Kapitel 13

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Heute war es endlich soweit. Der Tag, auf den ich nun wirklich schon eine Ewigkeit hingefiebert hatte. Ich hatte Ferien und das Geld für ein Flugticket und ein billiges Hotel zusammen. Ich hoffte, dass es nicht die totale Katastrophe sein würde, da das Hotel bei diesen Preisen sicher kein Luxuspalast sein würde. Doch meine Eltern und mein Vater erst Recht nicht, würden mir niemals Geld dafür geben. Sie hatten mir auch jetzt ein schlechtes Gewissen eingeredet. Sie sagten ich solle das Geld lieber für etwas sinnvolles ausgeben oder es sparen, um mich in meiner Schwimmerinnenkarriere weiterzubilden. Mein Vater hatte es noch immer nicht eingesehen, dass es sich dabei nur noch um seinen Traum handelte. All das war mir aber egal, da ich jetzt erstmal einige Tage bei Shawn verbringen würde und endlich hier raus war. Ich hatte Shawn nicht erzählt, dass ich zu ihm kommen würde. Ich hatte Recherchen angestellt und demnach würde er die nächsten Tage in Großbritannien sein. Es war nicht gerade die kürzeste Flugstrecke, aber um Shawn zu sehen würde ich das jederzeit auf mich nehmen. Ich wollte ihn nicht nur als einen Freund und das sollte ich ihm sagen, bevor es zu spät war. Die Entfernung könnte ein Problem darstellen, aber ich war doch sowieso bald mit der Schule fertig und während einem Studium wäre ich dann auch flexibler. Ich könnte mich auch erkundigen, ob es die Möglichkeit eines Fernstudiums in Meeresbiologie gäbe. Dann könnte ich ihn auf Tour begleiten und trotzdem meine Träume verwirklichen. All diese Gedanken quälten mich während meines Fluges. Ich wurde von Minute zu Minute ungeduldiger, da ich Shawn einfach nur noch in meine Arme schließen wollte.
Es war schon später Nachmittag, als ich in London landete. Ich hatte mir auch eine Karte für sein Konzert heute Abend gekauft. Einen Sitzplatz, da ich wusste, dass ich nicht pünktlich genug hier sein konnte, um einen Stehplatz in der vorderen Reihen zu bekommen und sonst würde ich ihn ja kaum sehen. Ich wollte ihn einfach Auftreten sehen, ihm dabei zusehen wie er seinen Traum lebte und mit den anderen Fans zwei Stunden lang seine Lieder singen.
Ich war so aufgeregt und nervös wie er reagieren würde. Ich konnte nicht mehr aufhören an ihn zu denken, mir Bilder von ihm anzusehen und unsere Chatverläufe immer wieder durchzulesen. Wir waren zwar als Freunde auseinander gegangen, aber ich war mir sicher, dass Shawn dasselbe fühlte wie ich. Wir konnten nicht dazu bestimmt sein nur Freunde zu sein, denn ich konnte die Schmetterlinge in meinem Bauch nicht länger ignorieren jedes Mal wenn er anrief.
Nachdem ich es mit der U-Bahn endlich zu dem Viertel Londons geschafft hatte, in dem sich mein Hotel befand, war ich wahnsinnig erleichtert. Die Gegend war nicht gerade die schönste und auch etwas unheimlich. Die Straßen waren wie leergefegt und ich bemühte mich mit schnellen Schritten voranzukommen. Als ich mein Hotel erreichte, musste ich erstmal schlucken. Die Fassade war total heruntergekommen und war kein Vergleich zu den Bildern im Internet. Dieses Hotel hatte vielleicht vor 60 Jahren mal so ausgesehen. Was tat man nicht alles für die Liebe? Als ich die kleine düstere Eingangshalle betrat, saß ein ebenso düster dreinschauender Mann am Empfangstresen.
Als ich ihn freundlich begrüßte, reichte er mir schlecht gelaunt den Schlüssel zu meinem Zimmer. Das Hotel war nicht besonders groß, weshalb ich realtiv schnell fündig wurde. Die Türe ließ sich schwer aufschließen, da das Schloss sehr veraltet zu sein schien. Das Zimmer gleichte mehr einem Gruselkabinett, als einem Ort zum Schlafen. Der Boden war mit einem hässlichen Teppichboden ausgelegt, wie in den Gängen auch. Durch das Fenster kam kaum Licht, da direkt nebenan mit sehr wenig Abstand ein riesiger Bau stand. Die Vorhänge waren von Staub besetzt und das Bett lud auch nicht gerade zum Schlafen ein. Wo war ich hier nur gelandet? Wenigstens hatte ich ein eigenes kleines Badezimmer. Nachdem ich mich fertig gemacht hatte, packte ich all meine Wertsachen in meine Handtasche und verschwand. Draußen wurde es langsam dunkel und ich hatte es in nur kurzer Zeit zur Konzerthalle geschafft. Endlich war ich nicht mehr alleine, denn mit mir gingen noch weitere Grüppchen aus Mädchen zum Konzert. Ich war so aufgeregt und konnte mir mein Lächeln nicht verkneifen. Zu wissen, dass ich Shawn nach so langer Zeit wiedersehen würde und endlich wusste was ich wollte, machte mich so glücklich. Ich war so lange ohne ihn, aber nur mit ihm befreundet zu sein, war nicht das, was mich glücklich machte. Ich wusste endlich wie es sich anfühlte total verliebt zu sein. Von ihm getrennt zu sein, hatte mir meine Gefühle nur noch stärker ins Bewusstsein gerufen. Ich wollte weder am Telefon, noch über das Handy mit ihm darüber sprechen. Ich wollte ihm von Angesicht zu Angesicht meine Gefühle gestehen. Das Leben ist so kurz und ich wollte mir diese Chance auf eine wunderschöne Beziehung mit Shawn nicht entgehen lassen. Unberechenbare Dinge machen einem das Leben schon schwer genug, also sollte man sich selbst nicht auch noch Hürden in den Weg stellen, die einen vom Glücklichsein abhalten. Manchmal braucht man etwas Zeit um zu verstehen, was oder wen man will.
Als ich meinen Sitzplatz eingenommen hatte, wurde mein Puls langsam wieder etwas ruhiger. Ich hatte es geschafft pünktlich hier zu sein, jetzt musste ich nur noch Shawn erfolgreich überraschen.
Als die Lichter in der Halle ausgingen und Shawn die Bühne betrat, standen alle kreischend von ihren Sitzen auf, ich mit inbegriffen.
Er sah so gut aus und schien sehr glücklich zu sein. Was für ein tolles Gefühl das sein musste, dass all diese Menschen nur für ihn hergekommen sind. Jeder einzelne in dieser Halle kannte die Worte zu seinen Liedern und wahrscheinlich wusste die meisten Mädchen hier noch viel mehr über Shawn als ich es tat. Seine Fans liebten ihn für das, was er tat und das würden sie wahrscheinlich auch immer tun. Shawn war niemals alleine, denn er hatte all diese Menschen, die rund um die Uhr für ihn da waren und ihn unterstützten.
Nachdem das Konzert zu Ende war, verließen viele Mädchen die Halle mit Tränen in den Augen und einem Lächeln im Gesicht. Ich musste auch einige Freudentränen während des Konzerts unterdrücken. Ich blieb auf meinem Platz sitzen und schickte Shawn einfach nur die Nummer meines Blocks, die Reihe in der ich saß und die Nummer meines Sitzes. Ich hoffte es würde alles gut gehen und er würde die Nachricht lesen, bevor er zu seinem Hotel fuhr. Ich blickte ununterbrochen auf mein Handy, doch hatte bisher keine Antwort von Shawn. Nach einer halben Stunde war ich fast die einzige, die sich mit dem Abbauteam für die Bühne noch in der Halle befand. Ich fing an daran zu zweifeln, dass Shawn noch kommen würde. Na die Überraschung war mir ja super gelungen. Toll gemacht, Liara. Ich blieb trotzdem noch in der Halle sitzen, da ich eigentlich auch nicht in dieses schäbige Hotelzimmer zurück wollte. Als ich erneut auf mein Handy sah, rollten mir ein paar Tränen über die Wange, die ich mir jedoch schnell wieder wegwischte. Shawn hatte die Nachricht gelesen und nicht geantwortet. Aufgetaucht war er auch nicht. Ich war fassungslos.
"Entschuldigung?" Ich schreckte zusammen, als hinter mir eine dunkle Männerstimme anfing zu reden. Als ich mich umdrehte stand ein Mitarbeiter des Security-Teams hinter mir.
"Wir müssen Sie jetzt bitten auch langsam die Halle zu verlassen."
"Ja, natürlich, ich bin schon weg", sagte ich mit zitternder Stimme. Ich war traurig, enttäuscht und am Boden zerstört, dass Shawn nicht gekommen war. Ich zog mir die Kaputze meiner Jacke über den Kopf, als ich die kalte Nachtluft betrat. Ich hatte das Gefühl, die Tränen auf meiner Wange trockneten durch die kalte Luft sofort fest. Ich hatte keinen Plan wie es jetzt weitergehen sollte, alleine, mitten in der Nacht, in einer fremden Stadt.

Lighthouse  [Shawn Mendes] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt