Kapitel 11: Familie

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Freya beobachtete wie der Dunkelhaarige zu taumeln begann und sich an der Wand festhielt. Für einen Moment sah er gar nicht gut aus, doch dann richterte er sich wieder auf und fixierte sie. Und dann sah sie, wie er näher kam. Vorsichtig setzte sie Finn auf den Boden und gab ihm einen Kuss auf den Kopf. "Geh zu Oma, sie holt dir bestimmt eine heisse Schokolade", sagte sie sanft zu dem Kleinen und beobachtete wie er zu ihrer Mutter hin rannte. Freya richtete sich wieder auf und bemerkte, wie Steve nervös zu James hinüber sah. Und dann stand er plötzlich vor ihr. Freya sah in seine eisblauen Augen und spürte sofort wie sich ihre Nackenhaare aufstellte. Sie hatte ihn so unglaublich vermisst. Sie konnte die kleinen Falten um seine Augen sehen, die kleinen grauen Sprenkel darin. Sie konnte ihn riechen. Sie hätte ihn berühren können, doch sie getraute sich nicht. Steif stand sie ihm gegenüber, wusste nicht was sie tun sollte. Doch als er mit seinen Fingern sanft über ihre Haare strich und dabei ihren Namen flüsterte, konnte sie sich nicht mehr zurückhalten. Tränen flossen über ihre Wangen und sie begann zu schluchzen. Und ehe sie sich versah war sie in seinen Armen und drückte ihr Gesicht gegen seine Brust.

Er roch immer noch gleich. Nach seinem Shampoo, Schweiss und dem Leder, dass er trug. Und er hielt sie einfach fest. All die Trauer die sich in den letzten Jahren aufgestaut hatte, liess sie heraus. All die Wut, all die Verzweiflung. Sie musste nichts mehr zurückhalten, er war hier. Und er liess sie nicht los, bis sie sich beruhigt hatte. Als Freyas Tränen dann versiegt waren löste sie sich sanft von ihm und hatte ein kleines Lächeln auf den Lippen: "Du erinnerst dich." Der Dunkelhaarige nickte leicht und sie spürte wie seine Finger ihre Lippen nachfuhren. Doch seine Augen waren unruhig, sie konnte die Verwirrung darin erkennen. "Finn", flüsterte er dann leise und Freya sah zu dem kleinen Jungen, der inzwischen mit seiner Oma an einem Tisch sass und seine heisse Schokolade trank. Vorsichtig legte sie eine Hand an seine Brust und meinte dann: "Er ist dein Sohn." Sie wusste nicht, wie er reagieren würde, aber sie hoffte, dass er sich freuen würde. Ein Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen und Freya war sehr erleichtert, bis sich seine Augen plötzlich verhärteten. Er sah zu Steve hinüber und fragte: "Hast du das gewusst?"

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Bucky konnte das alles einen Moment lang gar nicht begreifen. Er hatte sich gerade daran erinnert, dass es eine Frau gab, die er liebte. Die ihn liebte. Die ihn glücklich gemacht hatte. Und er hatte einen Sohn. Einen Sohn, von dem er sechs Jahre lang nichts gewusst hatte. Er liess die Rothaarige los und sah nun zu seinem langjährigen Freund hinüber: "Hast du das gewusst?" Steve antwortete nicht sofort, doch das musste er auch nicht. Bucky erkannte in seinem Blick, dass es so war. "Ja", sagte er dann schliesslich und das war der Punkt, an dem bei ihm die Sicherung durchbrannte. Seine Hand schlang sich um Steves Hals und er schleppte ihn aus der Unterkunft und auf die Strasse. Dort warf er den Blonden gegen die erstbeste Strassenlampe und schrie gegen den Wind an: "Du verdammter Dreckskerl! Du hast die Nerven mich an deine Hochzeit einzuladen und auf heile Welt zu machen, während du mir sechs Jahre lang verheimlichst, dass ich einen Sohn habe!"

Der Captain war schnell wieder auf den Beinen und sagte etwas, doch Bucky hörte nicht hin. Stattdessen holte er zum nächsten Schlag aus, den Steve aber mit seinem Schield parierte. "Du, S.H.I.E.L.D., ihr habt mir das Einzige genommen, was mir im Leben wichtig war. Das werde ich dir nie vergeben", schrie er nochmal, bevor er Steve zu fassen bekam und ihn dieses Mal gegen ein Auto schleuderte. Natürlich liess der Blonde das nicht einfach so über sich ergehen und wehrte sich. Er erwischte den Dunkelhaarigen am Kinn, doch er spürte keinen Schmerz. Da war nur diese unbändige Wut. Als nächstes riss er Steve das Schild aus der Hand und warf es zur Seite. Er fühlte sich verraten, hintergangen und so unglaublich wütend. Oft hatte er sich in den letzten paar Jahren eine Familie gewünscht. Und die ganze Zeit über hatte er eine gehabt ohne davon zu wissen. All diese Wut, diese Enttäuschung steckte er in die nächsten Schläge und er hatte nicht vor aufzuhören. Doch dann hörte er plötzlich Tonys Stimme: "Barnes, hör auf. Oder ich blas dir den Kopf weg." Aus dem Augenwinkel sah er Iron Mans Hand mit diesem leuchtenden Ding auf ihn zeigen, dass ihm schon einmal den Arm weggeschmort hatte.

Ich wohne neben an - eine Bucky Barnes FF [Originalfassung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt