Kapitel 11

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Shawn hatte mir heute morgen geschrieben, dass er vorbeikommen würde, um sich zu verabschieden. Wir hatten seit dem Konzert nicht mehr miteinander gesprochen. Ich hatte noch nicht wirklich Erfahrung mit Jungs und hatte keine Ahnung, ob ich mich richtig verhalten hatte, oder ob ich mich hätte melden sollen.
Ich hatte es aus meinem Jogginganzug geschafft und mich etwas frisch gemacht, als es an der Türe klingelte. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch bewegte ich mich zur Türe. Mit zittrigen Händen betätigte ich die Türklinke und blickte in Shawns bezaubernde braune Augen.
"Hey", begrüßte ich ihn zurückhaltend.
"Hey, darf ich reinkommen?", fragte er und lächelte. Sein Lächeln gab mir wieder etwas mehr Sicherheit.
"Klar", sagte ich und machte ihm den Weg frei.
Wir gingen hoch in mein Zimmer und ich nahm auf meinem Bett platz. Ich hatte das Gefühl, meine Beine würden mich vor Nervosität nicht mehr lange tragen.
Shawn stand vor mir und sah ebenfalls etwas unbeholfen aus.
"Liara?", fing Shawn das Gespräch an.
"Hm?", gab ich leise von mir.
"Komm schon, behandle mich jetzt nicht wie einen Fremden. Ich werde dich doch nicht umbringen, wenn du etwas zu mir sagst." Ohne zu antworten, stand ich vom Bett auf und legte meine Arme um seinen Körper. Meinen Kopf drückte ich gegen seine Brust und ich konnte sofort seinen vertrauten Geruch wahrnehmen. Shawn legte sein Kinn sanft auf meinem Kopf ab und legte seine eine Hand auf schützend auf meinen Hinterkopf.
"Na also, geht doch", flüsterte er mir zu und streichelte mit seiner anderen Hand meinen Rücken entlang. Warum musste alles so kompliziert sein? Seine Umarmung fühlte sich so gut an und gab mir Sicherheit und Geborgenheit. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es sein würde, wenn er nicht mehr hier bei mir in Australien war. Hätte ich Shawn die letzten Tage angerufen, wäre er sofort vorbeigekommen, um nach mir zu sehen, wenn ich darum gebeten hätte. Das war ein ganz neues Gefühl für mich und ich wusste, dass ich dieses nun wieder verlieren würde.
"Es tut mir leid, dass ich dich beim Konzert so abgewiesen habe", sagte er und ich löste mich langsam aus seiner Umarmung.
"Schon okay", murmelte ich und taumelte zurück auf mein Bett.
Shawn setzte sich neben mich und wir starrten beide auf den Boden.
"Ich hätte dich nicht so überrumpeln sollen, immerhin kennen wir uns eigentlich noch gar nicht lange. Dass du keine Fernbeziehung willst, kann ich schon verstehen. Als ich länger darüber nachgedacht habe, wurde mir klar, dass du ein ganz normales Leben hast, was auch gut so ist. Ich bin auf Tour eben immer abgelenkt und die Zeit vergeht rasend schnell, aber für denjenigen der zu Hause sitzt, also dich, ist es immer härter." Wow, sollte das jetzt heißen, er würde mich gar kein bisschen vermissen?
"Ja, wahrscheinlich ist das so", sagte ich niedergeschlagen.
"Ich denke, es ist wahrscheinlich wirklich besser, wenn wir einfach nur Freunde bleiben." Ich sah zu ihm auf und er lächelte. Die Entscheidung schien für ihn also wirklich in Ordnung zu sein.
"Ja, nur Freunde. Einverstanden", sagte ich und erwiderte sein Lächeln.
"Wo geht es denn als nächstes hin?", fragte ich, um das Thema zu wechseln. Ich wollte ja nur Freundschaft, aber mein Herzschlag und das starke Bedürfnis einfach in seinen Armen zu liegen und seine Lippen wieder auf meinen zu spüren, verrieten etwas anderes.
"Als nächstes geht es noch nach Neuseeland", sagte er und spielte an seinem Ring.
"Neuseeland ist wirklich sehr schön, ich bin sicher, es wird dir dort gefallen."
"Ich will es hoffen. Dieses mal halte ich mich aber besser vom Wasser fern", sagte er und wir fingen beide an zu lachen.
"Wie geht es denn eigentlich deinem Bauch? Hast du noch Schmerzen?"
Ohne zu zögern zog Shawn seinen eng anliegenden grauen Pullover hoch und entblößte den roten Streifen auf seinem Bauch.
"Es tut schon noch weh. Manchmal vergesse ich auch, dass es da ist und fasse ausversehen hin, das sind vielleicht Schmerzen, Liara. Ist das normal?"
"Ja, ich denke das wird noch ein Weilchen dauernd, bis es nicht mehr wehtut", beruhigte ich ihn und versuchte nicht zu auffällig auf seinen trainierten Bauch zu starren.
Shawn zog sein Oberteil wieder runter und schaute auf seinem Handy nach der Uhrzeit.
"Ich denke, ich sollte dann auch langsam mal los." Ich war noch nicht bereit, ihn gehen zu lassen.
"Wirklich?"
"Ja, leider", sagte er und sah mich entschuldigend an.
Nach kurzem Schweigen raffte er sich mit einem Stöhnen vom Bett auf.
Er hielt mir seine Hand entgegen und als ich sie nahm, zog er mich vom Bett hoch direkt in seine Arme.
"Ich werde dich vermissen und bestimmt noch sehr oft an dich denken in nächster Zeit", flüsterte er mir ins Ohr.
"Ich werde dich auch vermissen." Ich würde wahrscheinlich jede Sekunde meines Lebens an ihn denken, weil er mein Leben innerhalb ein paar Tage auf den Kopf gestellt hatte. Die Vorstellung, dass er auf der ganzen Welt unterwegs sein wird, aber nicht mehr hier bei mir, machte mich schon sehr traurig. Da wir nicht zusammen waren, konnte ich auch nicht annehmen, dass er mich ständig besuchen würde.
Ich begleitete Shawn noch zur Türe.
"Richte deiner Schwester liebe Grüße von mir aus." Ich nickte nur und versuchte meine Traurigkeit zu überspielen.
Als Shawn die Türe öffnete und gerade gehen wollte, hielt ich ihn schnell an seiner Hand fest.
Überrascht drehte er sich zu mir um.
"Shawn?"
"Ja?", fragte er lächelnd.
"Kann ich dich nochmal umarmen, bevor du gehst?", fragte ich schüchtern und kam mir dabei irgendwie doof vor.
Shawn öffnete sofort seine Arme und kam auf mich zu.
"Da musst du doch nicht fragen", sagte er sanft und drückte mich fest an sich. Mir lag so viel an diesem Jungen und ich wollte ihn einfach nicht gehen lassen, hatte aber keine andere Wahl. Seine Brust war schön warm und er schenkte mir mit einer Umarmung so viel Geborgenheit und Liebe wie ich wahrscheinlich gar nicht verdient hatte.
"Ich muss jetzt wirklich gehen, Liara, ich melde mich wieder", sagte er und verließ unser Grundstück. Der Abschied von Shawn schmerzte stärker als ich erwartet hatte.

Lighthouse  [Shawn Mendes] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt