatsächlich passieren würde. "Steve Rogers", murmelte sie und zog eine Augenbraue hoch, "Was willst du?" Sie war nicht gerade freundlich zu dem Eindringling. Wieso auch? "Ich will mich entschuldigen", kam es vom Zaun und sie lachte. Sie hatte sich schon vor Monaten auf den Tag vorbereitet, an dem das passieren würde. Und sie hatte entschieden, dass es nicht ihre Entscheidung war. James und der Captain hatten eine Geschichte, die sie niemals komplett kennen geschweige denn verstehen würde. James alleine musste entscheiden, ob er ihm vergeben konnte oder nicht. Und sie würde seine Entscheidung akzeptieren. "Da wirst du eine Weile warten müssen, James ist nicht zu Hause", sagte sie und drehte sich wieder von ihm weg. "Aber du kannst dich nützlich machen und mir die Taschen reintragen", forderte sie dann und nahm die braunhaarige Helena aus ihrem Kinderwagen. Dann trat sie ins Innere des Hauses. 

Kurz darauf waren alle Einkäufe im Kühlschrank verstaut, Helena spielte auf einer Decke am Boden mit ihren Bauklötzen und Freya stellte eine Kanne frischen Eistee auf den Tisch. Ihr ungebetener Gast stand an der Wand und betrachtete das Foto, dass da hing. Es zeigte sie und James an ihrer Hochzeit vor acht Monaten. Als ob er bemerkt hatte, dass sie ihn beobachtete, drehte Steve sich um und setzte sich nun zu ihr an den Tisch. "Mädchen oder Junge?", fragte er sie dann und deutete auf ihren Bauch. "Mädchen", erwiderte sie und schenkte ihm auch etwas Eistee ein. "Ich hoffe du hast eine gute Entschuldigung parat, die wirst du brauchen müssen wenn er nach Hause kommt", warnte sie den Blonden dann vor. "Ich weiss nicht ob es dafür je eine Entschuldigung geben kann", meinte ihr Gegenüber dann und fuhr sich über den Mund. "Sharon und ich, wir sind letztes Jahr auch Eltern geworden. Ein Junge", erzählte er dann und Freya nahm einen Schluck von ihrem Eistee. "Ich glaube, dass ich erst seit Jannis da ist wirklich weiss, was wir euch damals angetan haben", fuhr Steve dann fort und sah sie an, "Es tut mir wirklich unendlich leid Freya. Ich hätte es verstehen müssen, spätestens als du sagtest, dass du seinen Sohn geboren hast." In diesem Moment hörte Freya die Tür aufgehen und sah auf die Uhr. "Wenn wir gerade dabei sind", sagte sie und lächelte, als sie hörte wie ihr Grösster: "Bin zu Hause!" durchs Treppenhaus rief. "In der Küche Finn", rief sie zurück und der Rotschopf kam um die Ecken. Er hatte immer noch ihre roten Haare, doch die Locken waren verschwunden. Wie beinahe jeden Tag begrüsste er erst seine Schwester, bevor er zu ihr an den Tisch kam und Steve musterte: "Wer ist das Mama?" - "Ein ehemaliger Arbeitsfreund deines Vaters. Er heisst Steve. Hast du Hunger?", erklärte sie ihrem ältesten Sohn und erhob sich dann. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Finn dem grossen Blonden die Hand reichte und sich dann wieder zu Helena auf den Boden setzte. "Ja, haben wir noch Eis da?", erwiderte er nebenbei und Freya nickte. "Im Keller sollte noch etwas in der Gefriertruhe sein", die Worte reichten und dann war er auch schon verschwunden. "Er sieht ihm immer ähnlicher", bemerkte der Captain dann und Freya lächelte: "Oh ja."

Als Finn sein Eis geschleckt hatte musste er sich an seine Hausaufgaben setzten. Freya machte sich an die Vorbereitungen fürs Abendessen und Steve sass Draussen hinter dem Haus auf der Veranda. Er schien nachdenklich zu sein aber auch sehr ruhig. Freya hingegen wurde mit jeder Minute, die 18:00 Uhr näher kam, nervöser. Sie hatte keine Ahnung wie James auf ihren Gast reagieren würde. Und sie fragte sich, wie sie die Kinder da raushalten konnte. Als es dann so weit war und sie das Auto zufahren hörte ging sie zu Steve auf die Veranda raus. "Bleib hier, ich will erst mit ihm reden. Schliesslich möchte ich gerne, dass das Haus ganz bleibt", wies sie ihn an und fing James dann an der Eingangstür ab. Der Dunkelhaarige sah müde aus, er litt auch nach zwei Jahren immer noch unter der Hitze. Kurz nachdem sie sich hier niedergelassen hatten, hatte er eine Anstellung in einer Sicherheitsfirma in der Innenstadt gefunden. Die Arbeit gefiel ihm, aber es machte ihn lange nicht so glücklich wie die Zeit, die er mit seinen Kindern verbringen konnte. "Na wie geht's euch", sagte er lächelnd als er die Arme um sie legte und Freya zuerst einen Kuss auf die Lippen und dann auf den Bauch gab. "Uns gehts gut. Aber ich muss mit dir reden", erwiderte sie und James bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. "James, Steve ist hier", informierte sie ihn dann ohne Umschweife über die Tatsachen und sah sofort, wie die Wut in seinen Augen aufloderte. "Wow, ganz ruhig. Ich will nicht, dass die Kinder irgendetwas davon mitkriegen. Vor allem Finn nicht. Und es wäre auch schön, wenn das Haus ganz bleiben würde", beschwichtigte sie ihn und hielt seinen Arm fest. Sein Atem beruhigte sich wieder ein wenig und er strich ihr über die Wange: "Versprochen. Wo ist er?" - "Im Garten hinter dem Haus." Diese Worte hatten gereicht, dann war er auch schon ums Haus herum gegangen. Wahrscheinlich um nicht Finn über den Weg zu laufen. 

Vom Küchenfenster aus sah er wie ihr Mann direkt an Steve vorbeistampfte und Richtung Wald ging. Bald verschwanden die beiden aus ihrer Sicht und jedes Mal wenn ein Baumwipfel sich bewegte, machte sie sich Sorgen um James. Sie kochte das Abendessen fertig und wollte gerade den Kindern rufen, als die zwei Männer wieder aus dem Wald kamen. Sie sahen nicht allzu schlimm aus, es hätte bestimmt schlimmer sein können. Kaum hatte James die Tür ins Haus geöffnet, stürmte Finn ihm entgegen und warf ihm seinen Fussball zu. "Ich hab heute in der Schule zwei Tore geschossen! Spielen wir nach dem Essen noch eine Runde Papa?", berichtete er und duckte sich unter James Hand hinweg, als dieser ihm durch die roten Haare wuschelte. "Erst mal Essen wir jetzt. Und dann hilfst du deiner Mutter mit dem Abwasch", erwiderte er mit einem sanften Lächeln. Er trat an Freya hinan und sie sah in seine Augen: "Bleibt er zum Abendessen?" - "Ja", erwiderte ihr Mann und er sah erleichtert aus. Lächelnd drückte sie ihm einen Topf in die Hände: "Na dann, Gumbo für alle!"

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Ich wohne neben an - eine Bucky Barnes FF [Originalfassung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt